Titan 10
hatte National Atomics über den kleinen Wasserlauf alle Abfallprodukte abgeleitet, aber als die Attacken der Umweltschützer zu vehement wurden, hatten sie das Land einfach gekauft und die ehemaligen Besitzer umgesiedelt. Seitdem existierten dort nur noch Kaninchen und Unkraut. »Das Gebiet müßte bis auf ein paar Tramps, die sich dort herumtreiben, völlig unbewohnt sein. Ich schicke die Soldaten los, die jeden aufscheuchen, der sich dort unbefugt aufhält.«
»Gut. Der Sumpf ist für unsere Zwecke ideal, in ihm kann sich das Zeug über eine große Fläche ausbreiten. Was ist mit dem Superthermit‐Sprengstoff, den Sie letztes Jahr hergestellt haben? Wo lagert er?«
»Nicht in der Fabrik selbst, aber in den Vorratshallen. Die Armee hat ihn immer noch nicht abgeholt. Aber er ist ziemlich explosiv. Kennen Sie sich damit überhaupt aus?«
»Für meine Zwecke weiß ich darüber genug.« Jenkins deutete auf die Ausgabe der Weekl y Ray , die immer noch auf dem Tisch lag. Doc erinnerte sich undeutlich an den Artikel über diesen Sprengstoff. Er bestand aus zwei Superschweren Atomen, die voneinander getrennt waren. Allein waren sie nicht besonders gefährlich oder aktiv, aber kamen sie zusammen, so reagierten sie unter enormer Hitzeentwicklung, setzten aber nur wenig Strahlung frei. »Die Hitze beträgt etwa zwanzigtausend Grad Celsius, nicht wahr? Wie wird der Sprengstoff gelagert?«
»In Zehn‐Pfund‐Bomben, die beim Aufschlag zerplatzen und die Reaktion einleiten. Hoke kann das besser erklären, er hat sie entwickelt.« Palmer griff zum Telefon. »Sonst noch etwas? Dann verschwinden Sie und beginnen Sie mit der Arbeit! Die Männer warten auf Sie, sobald Sie dort ankommen. Ich werde nachkommen, sobald ich Ihre Anweisungen weitergeleitet habe.«
Doc blickte ihnen nach. Kurz darauf verließ auch Palmer die Krankenstation, und er war allein mit Jorgenson und seinen Gedanken. Sie waren nicht gerade angenehm. Er kannte die Materie nicht so gut, um sagen zu können, was Jenkins beabsichtigte, aber dennoch war er so weit informiert, um sich der Gefahren bewußt zu sein. Jetzt hätte er gern einige Patienten versorgt, um seine Gedanken abzulenken, aber er hatte nichts mehr zu tun, konnte nur den Vorarbeiter noch einmal untersuchen.
Er setzte sich in den Ledersessel und beging den Fehler, sich zum Schlaf zwingen zu wollen, während sein Verstand begierig den Geräuschen draußen lauschte. Dort dröhnten Panzerfahrzeuge und Kräne, Motoren wurden angelassen und abgeschaltet, laute Befehle erklangen, und über allem lagen die rhythmischen Schläge der pneumatischen Hämmer. Jedes Geräusch erweckte neue Vorstellungen in ihm, aber er wußte nicht, inwieweit sie mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Das Dekameron war langweilig, der Whisky kratzte in der Kehle und schmeckte schal, und er begriff, daß ein kleines Schwätzchen der Einsamkeit vorzuziehen war.
Schließlich gab er es auf und schlenderte zum Feldlazarett hinüber. Die Männer von der Mayo‐Klinik konnten Jorgenson dort besser versorgen, und vielleicht gab es für ihn eine Möglichkeit, sich dort nützlich zu machen. Als er durch den Nebeneingang schritt, hörte er das Geräusch schwerbeladener Hubschrauber über sich und beobachtete, wie sie sich über die Dächer der Gebäude bewegten.
Von irgendwoher kamen ein paar Männer und rannten auf die Flugmaschinen zu. Er fragte sich, ob man auch sie dazu zwingen würde, in den verseuchten Reaktor zurückzukehren. Dann würde er ihre Strahlenverbrennungen behandeln müssen. Aber das machte ja jetzt nicht mehr so viel aus, nun, da er die radioaktiven Splitter auf nicht operativem Wege unschädlich machen konnte.
Am Eingang des Zelts stieß er auf Dr. Blake, dem es anscheinend gefiel, die anderen Ärzte herumscheuchen zu können. »Sind Sie wieder ungehorsam, Doc?« fragte er freundlich. »Hier können Sie sowieso nichts tun, und Sie brauchen dringend etwas Ruhe. Sie wollen doch nicht zusammenklappen und sich dann als Patient auf die faule Haut legen, oder? Übrigens – gibt’s schon etwas Neues an der Atomfront?«
»Jorgenson konnte sich nicht verständlich machen, aber der Junge hatte eine Idee, und daran arbeiten sie jetzt.« Er versuchte, seiner Stimme etwas von der Hoffnung zu geben, die er selbst ganz und gar nicht empfand. »Vielleicht bringen wir Jorgenson besser hierher; er ist noch bewußtlos, scheint aber über den Berg zu sein. Wo ist Dr. Brown? Wenn sie nicht gerade schläft, will sie bestimmt wissen,
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