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Tinnef

Tinnef

Titel: Tinnef Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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unsereinen. Aber klar, für einen, der was so ein Hochwohlgeboren is, der kann sich nicht mit uns einfachem Volk abgeben, der hat andere … Plaisirs.“
    „War der blass und blond, der feine Herr?“
    „Ja“, sagte die Neziba verwundert, „sagen S’ bloß, Sie kennen den?“
    „Ja“, entgegnete Bronstein, „den kenn i.“
    Natürlich stellte sich ihm die Frage, was Baumgarten nun auch noch dazu veranlasst haben könnte, Mészáros sogar in sein ganz und gar nicht standesgemäßes Wohnhaus zu begleiten. Baumgarten war ohne Frage die schillerndste Erscheinung in diesem ganzen Szenario. Den würde man sich noch einmal näher anschauen müssen. Ob das mit dem finanziellen Hintergrund überhaupt stimmen konnte? Bronsteins Gedanken schweiften ab, und erst im letzten Augenblick bekam er mit, dass die Neziba nun ihrerseits eine Frage gestellt hatte.
    „Natürlich kann das sein“, entgegnete Bronstein, „dass er unglücklich verliebt war, der Herr Mészáros. Aber sind S’ ehrlich, Frau Neziba. Wenn da eine Frau im Spiel gewesen wär, dann hätten doch Sie, die Frau Wejwoda oder die Frau Kriwanek früher oder später Wind bekommen davon, oder?“
    „Ja, das ist wahr“, pflichtete ihm die Frau vorbehaltlos bei. „Allerdings muss es ja keine Frau g’wesen sein, gelt?“
    Bronstein riss die Augen auf: „Was wollen Sie damit andeuten, Frau Neziba?“
    „Na schauen S’, der Herr Mészáros, der war so einfühlsam, so empfindsam, so voller Verständnis und Mitgefühl. Der hat immer Zeit für einen g’habt, ned wahr. Der hat sich ang’hört, wenn unsereins irgendwo das Reißerte g’habt hat, und dabei sogar noch einen Rat parat g’habt, wie man dem wieder abhelfen könnt. Es ist ihm sogar aufg’fallen, wenn man beim Friseur war. Seien S’ ehrlich, Herr Inspektor, für einen Mann is so was doch nicht normal!“
    Bronstein bemühte sich um eine unverbindliche Miene: „Und?“
    „Na hören S’ einmal, für so etwas interessieren sich nur Frauen. Und Männer, die was … na ja, Sie wissen schon … andersrum halt.“
    Nun war dieser Gedanke also neuerlich aufs Tapet gekommen. Bronstein wollte sich immer noch nicht vorstellen, dass dies auf einen schneidigen Generalstäbler zutreffen mochte, doch allmählich musste er wohl auch diese Variante in seine Überlegungen einbeziehen. Vielleicht sollte man die Wejwoda gleich danach fragen. „Und am Tag des … Ereignisses selbst ist Ihnen nichts Besonderes aufgefallen?“, fragte Bronstein noch einmal. Die Neziba schüttelte nur den Kopf.
    „Gut. Vielen Dank. Das wär’s fürs Erste. Wenn wir noch etwas brauchen sollten, dann melden wir uns wieder bei Ihnen. In diesem Sinne: Wiederschau’n.“
    Bronstein zog Pokorny mit sich und klopfte wenig später an die Tür der Wejwoda. Die sah vielleicht noch ein wenig verwitterter aus als die beiden anderen Frauenzimmer. Bronstein schätzte sie auf Anfang sechzig. „Guten Tag zu wünschen, Frau Wejwoda. Wir kämen wegen der Sache da … mit dem Oberleutnant Mészáros.“
    „I waaß nix“, knurrte die Alte und schickte sich an, die Tür wieder zu schließen, doch Bronstein stellte blitzschnell den Fuß in dieselbe.
    „Na, na, na, Gnädigste. So eine patente Dame, wie Sie es sind, die weiß bestimmt ein bisserl was! Hab ich nicht recht?“ Dabei sah er Bestätigung heischend zu Pokorny hin, der allerdings die psychologische Offensive seines Chefs nicht als solche erkannt hatte und einfach unverwandt Bronsteins Blick erwiderte, ohne dabei seinen Mund zu öffnen.
    „Schauen S’, Herr Inspektor. Ich bin a alte Vettel. Mich geht das alles nix mehr an. Lassen S’ mich einfach im Kraut mit dem ganzen Holler. Mir is des wurscht, was mit dem Wurschtl passiert is, und übers Jahr bin i a hin, dann is ma überhaupt alles wurscht. Also Wiederschau’n.“ Dabei drückte die Alte gegen Bronsteins Bein.
    „Hören S’, Frau Wejwoda, Sie machen mir Spaß. Wie kommen S’ denn auf so grausliche Gedanken …“
    „Grausliche Gedanken? Des Beuschl holt’s ma auße. Seit Ewig keiten scho. I spuck jeden Tag drei Liter Bluat. Und da glauben S’, i leb no lang? Also i glaub des ned.“
    „Wollen S’, dass Sie der Mörder vom Mészáros überlebt?“, platzte Pokorny wenig diplomatisch in den Schwanengesang der Wejwoda.
    „Der Mörder?“ Die Alte wurde tatsächlich stutzig. „Ich hab glaubt, der hat sich ins Pendel g’haut, der fesche Kurtl, der.“
    „Na ja, es gibt Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass wir nur glauben

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