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Timm Thalers Puppen

Timm Thalers Puppen

Titel: Timm Thalers Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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Ich finde das großartig!«
    »Aber schmecken«, sagte Conny maulend, »tut das
    Picknick nicht. Was habt ihr denn früher in der Blockhütte gegessen?«
    »Gegessen? Damals?« Der Vater überlegte. Dann sagte er:
    »Hauptsächlich hatten wir damals selbstgeräucherten
    Schinken im Haus, Elchschinken oder Rentierschinken.«
    »Elch- und Rentierschinken?« schrie Ronny. »Mein Gott, wie gut habt ihr gelebt!«
    »Und jetzt«, sagte mit spitzem Munde seine Schwester Conny, »ißt man hier Tapezierleim in brennbaren Dosen. Das ist der Fortschritt!«
    »Bitte, laß die Ironie, Conny«, sagte Mutter Brownsmith, und Vater Brownsmith zog die Brauen zusammen. Er wollte offensichtlich etwas sagen.
    Aber Sohn Ronny kam ihm zuvor. Er fragte: »Habt ihr von diesem Wald hier damals auch ein Stück besessen, Daddy?«
    »Die Lichtung hier, an deren Rand wir sitzen«, sagte der Vater. »Das war früher unser Waldstück. Als wir weggezogen sind in die Stadt, haben wir die Bäume gefällt und verkauft.
    Deshalb geht es uns ja so gut. Gewinn schafft Fortschritt.«
    »Und wem gehört die Lichtung jetzt?« fragte Conny.
    »Immer noch uns. Lichtungen kann man ja schlecht
    verkaufen.«
    »Aber aufforsten kann man sie!« rief Ronny und sprang auf.
    »Laßt uns hier Bäume pflanzen und ein Blockhaus bauen. Laßt uns…«
    Ein Donnerschlag ließ ihn und auch die anderen
    zusammenfahren. Er kam von oben überm Walde her.
    Und überm Wald – die Brownsmiths sahen es mit
    Schrecken –, über dem Wald stand eine schwarze
    Wolkenwand. Nun fegte auch ein erster Windstoß die
    Lichtung hinunter, und erste Tropfen kündigten ein Gewitter an, ein Sommergewitter.
    »Jetzt nichts wie rauf und in die Höhle«, rief Vater Brownsmith und rannte die Lichtung hinauf. »Gleich über diesem Felsen gibt es eine Höhle.«
    Bevor der Regen einsetzte, hockte die Familie in der Höhle, die nicht sehr geräumig war, aber vor Wind und Regen schützte.
    Dann rauschte das Gewitter nieder, mit Sturm und Regen, Blitz und Hagelschlag. Die schräge Lichtung, auf der keine Baumstämme das Wasser hemmten, wurde zu einer Art von Wasserfall; und in der Mitte, wo die Wasser von zwei Seiten wild zusammenschäumten, wurde eine tiefe Schrunde
    aufgerissen, ein Bachbett für zukünftige Regen.
    Das Wegwerfzelt aber – Familie Brownsmith sah’s mit
    aufgerissenen Augen –, das Wegwerfzelt, vom Sturme
    eingefaltet, drehte sich erst ein wenig auf dem Wasser und schoß dann, als wär’s ein Boot, mit der Spitze des Mastes voran zur Straße hinunter. Hier schoß es auf das Auto zu, und seine Spitze bohrte sich – die Familie schrie auf – ins schönlackierte Blech. Dann warfen die nachfolgenden
    Wasserschwälle das Auto um und schleiften es mit sich fort, bis es an einem Baume hängenblieb.
    Als die Familie Brownsmith einige Stunden später durch tiefen Matsch zur Autostraße stapfte, um irgendwie von dort nach Haus zu kommen, sagte Ronny: »Auf dieser Lichtung wächst kein Baum mehr, Daddy. Das habt ihr wirklich fein gemacht.«
    »Aber die Lichtung hat einmal Gewinn gebracht«, sagte, mit ihrem linken Fuß in einer Matschpfütze versinkend, seine Schwester Conny. »Und Gewinn schafft Fortschritt. Stimmt’s, Daddy?«
    Während Timm erzählt hatte, war im Halbdunkel ein Mann erschienen, der sich an eine Wand des Restaurants gelehnt und ihm zugehört hatte. Da das Weiße seiner Augen nicht zu erkennen gewesen war, hatte ich angenommen, daß es sich um den Baron mit Sonnenbrille handle, und ich hatte recht: Als die Geschichte nun zu Ende war, war’s der Baron, der in das Licht kam und sich zu uns setzte.
    Gerade trieb ein Pulk beleuchteter Gondeln vor uns den Canal Grande hinab, als der Baron sagte: »Was ist Gewinn, Herr Thaler? Was ist Fortschritt?«
    Egon Siebert von der Dortmunder Bank, der gegen Ende der Geschichte immer unruhiger geworden war, den das Erscheinen des Barons jedoch noch viel unruhiger machte, Egon Siebert mit dem großen Adamsapfel kam Timm Thalers Antwort zuvor, indem er sagte: »Diese Geschichte war sicher nicht im Sinne von Herrn Baron, nicht wahr, Herr Baron?
    Gestatten, Egon Siebert, Dortmunder Bank.«
    »Das müßte mit dem Teufel zugehen, Herr Siebert, wenn diese Geschichte nach meinem Sinne wäre«, sagte der Baron.
    »Aber auf umwegige Weise…«, der Baron kicherte plötzlich merkwürdig, »… auf umwegige Weise dient die Geschichte mir natürlich doch dazu, über Gewinn und Fortschritt nachzudenken.«
    »Und wie denken Herr Baron darüber?« fragte

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