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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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so: Sie sind nach Kollersheim gefahren oder in den Reckenwald gegangen, und abends kommen sie wieder nach Hause. Sie bilden sich ein, wir werden dann alle auf dem Bauch rutschen und um Verzeihung betteln. Damit wir aber auch mordsmäßige Angst haben, wollen sie uns weismachen, dass sie überhaupt nicht mehr wiederkommen. Deswegen haben sie das Geschreibsel hinterlassen. Aber falsch gedacht! Die Kinder stellen alles auf den Kopf und reden sich nachher mit dem Aufruf heraus. Die Eltern sind mit ihrer Kriegslist tüchtig hereingefallen!«
    »Vielleicht haben sie aber doch nicht geschwindelt?«, meinte Heinz schüchtern.
    Thomas schüttelte heftig den Kopf. »Bist du denn ganz verbohrt? Denk mal nach – sie haben doch ihre ganzen Sachen hier gelassen!«
    »Nicht übel!«, sagte ich gedehnt. »Aber was hältst du davon, wenn ich dir ergebenst mitteile, dass das Wasserwerk abgestellt ist?«
    Thomas sprang auf. »Es gibt kein Wasser?«, rief er überrascht.
    »Keinen Tropfen«, erwiderte ich milde lächelnd.
    Thomas sagte gar nichts. Er schlitterte plötzlich durch die Halle zu einem Lichtschalter. Er knipste, aber es blieb dunkel. Wir starrten uns verblüfft an. »Finster war’s, der Mond schien helle«, bemerkte Thomas schlicht.
    »Kein Strom!«, sagte Heinz voll Erstaunen.
    »Vielleicht ist das Licht nur im Rathaus abgestellt«, meinte ich.
    »Nachsehen, Geheimrat!«, befahl Thomas. »Du bist doch ein berühmter Bastler.«
    Wir stiegen in den Keller hinunter und suchten den Hauptschalter. In dem unterirdischen Gewölbe war es sehr unheimlich. Wir konnten kaum die Hand vor Augen sehen. Gut, dass ich immer eine Taschenlampe bei mir trage. Ich leuchtete die kahlen Mauern ab. Schließlich fanden wir den Verschlag mit den Schaltern und den Sicherungen. Über den Schalthebeln waren kleine Schildchen mit Aufschriften angebracht. Dort wo »Keller« stand, schaltete ich den Kontakt ein. Heinz musste an einem Lichtschalter drehen. Es blieb finster. Um Gewissheit zu haben, schraubte ich noch die Sicherungen heraus und prüfte sie. Jede Sicherung hat ein winziges, bunt gefärbtes Scheibchen unter dem Glasdeckel auf dem Kopf. Wenn das Scheibchen festsitzt, ist die Sicherung heil. Sie waren alle in Ordnung.
    »Das Elektrizitätswerk arbeitet nicht!«, stellte ich fest.
    »Schlau eingefädelt!« Thomas nickte. »Heute Abend werden wir im Dunkeln sitzen.«
    »Den Piraten gönne ich’s!«, sagte Heinz.
    »Was hältst du von dem faulen Zauber?«, fragte ich Thomas. Und ich richtete den Schein meiner Taschenlampe auf sein Gesicht. Thomas kniff die Augen zusammen, dann schlug er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
    »Dass wir Rindviecher sind!«, rief er aus. »Wenn alle Erwachsenen fort sind, kann es auch kein Licht und kein Wasser geben! Das gehört zu ihrem Plan. Sie wollen uns einfach zeigen, dass wir nicht allein klarkommen.«
    »Na tolle!«, sagte ich.
    »Aber ich wette tausend zu eins, dass morgen alles wieder in Butter ist«, fuhr Thomas fort. »Jetzt müssen wir ihnen beweisen, dass wir auch nicht aus Pappe sind. Dass wir keine Wickelkinder mehr sind, die gleich ›Mama!‹ schreien, wenn die Eltern mal weg sind.«
    »Ja «, sagte Heinz ganz andächtig.
    Thomas hatte sich warm geredet. »Zuerst müssen wir dafür sorgen, dass nicht alles drunter und drüber geht!«, sagte er kühn.
    »Ja, klar, als ob das so einfach wäre!«, erwiderte ich. »Du hast ja gesehen, was dabei herauskommt.«
    »Hm«, brummte Thomas. Er war etwas ernüchtert. »Wir wollen beraten, ob wir etwas dagegen machen können. Jedenfalls muss ich wissen, was diese Hammelbeine alles ausbrüten!«
    Wir gingen wieder in die Halle hinauf. Oben wollte Heinz das Tor aufmachen, aber Thomas hielt ihn zurück. »Stopp!«, rief er halblaut. »Vielleicht haben sie Posten aufgestellt. Wir gehen hinten raus.«
    Wir liefen durch die Halle nach hinten, kreuz und quer durch einige lange Gänge, bis wir einen Seitenausgang entdeckten. Thomas schob den Riegel zurück, öffnete vorsichtig die Tür und steckte den Kopf hinaus. »Die Luft ist rein!«, flüsterte er uns zu. Wir traten auf die Straße. Die Sonne blendete uns, so dass wir uns für einen Augenblick in den Schatten stellten. Wir befanden uns in der Pfarrgasse. Sie lag wie ausgestorben da. Aus der Langengasse drang das wilde Geschrei der Kinder herüber.
    »Sie sind noch in der Langengasse«, sagte ich.
    »Schleichen wir uns auf den Turm!«, schlug Heinz vor. »Von dort können wir sie sehen.«
    Der Turm ist das

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