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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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werden.«
    »Das werde ich schon riechen«, warf Marianne ein.
    »Welche Mädchen können Brot backen?«, fing Thomas wieder an.
    Zuerst rührte sich niemand. Dann stand Fritz Bollner auf, der Sohn des Bäckermeisters. » I-i-ich!«, stotterte er.
    »Du bist doch kein Mädchen«, sagte Thomas. Brüllendes Gelächter.
    »A-a-a-aber i-i-ich kann Brot ba-ba-backen!«, stieß Fritz Bollner hervor. Die Kinder wollten wieder lachen, aber Thomas schnauzte sie an.
    »Wer über Bollner lacht, den werf’ ich hinaus!«, schrie er. »Er war Pirat und will jetzt für uns alle arbeiten. Er ist ein hochanständiger Kerl!«
    Es standen noch drei Jungen auf. Das waren die drei Brüder Lautenbach, die Söhne des Bäckermeisters aus der Kollersheimer Straße. »Wir können auch Brot backen«, sagte Heinrich, der älteste.
    »Gut!«, erwiderte Thomas. »Ihr tut euch zusammen und sucht euch Helfer aus!«
    Ich meldete mich zum Wort.
    »Backt bei Bollner! Der hat einen elektrischen Backofen. Kennt ihr euch damit aus?«
    » J-j-ja!«, erwiderte Fritz Bollner.
    »Ihr untersteht dem Kommando von Marianne«, sagte Thomas. »Rechnet mit ihr aus, wie viel Brote wir am Tag brauchen. Was ihr an Mehl und so weiter dazu nötig habt, schreibt ihr auf und gebt den Zettel Marianne«
    Thomas setzte sich wieder. Er wollte weiter aus der Notbetriebsordnung vorlesen, als ein Stein durchs offene Fenster geflogen kam. Er fiel auf dem Gang vor der Bühne nieder. Alle Kinder sprangen auf. Einige rannten zum Fenster.
    »Da läuft Willi Hak weg!«, schrien sie aufgeregt. Thomas und ich setzten von der Bühne hinunter in den Saal und eilten ans Fenster. Wir sahen auf die Rathausgasse. Willis roter Schopf verschwand gerade blitzschnell um die Ecke der Timpetillgasse.
    »Sollen wir ihm nachrennen?«, riefen mehrere Jungen hitzig.
    »Nein!«, befahl Thomas. Inzwischen hatte Fritz Schlüter den Stein aufgehoben.
    »Er ist in ein Papier gewickelt!«, sagte er überrascht.
    »Gib her!« Thomas nahm ihm den zerknüllten Zettel aus der Hand. Die Kinder drängten sich um ihn. Thomas lachte höhnisch auf.
    »Die Piraten mucken auf!«, brummte er zornig. »Sie haben uns eine Botschaft hereingeworfen.«
    »Vorlesen! Vorlesen!«, ertönte es von allen Seiten.
    Thomas schwang den Zettel. Es wurde ruhig. Dann las er laut vor:
    An die Idiotenversammlung im Rathaus! Ihr aufgeblasenen Esel! Euer ganzes Gequatsche ist einen Quark wert! Wir werden euch bald zum Teufel jagen! Die blutige Rache ist nah! Die saublöden Retter in der Not kriegen den Buckel voll! Thomas ziehen wir das Fell extra über die Ohren! Alle Verräter haben sofort zurückzukommen! Sonst verbannen wir sie für immer!
    Die Piraten. Häuptling Oskar.
    Ich hatte Thomas über die Schulter geblickt. Die Schrift auf dem Zettel war mit Rotstift hingeschmiert. Oben drüber war eine plumpe Zeichnung. Sie sollte einen Jungen darstellen, der am Galgen hängt. Daneben war »Thomas« hingekrakelt, und ein Pfeil zeigte auf den Gehenkten. Thomas zerriss das Papier und schwang sich mit einem Satz wieder auf die Bühne.
    »Leute!«, rief er. »Die Piraten geben bloß an! Sie sind wütend, weil sie nichts mehr zu melden haben. Aber wir werden sie schon noch kleinkriegen!«
    »Verhauen wir sie alle!«, brüllten die Jungen im Chor.
    Thomas ballte die Fäuste: »Zuerst muss alles wieder laufen! Dann werden wir mit den Piraten abrechnen! Wir werden sie fertigmachen!!« Seine Stimme hallte donnernd durch den Saal. »Hurra!! Wir machen sie fertig!!«, schrien alle Jungen und trampelten mit den Füßen, dass der große Kronleuchter zitterte.

16
    Bitte Platz nehmen zum Mittagessen
    Ludwig Keller schlug aus Leibeskräften auf den Gong. Im Saal wurde es ruhig. Die Kinder setzten sich wieder. Die Kommandanten kletterten auf die Bühne zurück und nahmen ihre Plätze ein.
    Thomas räusperte sich und las weiter aus der Notbetriebsordnung vor:
    »Punkt fünf!«, begann er. »Alle Kinder, die Tiere zu Hause haben, Papageien, Hunde, Katzen, Hühner, Kanarienvögel, Goldfische oder ähnliche Viecher, müssen die Tiere füttern!«
    »Wir haben einen Affen!«, ertönte ein Zwischenruf.
    Die Kinder wollten sich totlachen. Die Kommandanten, der Präsident und ich mussten auch lachen. Dann sagte Thomas: »Der Affe ist ebenfalls zu verköstigen! Alle Futtermittel kriegt ihr auf Anweisung von Marianne in Mules Tierhandlung ausgehändigt. Milch für die Katzen gibt es gegen Bestätigungszettel im ›Goldenen Posthorn‹. Auch Abfälle für die Hunde!

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