Tina und Tini 07 - Tina und Tini entlarven die Tigerbande
Art von Fahrradzubehör vollgestopft. Auf schreiend roten Plakaten waren die Vorzüge der einzelnen Stücke angepriesen. Immer wieder sprangen die Worte „Billig!“, „Sonderangebot!“ oder „Günstige Gelegenheit!“ ins Auge.
„Wo bekommt der nur alle die billigen Räder her?“ fragte Tina verwundert.
„Der Laden von Herrn Ignaz ist der größte Umschlagplatz für Gebrauchträder in der Stadt. Die meisten geben ihre alten Stahlrösser in Zahlung, ehe sie sich ein neues — besseres — Gebrauchtrad kaufen“, erklärte Oliver.
„Und wieso ist Wachtmeister Pelle so sicher, daß Herr Ignaz nicht mit gestohlenen Rädern handelt?“
„Erstens bürgt der Ruf des Ladens und seines Besitzers dafür. Und zweitens werden sie seine Ware überprüft haben, denke ich.“
„Außerdem vergißt du, daß bisher immer nur ladenneue Fahrräder gestohlen worden sind. Man würde sie sofort erkennen“, fügte Tobbi hinzu.
Im Laden war es dämmrig und heiß. Es roch nach Gummi und nach aufgewärmtem Kaffee. Der Raum war bis unter die Decke mit Ware vollgestopft, dazwischen schoben sich meist jugendliche Kunden auf der Suche nach einem Ersatzteil oder einem Gebrauchtrad hindurch, standen sich im Weg, schubsten sich hierhin und dorthin, fachsimpelten oder betrachteten argwöhnisch, was der andere gerade entdeckt hatte. Immer in Sorge, der Nebenmann könne einem gerade den Schlager des Tages, die einmalig gute Gelegenheit, vor der Nase wegschnappen.
Hinter der Kasse stand Frau Ignaz, eine streng aussehende korpulente Dame mit straff nach hinten gekämmtem schwarzem Haar und sah mit wachen Raubvogelaugen über die Menge der Kunden hinweg. Ihr entging nichts, und sah sie einen Kunden einen Gegenstand unschlüssig in der Hand halten, trompetete sie über die Köpfe hinweg: „Sie möchten zahlen?“
Herr Ignaz, ein zierliches Männchen mit eisgrauen Haaren und einem freundlichen Gesicht schien ständig zu frieren. Jedenfalls rieb er sich ununterbrochen die Hände und zog die mageren Schultern unter dem graublauen Kittel hoch, als müsse er sich vor einem kalten Wind schützen.
Oliver, gefolgt von Tina, Tini und Tobbi, schob sich durch die Menge bis an den Ladentisch vor.
„Was kann ich für die jungen Herrschaften tun?“ fragte Herr Ignaz freundlich.
„Ich suche ein gebrauchtes Fahrrad — möglichst gut und möglichst billig“ antwortete Oliver. „Darf ich mich einmal umsehen?“
„Selbstverständlich, laß dir nur Zeit.“
Aus dem hinteren Raum kam ein junger Mann, der ebenfalls einen graublauen Kittel trug und eine gelungene Mischung aus Herrn und Frau Ignaz zu sein schien. Er war schmal und hager wie der alte Mann — wenn auch einen guten Kopf größer — und hatte die gleichen schwarzen Haare und ein Raubvogelgesicht wie Frau Ignaz. Er schob ein Fahrrad, das Oliver auf Anhieb gefiel. Es war ein leichtes Herren-Sportrad, nicht gerade das neueste Modell, aber gut erhalten und sehr gepflegt. Die Lackierung des Gestells — ein elegantes Dunkelblau — war offensichtlich erneuert worden, ebenso die Griffe. Außerdem besaß es ausgezeichnete zweifarbige Reifen.
„Was soll das Rad dort kosten?“ fragte Oliver Herrn Ignaz.
Herr Ignaz schaute auf. „Oh, das haben wir gerade erst hereinbekommen. Ein Junge hat es in Zahlung gegeben, soviel ich weiß. Mein Sohn hat das Geschäft abgewickelt. Einen Augenblick!“
Herr Ignaz ging zu seinem Sohn hinüber und sprach leise mit ihm. Oliver und Tobbi begannen, sich die anderen Fahrräder anzusehen. Tina und Tini beschränkten sich darauf, die Kunden zu beobachten.
Nach einer Weile kehrte Herr Ignaz zum Ladentisch zurück, an dem die beiden Mädchen standen.
„Fünfundsechzig“, sagte er und sah sich nach Oliver um.
„Oh!“ Tina warf einen fragenden Blick zu Tini. „Ich fürchte, das wird uns zu teuer. Meinem Cousin ist nämlich gestern das Fahrrad gestohlen worden, ein nagelneues Rennrad, verstehen Sie. Jetzt braucht er Ersatz — aber es darf nicht zuviel kosten.“
„Gestohlen?“ Herr Ignaz sah bestürzt aus.
„Ja. Sagen Sie, hat man noch nie versucht, Ihnen ein gestohlenes Rad zu verkaufen?“
„Nicht, daß ich wüßte. Und wenn ich einen Verdacht hätte, würde ich ihn sofort der Polizei melden. Ich habe mein Geschäft über vierzig Jahre und jeder weiß, daß der alte Ignaz sich nicht auf krumme Geschäfte einläßt. Außerdem kenne ich die meisten meiner Kunden, die Stadt ist nicht groß — ihr seid wohl neu hier?“
„Wir sind auf Besuch bei
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