Tina und Tini 09 - Geisterstimmen im Park
gleichermaßen begehrenswert erschienen — dem hübschen, blonden Mädchen Tini, die er schon in den vergangenen großen Ferien angehimmelt hatte, und den Resten des Picknicks, die appetitlich ausgebreitet auf einer großen Serviette lagen. Endlich hatte er sich für die richtige Reihenfolge entschieden.
„Grüß dich, Tini!“ sagte Jule strahlend und schüttelte seiner Flamme die Hand, als wollte er ihr den Arm auskugeln. „Fein, dich zu sehen! Ich freue mich, daß du wieder hier bist!“ Damit war der Höflichkeit Genüge getan, und er konnte zur Sache kommen. „Mann, habe ich einen Kohldampf — habt ihr noch was übrig für einen armen Verfolgten?“
„Klar, komm, setz dich!“
Tini war offensichtlich geschmeichelt. Schnell arrangierte sie für Jule eine Auswahl der mitgebrachten Leckerbissen auf einem der Picknickteller.
„Wir feiern nämlich Schiffstaufe, weißt du“, erklärte sie. „Und für ein Fest braucht man schließlich auch Gäste“, fügte sie mit einem entschuldigenden Blick zu Tobbi hinzu. „Aber wieso bist du ein ,armer Verfolgter’? Oder sollte das nur ein Witz sein?“
„Im Gegenteil!“ Jule rollte die Augen gen Himmel. „Wenn ihr wüßtet, was mir passiert ist! Ich dachte, die Alte knallt mich ab!“
„Na, na, übertreibst du da nicht ein bißchen“, brummte Tobbi und schielte auf Jules Teller, der sich beängstigend schnell leerte.
„Was ist denn passiert? Nun erzähl schon!“
„Hast du wieder was angestellt?“ fragte Tina lauernd und ließ sich neben der Freundin nieder.
„Ich! Nie im Leben! Ich weiß auch nicht, was in die alte Hexe gefahren ist.“
„In die alte Hexe?“
„Na ja, so eine alte Frau — oder, na, mehr eine Dame. Der gehört einer der alten Prachtkästen da drüben am anderen Ufer, mit Park und eigenem Strand und so. Sie muß früher mal steinreich gewesen sein.“ Jule stopfte sich den Mund so voll, daß er für eine Weile kein Wort herausbrachte.
„Nun rede schon, was war mit der alten Dame?“ drängte Tini, die bereits bereute, daß sie Jule den Teller so vollgepackt hatte.
Jule schluckte , dann leckte er sich genießerisch die Finger ab. Tini seufzte.
„Also — ich paddle da ganz gemütlich am anderen Ufer entlang, da komme ich an den Privatstrand der Dame. Ich sehe mich um — kein Mensch weit und breit, und die Jalousien sind alle runtergelassen. Und weil es so heiß ist, denke ich, wäre es eigentlich toll, jetzt ein bißchen zu schwimmen. Ich ziehe also das Boot an den Strand und fange an, mich auszuziehen. Das Problem war nur — ich hatte keine Badehose mit. Macht nichts denke ich, hier sieht mich sowieso keiner. Und...“
„Und da tauchte die Besitzerin auf!“
„Nein, jetzt noch nicht! Aber ein Boot kam vorbei, ganz dicht! Und ich war barfuß bis zum Hals! Zu allem Unglück war es auch noch unser Nachbar. Wenn der mich auf dem fremden Grundstück gesehen hätte und das meinem Vater weitererzählt... na, da wäre wieder was fällig gewesen! Ich spurte also vom Strand weg in den Park. Leider stehen da nur ein paar Birken und keine Büsche, ich mußte also ziemlich weit laufen. Und wie ich da bei den ersten Büschen ankomme, bin ich schon ganz nahe am Haus. Na ja, weil ich ja nun sowieso mal da war, hab ich mich ein bißchen umgesehen.“
„Barfuß bis zum Hals?“ Tina kicherte.
„Also wirklich, das hatte ich in dem Augenblick ganz vergessen! Ich sehe mich also um — da fliegt über mir plötzlich ein Fenster auf, und eine Frau mit einem Gewehr fuchtelt wie eine Wilde in der Luft herum und droht mir. ,Raus !’ hat sie geschrien. ,Diebe, Räubergesindel! Ist euch kein Mittel zu gemein und niedrig, um mich aus meinem Haus zu treiben? Verschwindet! Verschwindet, oder es passiert was!“ Also wirklich, ich kriegte es so mit der Angst, daß ich mir beinahe in die Hosen gemacht hätte!“
„Wenn du welche angehabt hättest.“
,Ja. Dann bin ich gewetzt. Aber wie, kann ich euch sagen! So schnell bin ich in meinem ganzen Leben noch nicht gelaufen! Also, wenn ihr mich fragt — die Alte spinnt doch!“
„Ich weiß nicht“, Tini legte nachdenklich den Finger an die Nasenspitze. „Sie muß doch einen Grund haben, wenn sie solche Sachen sagt!“
„Schaut euch unsere Tini an!“ Tina betrachtete die Freundin lachend von der Seite. „Wenn sie so ein Gesicht macht, träumt sie von einem neuen, aufregenden Abenteuer! Aber mach dir keine Hoffnungen — wahrscheinlich leidet die alte Dame nur an Verfolgungswahn.“
„Ist
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