Timoken und der Trank der Unsterblichkeit
in ihrem Gesicht offenbaren?“
„Du wirst es wissen“, kam es von dem Ring.
Das Mädchen im Käfig
In seinem zweihundertfünfundvierzigsten Lebensjahr beschloss Degal, der Gebieter der Viridees, in Richtung Norden zu reisen. Er hatte alle seine Gemahlinnen überlebt. Jetzt wollte er sich eine neue Frau suchen. Doch diesmal sollte sie von menschlicher Art sein. Lord Degal wünschte sich einen Sohn, der den beißenden Frost des Nordwindes überstehen, durch Schnee laufen und auch in Gegenden, in denen Temperaturen unter null Grad herrschten, einigermaßen leben konnte. Eine menschliche Mutter konnte ihrem Sohn diese Stärke verleihen, und mit den Kräften, die er von seinem Vater erben würde, könnte er in Bereiche vordringen, in die sich kein Viridee jemals zuvor gewagt hatte.
Lord Degal hatte von einem gewissen Graf Roken von Pomerishi gehört, der fünfzehn Töchter hatte. Natürlich wollte der Graf für jede von ihnen einen Gemahl finden. Er hatte es geschafft, acht von ihnen zu verheiraten, doch sieben waren noch übrig. Und es war sehr kostspielig, diese sieben Mädchen zu verpflegen und einzukleiden, denn sie waren wählerischer und übellauniger als ihre verheirateten Schwestern. Es wurde gemunkelt, dass der Graf so verzweifelt nach Ehemännern für seine unverheirateten Töchter suchte, dass er bereit war, über jede noch so unangenehme Eigenschaft hinwegzusehen, solange der zukünftige Gemahl ein Pferd besaß.
Graf Roken lebte in den Bergen im hohen Norden Europas. Eine Gegend, in der sogar im Sommer ein Schneesturm heraufziehen konnte. Dessen ungeachtet beschloss Lord Degal, dorthin zu reisen. Seine Späher hatten drei kräftige Pferde aufgetrieben und gemeinsam mit zwei Soldaten machte er sich auf den Weg. In seinen Satteltaschen hatte er genug Gold bei sich, um Pelzmäntel, Hüte und Stiefel zu kaufen, damit sie für das kalte nördliche Klima gerüstet waren.
Als die Viridees nach langer Reise endlich Graf Rokens Burg erreichten, war ihre grüne Haut blau angelaufen und einem der Soldaten war sogar einer der wurzelähnlichen Finger abgefroren.
Nachdem sie die große Halle der Burg betreten hatten, verloren die drei Viridees langsam ihre bläuliche Farbe und erhielten ihr natürliches grünliches Äußeres zurück. Graf Roken beschloss, geflissentlich über diese Eigentümlichkeit hinwegzusehen.
Lord Degal wirkte in seinen grünen Gewändern überaus stattlich. Seine feuchte grünliche Haut hatte keinerlei Falten und war völlig makellos und sein Haar hatte noch immer die Farbe von Wasserpflanzen.
Wie zu erwarten, war der Graf also hocherfreut zu hören, dass sein Gast auf Brautschau war. Er rief auch sogleich nach seinen sieben Töchtern und Lord Degal musterte die Mädchen aufmerksam, als sie eins nach dem anderen die Halle betraten. Gleich als er Adeliza erblickte, wusste er, dass sie die Richtige war.
Adeliza war die hübscheste Tochter des Grafen. Und zugleich die herzloseste. Sie hatte goldbraunes Haar, kalte grüne Augen und einen sinnlichen Mund. Doch bereits zehn infrage kommende Ehe-Kandidaten hatten sie wieder zurückgebracht. Ihre Stimme war so gefühllos, ihr starrer Blick so eiskalt, dass die jungen Männer wie verängstigte Mäuse vor ihr davonrannten. Doch nicht Lord Degal. Er erkannte in ihr eine verwandte Seele.
Adeliza war ihrerseits von Lord Degals langen, biegsamen Armen fasziniert und empfand seine grünliche Haut und die rot funkelnden Augen merkwürdigerweise als attraktiv. Und als sie auch noch von seinem smaragdbesetzten Thron aus schwarzem Marmor hörte, konnte sie es kaum erwarten, diesen Mann zu heiraten.
Die Hochzeit wurde am nächsten Morgen gefeiert und nur einen Tag später machte sich das frisch vermählte Paar auf den Weg nach Afrika.
Der afrikanische Regenwald war heißer, als Adeliza erwartet hatte, doch sie beklagte sich nicht. Sie genoss es, Juwelen von unschätzbarem Wert sowie kostbare Kleider zu tragen, und sie war entzückt, dass tausend Diener auf Abruf für sie bereitstanden.
Lord Degal war mit seiner neuen Frau sehr zufrieden, und als sie einen Sohn zur Welt brachte, wusste er sofort, dass der Junge all das verkörpern würde, was er sich je gewünscht hatte. Sie gaben ihm den Namen Harken, nach Adelizas Großvater.
Das Kind wuchs zu einem stattlichen Jüngling heran: gut aussehend, rücksichtslos und gerissen und mit einer beeindruckenden Hexenkraft versehen. Ein Blick aus seinen olivgrünen Augen konnte jeden in nur einer Sekunde erstarren
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