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Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Titel: Tiphanie – Feuer der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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etwas zu tadeln. Sie konnte nicht ahnen, dass es eben ihre stille, gehorsame Duldsamkeit war, welche die reizbare Bürgerin so wütend machte. Sie fühlte sich auf stumme Weise von ihr ins Unrecht gesetzt, obwohl die Kleine doch eigentlich ununterbrochen dafür dankbar sein sollte, dass man ihr ein Dach über dem Kopf bot.
    »Wo bleibst du denn?«, gellte ihre Stimme auch in diesem Moment über den Hof, wo Tiphanie mit dem böigen Wind um die flatternden Laken kämpfte, die sie auf einer Leine zum Trocknen ausbreiten wollte. Sie musste sich in den Holzpantinen auf die Zehenspitzen recken, um die großen Tücher über die Hanfschnur zu werfen, und was ihr auf der einen Seite gelang, wehte der Sturm auf der anderen wieder hinunter.
    »Bist du denn immer noch nicht fertig, du faules Ding?«, keifte Dame Loyse. »Das Reisig für die Küche fehlt, und außerdem hast du die Schweine bisher nicht gefüttert. Ich möchte wissen, was du den ganzen Tag tust? Das eine sag’ ich dir, hätte ich es dem Seigneur nicht versprochen, dich zu behalten, ich würde dich auf die Straße setzen. Du bist die Suppe nicht wert, die du bekommst! Ständig muss man sich mit dir herumärgern.«
    Die gänzlich unberechtigten Vorwürfe kränkten Tiphanie zutiefst. Dabei war sie harsche Ermahnungen gewöhnt. Mutter Elissa hatte in Sainte Anne ebenfalls keine Müßiggängerinnen geduldet. Aber bei ihr hatte es keine Ungerechtigkeit gegeben. Keine Bevorzugung, aber auch keine Benachteiligung. Alle teilten dasselbe harte Tagwerk miteinander, sogar Ysobel de Locronan, die aus edelstem Hause kam, oder die stolze Oliviane de Rospordon.
    Tiphanie blinzelte gegen die Tränen an und griff nach dem nächsten nassen Laken. Das feuchte Leinen war unendlich schwer, und eigentlich wäre es eine Arbeit für zwei Mägde gewesen. Dame Loyse dachte gar nicht daran zu helfen. Mit schmalen Augen sah sie zu, wie die Stumme, wie sie Tiphanie bei sich nannte, mit dem Tuch kämpfte. Sogar jetzt noch ungebeugt und in stillem Stolz.
    »Mach dir nichts aus ihren Reden, Kindchen! Sie wird dich nicht fortjagen. Du weißt doch, Hunde, die bellen, beißen nicht!«
    Maître Colman kam aus dem Pferdestall, sobald seine ungnädige bessere Hälfte den Hof verlassen hatte. Er schenkte Tiphanie ein Lächeln, das sein rundes Vollmondgesicht in glänzende Falten legte. Er war ebenso gutmütig wie seine Gemahlin barsch, und er behandelte die kleine Magd, wie er ein zerzaustes Kätzchen behandelt hätte, das er trotz allem liebenswert fand.
    Das junge Mädchen spürte seine gute Absicht, aber die Art, wie er ihre Schultern tätschelte, ihr über den Kopf fuhr und sie manchmal an seinen dicken Schmerbauch drückte, war ihr schrecklich unangenehm. Sie konnte nicht ahnen, dass auch Dame Loyse diese harmlosen Freundlichkeiten argwöhnisch beobachtete und sie ausschließlich ihrem Sündenregister zurechnete.
    Tiphanie schlüpfte auf die andere Seite der Leine und brachte die flatternden Laken zwischen sich und den Wirt, ehe sie sich aufrichtete und eine Hand in den schmerzenden Rücken stemmte. Die harte körperliche Arbeit hatte dafür gesorgt, dass aus ihrer anfänglichen Schwäche zähe Geschmeidigkeit geworden war. Ohnehin nicht verwöhnt, hatte sie die körperlichen Folgen der Schrecken schnell überwunden. Allein, die bleischweren Tücher forderten das letzte Quäntchen Kraft.
    »Warum läufst du mir davon, Kleines«, kollerte Maître Colman und tapste wie ein brummiger Tanzbär zwischen den Wäschestücken hindurch.
    Ehe sie sich versah, zappelte sie im mächtigen Griff des Wirtes, der sie mühelos eine Handbreit über den Boden hob. Sie schwebte in seinen Armen und blinzelte hilflos in das gönnerhafte Gesicht. Empörte Röte stieg in ihre sonst so blassen Wangen, und in ihren hellen Augen funkelte jäher Widerstand. Sie konnte es nicht ausstehen, wenn er sie wie ein Spielzeug behandelte.
    »Ich tu dir nichts, Kindchen!«, brummelte der Wirt, von dem glitzernden Blick seltsam eingeschüchtert. »Sei einfach ein bisschen lieb zu mir, es soll dein Schaden nicht sein. Hat dir niemand gesagt, dass Frauen dazu da sind, den Männern Vergnügen zu bereiten?«
    Tiphanie hatte keine Angst vor ihm, aber sie ekelte sich vor der plumpen Vertraulichkeit und dem massigen Leib, der sie bedrängte. Maître Colman roch nach saurem Wein und ungewaschenen Kleidern. Graue Bartstoppeln bedeckten seine Wangen, und in den spärlichen, gelblichen Zahnstummeln hinter den wulstigen Lippen klafften schwarze

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