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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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Hotels. Dort
    also würde Jonny in einem Auto auf ihn warten und ihn dann nach
    Ovelgönne fahren.
    Aber der Zeitpunkt war ihm noch unklar.
    Wähle die (schwarze!) Stunde der Straßenbahnen.
    Zweierlei Straßenbahnerlebnisse standen mit seinen Freunden in
    Verbindung: die umgeleitete Straßenbahn, in der er mit Herrn
    Rickert gesessen hatte, und die fliegenden Straßenbahnen in Genua, die er mit Jonny gesehen hatte. Beide Erlebnisse mußten gemeint
    sein; denn das Wort „Straßenbahn“ stand in der Mehrzahl.
    Die Stunde der Straßenbahnen? Um welche Zeit hatte er denn die
    Erlebnisse gehabt? Die fliegenden Straßenbahnen hatte er um die
    Mittagszeit gesehen, gegen zwölf Uhr also. Und als er Herrn Rickert in der Straßenbahn zum erstenmal gesehen hatte, war es auch Mittag gewesen.
    Also zwölf Uhr mittags! Und jetzt war es… (Timm blickte auf
    seine Armbanduhr)… fünf Uhr nachmittags. Sollte er also erst
    morgen kommen? Oder hätte er schon heute mittag kommen sollen?
    Aber da war noch das Wort „schwarze“, das vor „Stunde“ stand.
    In Klammern und mit einem Ausrufezeichen. Was aber ist eine
    schwarze Mittagsstunde?
    Wieder ging ihm der Sinn einer ziemlich einfachen
    Verschlüsselung nicht sogleich auf.
    Aber dann war auch dieses Rätsel gelöst: Gemeint war die
    schwarze Zeit um zwölf Uhr. Also Mitternacht! (Und bis dahin
    waren es noch sieben lange Stunden.)
    Der Rest der Nachricht war wieder einfach zu begreifen: Fürchte die Ratte und täusche sie. Der Weg ist einfach. Aber wähle
    Hintertreppen, um zu ihm zu gelangen. Vertrau uns und kommt
    Timm sollte sich also vor Lefuet in acht nehmen und heimlich das
    Hotel verlassen, vielleicht sogar in einer Verkleidung; denn in dem Wort „Hintertreppen“ steckte (wie in Hintertreppenromanen) die
    Romantik der Schurken und verkleideten Helden: Hintertreppen-
    Romantik.
    Der Junge fühlte sich, als er den geheimnisvollen Zettel
    entschlüsselt hatte, leicht wie ein Vogel. Ein Drang zu lachen stieg in ihm auf. Und das Seltsame war, daß seine Lippen sich dabei nicht
    wie sonst hart aufeinanderpreßten. Im Gegenteil: Ihm war, als
    lächele sein Mund.
    In freudigem Erschrecken sprang Timm auf und betrachtete sein
    Gesicht im Spiegel: Es hatte Kringel in den Mundwinkeln wie die
    italienischen Porträts des Palazzo Candido in Genua. Es war kein
    Lachen, nicht einmal ein Lächeln, wenn man es genau nahm; aber
    die Kringel in den Mundwinkeln waren eindeutig da. Und seit dem
    Vertragsabschluß unter dem Kastanienbaum waren sie nie mehr
    dagewesen.
    Es hatte sich also schon etwas geändert an diesem Tage. Die
    Hoffnung hatte wie der Pinsel eines Malers etwas auf sein Gesicht gezaubert: den Anflug eines Lächelns.
    Timm steckte das Zettelchen wieder in eine Tasche seiner
    Anzugjacke, löschte das Licht, verließ das Bad und setzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen in einen Sessel des Salons, um
    nachzudenken.
    Der Baron saß während dieser Zeit – nicht weit von Timm
    entfernt – im Alsterpavillon. Er hatte eine Besprechung mit einem Vertreter jener ägyptischen Firma, die auf den Markennamen
    „Palmaro“ Anspruch erhob. Die Firma verlangte, daß Lefuets
    Margarine einen anderen Namen bekäme.
    Der Baron zeigte bei diesem Gespräch nicht die Gelassenheit und
    Überlegenheit, die ihm zur zweiten Natur geworden war, seit er das Lachen besaß. Gewiß, es hing sehr viel davon ab, daß die
    Markenmargarine sich jetzt unter dem vorbereiteten Namen
    möglichst schnell Legionen von Käufern eroberte. Aber der Baron
    durfte keinesfalls merken lassen, wie wichtig ihm die Sache war. Er mußte lächelnde Gelassenheit zeigen. Eben deshalb und für solche
    Zwecke hatte er ja das Lachen gekauft.
    Als Lefuet an einer passenden Stelle das Lachen ertönen ließ,
    samt dem Kullern und dem Schlucker, wie es sich gehörte, kam es
    ihm so vor, als fehle etwas daran. Auf seinen Gesprächspartner
    schien es eher peinlich zu wirken.
    Der Baron entschuldigte sich für einen Moment und begab sich in
    den Waschraum des Alsterpavillons. Hier stellte er sich vor den
    Spiegel, produzierte das Lachen Timms und beobachtete dabei sein
    Gesicht genau.
    Auf den ersten Blick schien alles unverändert. Aber bei
    genauerem Hinsehen – der Baron lachte zum zweitenmal für den
    Spiegel – bei genauerem Hinsehen fehlten die hübschen Kringel in
    den Mundwinkeln. Das Lachen wirkte daher gezwungen, künstlich:
    ein Lachen aus zweiter Hand.
    In Lefuet stieg ein Gefühl auf, das ihm in den letzten

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