Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
wußte jedoch, daß ich damit nur einen kurzen Aufschub gewonnen hatte. Wenn nicht irgendetwas geschah, würde Slickie sein schußwütiges Naturell gewiß an diesem närrischen, verletzlichen Geschöpf austoben. Wenn ich die Blondine retten wollte, mußte ich seine Wut auf mich ablenken.
    »Schaff die kleine Nutte hier raus«, zischte ich Slickie aus dem Mundwinkel zu, als ich an ihm vorbei zur Bar ging.
    »Mal langsam, Baby«, warnte er mich.
    Ich schenkte mir einen Liter Scotch ein – ich mußte eine neue Flasche öffnen, um das Maß zusammenzubekommen – und schüttete ihn hinunter. Nicht, daß ich den Alkohol gebraucht hätte, aber die verschiedenen Moleküle waren brauchbare organische Bausteine, und mir lag daran, möglichst bald wieder mein normales Gewicht zurückzuerlangen.
    »Hast du die Nutte immer noch nicht rausgeworfen?« erkundigte ich mich und musterte ihn verächtlich über meine silberschimmernde Schulter hinweg.
    »Langsam, Baby«, wiederholte er, und die senkrechten Falten zwischen seinen Brauen vertieften sich auf mindestens anderthalb Zentimeter.
    »Gib’s ihr, Slickie«, forderte die Blonde.
    »Du treulose Ratte!« Mit diesem Plagiat griff ich blitzartig unter meinen Silberrock, als wollte ich ein Schießeisen aus dem nicht vorhandenen Strumpfbandgürtel holen.
    Seine Kanone krachte. Um Sportsgeist zu beweisen, bewegte ich mich drei Zentimeter zur Seite, so daß der nicht ganz exakt gezielte Schuß mich genau ins rechte Auge traf und mir den Hinterkopf wegriß – bei dem Kaliber eine ziemliche Schweinerei. Ich zwinkerte Slickie mit dem linken Auge noch einmal zu und fiel dann rücklings durch die Tür in die schattige Dämmerung des Schlafzimmers.
    Ich wußte, daß ich keine Zeit verlieren durfte. Wenn ein Mann gerade ein Mädchen erschossen hat, beginnt er alle seine natürlichen Hemmungen zu verlieren. Auf dem Boden liegend rekonstituierte ich mein Auge und hatte in knapp siebzehn Sekunden auch die Hinterseite meines Schädels wieder in Ordnung gebracht.
    Als ich aus dem Schlafzimmer kam, gingen sie gerade in den Clinch; beide hielten ihr Schießeisen sanft gegen den Rücken des Partners.
    »Slickie«, sagte ich und goß mir einen mickrigen halben Liter Scotch ein. »Ich hab’ dir doch gesagt, du sollst die Nutte loswerden!«
    Die Gletscherblondine quietschte, warf die Arme hoch, als hätte ihr jemand eine Spritze Strychnin verpaßt, und sauste zur Tür hinaus. Ich glaubte zu fühlen, wie sich das Gebäude zur Seite neigte, als sie sich mit Vehemenz auf den Liftknopf stürzte.
    Ich trank den Scotch aus und trat zu ihm. wodurch ich die Pseudostase des Raum‐Zeit‐Gefüges zerstörte, in der Slickie anscheinend Schutz zu finden gehofft hatte.
    »Slickie«, sagte ich, »kommen wir zur Sache. Ich komme wirklich von der Galaktischen Zentrale, und wir sind mit deinem Verhalten ganz entschieden nicht einverstanden. Wir kümmern uns nicht darum, welche Motivation du hast, noch darum, ob eine schlechte Genkombination, eine unglückliche Kindheit oder ein krankes Sozialgefüge daran schuld ist. Wir lieben dich einfach, und wir möchten, daß du dich besserst.« Ich packte ihn bei einer bebenden Schulter, die sich jetzt ungefähr in Höhe meiner Hüften befand (so klein war er geworden), und zog ihn ins Schlafzimmer. Unterwegs schnappte ich mir die angebrochene Whiskyflasche. Drinnen schaltete ich erst einmal das Licht ein. Das Schlafzimmer war ein wirklich üppig ausgestattetes Liebesnest. Ich machte dem Scotch den Garaus – es war nur mehr etwa ein halber Liter in der Flasche – und wandte mich dem zusammengeduckten Slickie zu. »Und jetzt wirst du mit mir machen«, erklärte ich entschieden, »was du immer mit all diesen Mädchen machst, wenn du sie nicht gerade erschießt.«
    Er geiferte wie ein Epileptiker, riß seine Kanone heraus und ballerte los, bis sämtliche Kammern leer waren. Da er nur zwei meiner fünf Gehirne traf, machte mir das nichts weiter aus. Voll blutiger Löcher taumelte ich durch den blauen Rauch zurück und fiel im Badezimmer auf den Boden. Mir war etwas komisch zumute – vielleicht hätte ich auf diesen letzten halben Liter doch verzichten sollen. Ich reparierte meinen Rumpf sogar noch schneller, als ich den Kopf geschafft hatte, nur mein hübsches Silberlamekleid sah übel aus. Da ich weder Zeit noch Rekonstitutionsenergie darauf verschwenden wollte, zog ich es aus und schlüpfte in das schulterfreie Abendkleid, das die Blonde über dem Rand der Badewanne
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher