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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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Menge Geld gewonnen.
    Aber diesmal verließ er den Schalter schnell wieder, ohne irgend
    jemandem seinen Gewinn zu zeigen. Er stopfte die Geldscheine in
    die Innentasche seiner Jacke, versuchte, ein möglichst gleichgültiges Gesicht zu machen, und verließ die Rennbahn durch ein Loch im
    Zaun. Mit dem karierten Herrn wollte er nicht wieder
    zusammentreffen. Der Mensch war ihm ein bißchen unheimlich
    geworden. Überdies hatte der Fremde ihm das Geld und den
    Wettschein ja geschenkt. Er war ihm also nichts schuldig.
    Hinter der Rennbahn lag eine Wiese, auf der verstreut einige
    Eichen standen. Timm legte sich hinter dem Stamm der dicksten
    Eiche ins Gras und dachte darüber nach, was er mit seinem Reichtum beginnen könnte. Er wollte sich damit alle Leute zu Freunden
    machen, die Stiefmutter, den Stiefbruder, den Lehrer und die
    Schulfreunde. Und dem Vater wollte er einen Stein aus Marmor auf
    das Grab setzen lassen. Darauf sollte in Goldbuchstaben geschrieben stehen: „Von deinem Sohn Timm, der dich nie vergißt“.
    Sollte dann immer noch Geld übrig sein, wollte Timm sich einen
    Tretroller kaufen, wie ihn der Sohn vom Bäcker hatte, mit einer
    Hupe und Luftreifen.
    Der Junge fing mit offenen Augen zu träumen an, bis er darüber
    müde wurde und einschlief.
    An den karierten Herrn hatte er nicht mehr gedacht. Wenn er ihn
    jetzt gesehen hätte, wäre er sicher verwundert gewesen; denn der
    merkwürdige Fremde unterhielt sich gerade mit den drei Männern,
    die den Jungen am Sonntag zuvor eingeladen und beschwindelt
    hatten.
    Zu seinem Glück – oder besser: zu seinem Unglück – sah Timm
    ihn nicht. Er schlief.
    Eine scharfe Stimme weckte ihn wieder auf. Es war die Stimme
    eben jenes karierten Herrn. Er stand zu Timms Füßen auf der Wiese, sah den Jungen an und fragte nicht gerade freundlich:
    „Ausgeschlafen?“
    Timm nickte, noch benommen von Schlaf, richtete sich auf und
    tastete vorsichtshalber die Tasche seines Jacketts von außen ab. Sie fühlte sich merkwürdig leer an. Schnell fuhr der Junge mit der Hand in die Tasche hinein und war plötzlich hellwach: Die Jackentasche war wirklich leer. Das Geld war verschwunden.
    Der karierte Herr grinste.
    „Ha – ha – haben Sie das Geld?“ stotterte Timm.
    „Nein, du Schlafmütze! Das Geld hat einer der drei Gauner, mit
    denen du vorigen Sonntag gezecht hast. Er ist dir nachgeschlichen.
    Es scheint mein Schicksal zu sein, daß ich immer zu spät komme.
    Als er mich kommen sah, rannte er weg. Dadurch habe ich dich
    entdeckt.“
    „Wohin ist er gelaufen? Wir müssen die Polizei holen!“
    „Ich mag keine Blauröcke“, sagte der Fremde. „Sie sind mir nicht
    fein genug. Und der Gauner ist sowieso schon über alle Berge. Aber jetzt steh endlich auf, Junge! Und dann, marsch, nach Haus. Und
    komm nächsten Sonntag wieder!“
    „Ich glaube, ich werde nicht wieder hierherkommen“, meinte
    Timm. „So oft hat man kein Glück. Ich weiß das von meinem
    Vater.“
    „Man sagt, Glück und Pech kommen immer dreimal
    hintereinander, Timm! Und du wolltest dir doch sicherlich einige
    Sachen kaufen, stimmt’s?“
    Timm nickte.
    „Nun, das alles kannst du haben, wenn du nächste Woche
    wiederkommst und ein Geschäft mit mir machst!“
    Der Unbekannte sah auf seine Uhr und schien es plötzlich sehr
    eilig zu haben. „Auf Wiedersehen am nächsten Sonntag“, sagte er.
    Dann ging er schnell davon.
    Mit krausen Gedanken im Kopf wanderte Timm nach Haus, wo
    ihn eine Tracht Prügel und die Schadenfreude seines Stiefbruders
    erwarteten.
    Und wieder schlich eine lange Woche durch die Gasse.
    Aber in dieser Woche war Timm erstaunlich munter. Obwohl der
    karierte Herr ihm nicht geheuer schien, war er fest entschlossen, ein Geschäft mit ihm zu machen. Denn ein Geschäft, dachte der Junge,
    ist etwas Ordentliches und Gesetzliches. Da bekommt man keine
    Reichtümer für ein gefundenes Fünfmarkstück, sondern jeder gibt
    und nimmt etwas, und jedem steht sein Teil zu. Es ist vielleicht
    merkwürdig, daß ein junge im fünften Schuljahr so etwas denkt; aber in den engen armen Gassen, wo man sparen muß, um leben zu
    können, lernen schon die Kinder, Geld und Geschäfte wichtig zu
    nehmen.
    Der Gedanke an den folgenden Sonntag half Timm über alle
    Verdrießlichkeiten der Woche hinweg. Manchmal überlegte er sich,
    ob der Vater den karierten Herrn vielleicht gebeten habe, auf Timm achtzugeben, falls ihm etwas zustoßen sollte. Aber dann schien ihm, daß der Vater sich dafür wohl

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