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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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Nachbarkinder warfen mit Steinen nach ihm. Es waren schlimme Kinder…
    Diesmal kam er ganz plötzlich zu sich und merkte, daß er an eine Tür hämmerte, den abgerissenen Verband in seiner Hand. Er hielt abrupt inne und musterte das Spiegelbild seines Kopfs in dem polierten Metall der Tür. Nur eine kleine Stelle Haar war ausrasiert. Die bereits heilenden Spuren einer Wundnaht waren erkennbar. Er hatte sich offenbar ganz schön den Schädel angeschlagen, als er bei seinem letzten Anflug seine Geschwindigkeit unterschätzt hatte… in der verzweifelten Eile, noch mehr Bomben vom Versorgungsschiff heraufzubringen. Sehr ernst konnte die Verletzung aber nicht gewesen sein, obwohl er sich erinnerte, vor Schmerz gebrüllt zu haben, bis sie ihn unter Drogen setzten. Die Bomben waren…
    Beinahe wäre ihm alles wieder eingefallen, als ein Schrei durch den Gang hallte, schwach, aber mit der ganzen Pein der Todesangst.
    Fenton schrie zurück und rannte los, den großen Ring der Station entlang. Der Schrei wiederholte sich nicht, aber er blieb immer wieder stehen, rief und horchte. Sein Herz schlug wieder hart und schnell, und Entsetzen packte ihn, als er an den Mörder mit der Maschinenpistole dachte.
    Dann stolperte er über den Mann – doch er war tot wie alle anderen. Er hielt die Waffe noch immer umklammert, aber eine Regalkante hatte ihn nahezu in zwei Hälften geschnitten. Sein Gesicht zeigte nichts als äußerstes Erstaunen. Fenton hatte ihn wahrscheinlich bei seinem ersten Rundgang übersehen, da er erst später auf die erste Leiche mit einer Schußwunde gestoßen war. Vermutlich war der Mann unterwegs gewesen, um noch mehr Menschen umzubringen, als ihn der Stoß gegen das Regal schleuderte.
    Fentons Geist schauderte vor der Vorstellung zurück, daß ein Mensch mit voller Absicht darangehen konnte, der Reihe nach alle seine Kameraden zu ermorden. In diesem Augenblick erreichte ihn wieder der schwache Klang einer menschlichen Stimme, und er hastete weiter.
    Die Rufe kamen aus einer der Radialröhren, die zur Achse der Station führten. Es war kein Schrei mehr, nur ein gequältes Stöhnen, das nicht mehr viel Menschliches hatte – das Klagen eines verwundeten Tiers, das sterbend zurückgelassen worden ist.
    Eilig zog er sich an Handgriffen die Röhre ›hoch‹, was immer leichter wurde, bis er an der Achse wiederum schwerelos war. Die Tür des Raums, aus dem er sich zu seiner Erkundung aufgemacht hatte, stand immer noch offen. Er riß die zum Nebenraum auf, und dann die des anschließenden. Die winzige Krankenstation in der Achse bestand nur aus vier Kammern, also mußte die letzte die richtige sein. Wie zum Beweis hörte er wieder ein Stöhnen.
    Diesmal öffnete er die Tür vorsichtig, aber es gab nichts zu fürchten. In einem Netzkokon gleich dem, in dem er aufgewacht war, hing der Körper einer Frau. Er war schmerzverkrampft, und die festgeschnallten Arme zuckten leicht. Das Gesicht war verzerrt, der Mund stand offen.
    »Martha!« Fenton stürzte vor, blieb abrupt stehen. Dies war einmal Martha Graves gewesen. Jetzt war dieser Körper nur mehr dem Aussehen nach menschlich. Allzulange Arbeit im Strahlungslabor war nicht ohne Folgen geblieben. Ein bösartiger und sich unglaublich schnell ausbreitender Gehirntumor hatte den Arzt gezwungen, auf der Stelle zu operieren. Mit dem Tumor mußte ein großer Teil des Gehirns entfernt werden, das einer wirklich genialen Physikerin gehört hatte. Zurückgeblieben waren nur die animalischen Funktionen. Martha Graves hatte mit dem nächsten eintreffenden Schiff zurück zur Erde gebracht werden sollen.
    Fenton konnte jedoch nicht verstehen, warum sie Schmerzen hatte. Man hatte an dem Tag seines Unfalls bereits die Drogen absetzen wollen. Dann brachte ihn ein Krampf seines eigenen Magens auf die Lösung. Er hastete in die nächste Kantine, sammelte ein, was er an unverdorbenen Lebensmitteln fand, und nahm auch eine Plastikflasche voll Wasser mit. Auf dem Rückweg schlang er selbst hastig ein paar Bissen hinunter.
    Der Geruch der Nahrung bewirkte, daß der unglücklichen Kreatur Speichel aus dem Mund rann. Sie saugte an der Wasserflasche, wobei ziemlich viel daneben geriet, und schluckte etwas Nahrungsbrei. Das Stöhnen hörte auf, und wenige Minuten später war sie eingeschlafen.
    Fenton zog sanft die Nadel aus ihrem Arm und beriet mit sich selbst. Dann verzog er das Gesicht. Anscheinend war seine Geistesverfassung immer noch die eines Achtzehnjährigen. Nichts, was er tat, würde

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