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Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Titel: Timoken und der Trank der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nimmo
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Finsternis umgeben. Es gab nicht den kleinsten Lichtschimmer, obwohl Sonnenstrahlen durch die offene Tür gefallen waren. Timoken drehte sich um. Er sah überhaupt nichts. Die Eingangstür war verschwunden. Er ging ein paar Schritte bis zu einer kalten Steinwand, tastete sich daran entlang und war sich sicher, dass er früher oder später auf einen Türrahmen, einen Spalt, auf etwas anderes stoßen musste, das auf eine Öffnung hindeutete.
    Plötzlich stolperte er über irgendetwas und bückte sich, um festzustellen, was dort auf dem Boden lag. Seine Hand stieß auf einen langen, glatten Gegenstand mit einem dickeren, abgerundeten Ende. Timoken ließ ihn fallen und tastete weiter. Hier lagen viele dieser Gegenstände herum, die sich wie knochige Äste anfühlten.
    In dem Moment, als er den Schädel berührte, wusste Timoken, dass die knackenden und knirschenden Dinger unter seinen Füßen menschliche Knochen waren. Und sie gehörten bestimmt nicht nur einem Toten. Der Boden war mit Knochen geradezu übersät.
    Timoken riss den Mund auf und schrie. Doch draußen war nur Gabar, der ihn hören konnte. Und was würde ein Kamel schon ausrichten können? Timoken überlegte fieberhaft, welche seiner wundersamen Kräfte ihm helfen könnte. Er konnte fliegen, ein Gewitter heraufbeschwören und mit Tieren sprechen, aber wie sollte er damit aus diesem schrecklichen Knochenhaus entkommen? Er hatte nicht einmal den Mondumhang bei sich.
    Aber er hatte den Ring. Er ließ seine Finger darüberwandern. Ein schwaches Licht flackerte auf und das winzige Gesicht des Wald-Dschinns blickte ihn an.
    „Was soll ich tun?“, fragte Timoken flehend. „Kannst du mir helfen?“
    „Ihre Kraft ist hier besonders stark“, entgegnete der Wald-Dschinn betrübt.
    „Sprichst du von den Viridees?“
    „Allerdings.“
    „Du hast gesagt, du würdest mir helfen!“, rief Timoken. „Aber das kannst du gar nicht.“
    „Sie schwächen mich.“ Die leise Stimme war nun kaum mehr als ein Lufthauch. „Sie sind zu stark.“
    Das Licht des Rings begann zu verblassen.
    „Bekämpfe sie, Wald-Dschinn. Ich flehe dich an. Gib nicht auf!“
    Die Augen des Dschinns schlossen sich, doch plötzlich blinzelte er noch einmal kurz. „Ruf die Leoparden!“, wisperte er.
    „Das kann ich nicht“, jammerte Timoken. „Sie werden mich nicht hören. Und wie sollen sie überhaupt zu mir gelangen?“
    „Das Netz hat sie verzaubert, sie zu außergewöhnlichen, unsterblichen Geschöpfen gemach t …“ Die schwache Stimme des Wald-Dschinns verebbte. Das Licht verschwand und die Stille, die folgte, war so erdrückend und unausweichlich, dass Timoken auf die Knie sank. Verzweifelt fegte er mit den Händen durch die Knochenhaufen und in seinem Inneren entbrannte ein fürchterlicher Zorn. Wie viele Menschen waren wie er von den Viridees getäuscht worden und hatten an diesem entsetzlichen Ort sterben müssen? Er weigerte sich einfach, der Nächste zu sein.
    Schlagartig erinnerte er sich wieder an die Sprache der Leoparden und stieß ein gewaltiges Brüllen aus, das die Finsternis erfüllte.
    Immer wieder hallte das Gebrüll des wütenden Leoparden zum Dach hinauf und von den Wänden wider. Als Gabar es hörte, erhob er sich wankend. Er war sehr besorgt. Timoken war schon zu lange fort und dieses Geräusch war unverwechselbar. Es klang zwar wie das Brüllen eines Leoparden, doch Gabar kannte Timokens Stimme inzwischen recht gut.
    Behände trabte das Kamel zwischen den Bäumen hindurch, immer dem Brüllen des Leoparden entgegen. Eine schwarze Wolke zog jetzt am Himmel auf, die Sonne verschwand dahinter und ließ die Insel in einem düsteren Licht zurück.
    Als Gabar kurz darauf das Gebäude erreichte, war von dessen einstiger Schönheit nichts mehr zu sehen. Es war nur noch ein graues, wenig einladendes Bauwerk. Gabar sah, dass die Eingangstür offen stand, doch die Laute, die Timoken nachahmte, waren die eines gefangenen Tieres. Warum kam er nicht einfach heraus?
    Ein Zauberbann!, schloss Gabar. Im selben Moment begannen die Palmenblätter über ihm und alle Pflanzen um ihn herum zu wispern und zu murmeln, zu kichern und zu fauchen.
    „Meine Familie!“, blökte das Kamel entsetzt. „Viridees!“
    Timoken hörte Gabars verzweifelten Ruf, doch er konnte ihm nicht helfen. Also stieß er ein weiteres Brüllen au s – so tief und gefährlich, dass die boshaften Kreaturen, die sich gerade an das Kamel anschlichen, einen Moment lang zögerten, bevor sie gierig ihren Weg

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