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Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Titel: Timoken und der Trank der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nimmo
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hast etwas vergessen.“
    „Was denn?“, fragte Timoken noch müde.
    „Du schläfst nie ohne den Schutz des Mondumhangs. Die Viridees werden zurückkommen. Im Wald ist es nicht sicher.“
    Timoken lächelte. „Du hast Recht, Gabar. Aber die Leopardenjungen gehen vor.“ Er hob das Geflecht aus Schlingpflanzen und spähte in die Mulde, in der die drei friedlich schliefen.
    Der Mondumhang bedeckte die Kleinen vollständig und bewegte sich leicht im Rhythmus ihrer Herzschläge. Die schimmernden Fäden schienen die Leoparden regelrecht zu umarmen, als wollte das Netz Anspruch auf sie erheben. Eins der Jungen lag auf dem Rücken, die beiden anderen hatten sich rechts und links an ihren Bruder geschmiegt. Unter dem Schleier aus Spinnenseide begannen die Flecken auf ihrem Fell plötzlich wie am Himmel verstreute Sterne zu funkeln. Timoken schnappte unwillkürlich nach Luft und lehnte sich zurück.
    „Was ist?“, fragte Gabar.
    „Sie wurde n …“ Timoken wusste nicht, wie er dem Kamel beschreiben sollte, was er gesehen hatte.
    Gabar wartete geduldig auf den Rest der Antwort.
    „ … verzaubert“, sagte Timoken schließlich und hoffte, das Kamel würde verstehen, was er meinte.

Sonnenkater, Flammenkinn und Stern
    Jetzt waren sie zu fünft. Eine fünfköpfige Familie, wie Timoken gern sagte. Doch Gabar sah das anders. Er fühlte sich nicht besonders wohl in der Nähe der Leoparden.
    Sie durchquerten eine Grassavanne und Gabar war froh, wieder über festen Boden traben zu können. Sie kamen an Wasserlöchern und Bächen und ab und zu sogar an einem einzelnen Baum vorbei. Und Gabar wusste, dass Timoken wilde Tiere von ihnen fernhielt, indem er immer wieder gefährliche Laute ausstieß, allerdings in Sprachen, die Gabar nicht verstand.
    Die Leopardenjungen genossen es, in dem großen Ziegenlederbeutel getragen zu werden. Ab und zu spähten sie neugierig über den Rand und betrachteten die vorbeiziehende Landschaft. Doch sobald ihnen der Geruch einer fremden Wildkatze in die Nase stieg, duckten sie sich schnell zurück in den Beutel.
    Jedes Mal wenn sie auf Nomaden trafen, tauschte Timoken eine Handvoll Muscheln gegen einen Beutel Ziegenmilch. Als die Leoparden die Ziegenmilch zum ersten Mal bekamen, fragte er die Kleinen: „Schmeckt sie genauso gut wie die Milch eurer Mutter?“
    „Nein“, antwortete der größte der drei Leoparden. Timoken nannte ihn Sonnenkater. Sein Fell war zwar dunkler als das seiner Brüder, die Flecken aber waren größer, lagen näher beieinander und in einem bestimmten Licht leuchteten sie kupferrot wie ein Sonnenuntergang. Einer seiner Brüder hatte einen orangefarbenen Fleck am Kinn, der aussah wie eine kleine Flamme. Timoken gab ihm deshalb den Namen Flammenkinn. Das Fell des kleinsten der drei Leoparden schimmerte hingegen so hell wie ein Stern. Er war immer der Letzte, der sich Timoken näherte, und dennoch mochte er ihn am liebsten. Er taufte ihn auf den Namen Stern.
    Jede Nacht schlief Timoken mit den schnarchenden Leopardenjungen an seiner Seite unter dem Mondumhang. Und jeden Morgen band er den Ziegenlederbeutel an Gabars Sattel und hob die drei hinein. Doch eines Morgens wehrten sie sich, als Timoken sie hochheben wollte, und baten ihn, sie freizulassen.
    „Wir werden dir folgen“, erklärte Sonnenkater.
    „Und wir werden die Augen offen halten“, sagte Flammenkinn.
    „Und die Ohren“, ergänzte Stern.
    Nur ungern kletterte Timoken auf den Rücken des Kamels und ließ die Leoparden neben ihnen herlaufen. Nach einiger Zeit fielen sie zurück, und als Timoken sich das nächste Mal umschaute, waren sie verschwunden.
    „Halt an, Gabar!“, befahl er und zog an den Zügeln. „Wir haben die Leoparden verloren.“
    „Nein“, knurrte das Kamel. „Du kannst sie nur nicht sehen. Wir haben sie nicht verloren.“
    „Woher weißt du das?“, fragte Timoken. „Kannst du sie riechen oder hören oder spüren?“
    Gabar stieß ein Grummeln aus, das eher wie ein ungeduldiges Seufzen klang. „Leoparden sieht man nicht“, sagte er. „Sie müssen nicht gesehen werden. Du solltest stolz sein, dass sie das so schnell gelernt haben.“
    „Oh!“ Timoken war immer wieder überrascht über das enorme Wissen des Kamels. „Natürlich bin ich stolz“, sagte er. „Sehr stolz sogar.“
    Timoken sah die Leopardenjungen den ganzen Tag nicht wieder. Doch als er in dieser Nacht schlaflos vor Sorge unter dem Mondumhang lag, schlichen drei Schatten durch das hohe Gras und krochen an seine

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