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Titan 10

Titan 10

Titel: Titan 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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abschreiben, und dann das! Das ist keine Wissenschaft mehr, sondern Magie. Wenn wir hier mit heiler Haut herauskommen wollen, brauchen wir einen Mann mit mehr Mut als Verstand. Hoke, sind Sie völlig sicher, daß die Theta‐Reaktion ausschlaggebend ist? Die Chance dafür steht eins zu zehntausend, sie ist unstabil, nicht aufzuhalten und zerfällt bei der ersten Gelegenheit.«
    Hokusai breitete die Hände aus, zog eine Augenbraue hoch und nickte. Jenkins unterstützte ihn mit kalter, fast unbeteiligter Stimme. »Palmer, ich vertrete diese Ansicht ebenfalls. Kein anderes Element gibt in solch einem Stadium so viel Energie frei. Alle Anzeichen deuten darauf hin. Wahrscheinlich liegt das an der letzten Maßnahme, die wir getroffen haben, um die Kettenreaktion zum Stillstand zu bringen. Die Konzentration ist genau richtig, um den Prozeß in Gang zu halten. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, wo wir glaubten, wir hätten noch zehn Stunden Zeit, muß sich die Masse für die kürzere Reaktion von sechs Stunden entscheiden.«
    »Zum Teufel.« Palmer ging wieder auf und ab und blickte unablässig auf Jorgenson. »Es ist fraglich, ob in sechs Stunden die gesamte Bevölkerung evakuiert werden kann, aber wir müssen es zumindest versuchen. Doc, ich kann jetzt nicht mehr darauf warten, was Jorgenson meint, ich muß sofort mit dem Gouverneur sprechen!«
    »Sogar in den letzten Jahren hat es noch Fälle von Lynchjustiz gegeben«, bemerkte Ferrel grimmig. Als er noch eine eigene Praxis besaß, hatte er einmal ein Opfer von Lynch‐Justiz behandeln müssen. Er kannte die Männer, die dem Jungen ans Leben wollten, normalerweise waren sie völlig friedliche Bürger. Leiteten sie nun eine Evakuierung ein, würde der Haß sich zuerst an Palmer entladen.
    »Schaffen Sie die Arbeiter zuerst heraus, Palmer, und dann verschwinden auch Sie. Am Haupttor wurde bereits geschossen, aber das wird nichts im Vergleich zu dem sein, was geschieht, wenn eine Evakuierung beschlossen wird.«
    Palmer grunzte.
    »Doc, Sie werden es mir vielleicht nicht glauben, aber ich gebe keinen roten Heller mehr darum, was nun mit mir oder der Firma wird.«
    »Und was ist mit den Männern? Wenn man Ihnen an die Gurgel will, werden die Jungs Sie verteidigen, weil sie wissen, daß Sie keine Schuld an dem Unglück tragen, und im Nu ist ein kleiner Bürgerkrieg ausgebrochen. Denken Sie einmal daran, welche Folgen eine offene Auseinandersetzung haben könnte. Außerdem dauert es nicht mehr lange, bis Jorgenson wieder zu Bewußtsein kommt.«
    Ob die Evakuierung ein paar Minuten früher oder später eingeleitet wurde, spielte keine Rolle mehr. Ferrel mußte daran denken, wie hilflos seine teilweise gelähmte Frau in einem solchen Fall wäre; sie würde sich wahrscheinlich weigern, das Haus zu verlassen, bis er bei ihr wäre. Sein Blick fiel auf das Bleikästchen, mit dem Jenkins nervös herumspielte, und verweilte eine Weile darauf. »Jenkins, ich kann mich daran erinnern, daß Sie davor gewarnt haben, das Zeug in kleine Partikel zu zerkleinern. Aber in dieser Schachtel ist es doch in verschiedenen Größen enthalten, zusammen mit einem großen Brocken und den Instrumenten, die mit dem Isotop in Berührung gekommen sind. Warum ist es noch nicht explodiert?«
    Jenkins’ Hand zuckte zurück, als sei das Blei plötzlich glühendheiß. Dann sprang er auf, rannte auf das I‐231 zu, kam zurück und verteilte in fieberhafter Eile das weiße Pulver über den Inhalt des bleiernen Behälters. Hokusais Augen waren weit aufgerissen, als er Wasser darüber goß, damit das I‐231 sich gleichmäßig ausbreiten konnte. Die Reaktion erfolgte praktisch sofort, eine große weiße Dampfwolke stieg hoch und stellte den Ventilator vor Probleme; es dauerte einige Zeit, bis sie sich aufgelöst hatte.
    Hokusai fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Was ist mit den Schutzanzügen?« fragte er.
    »Die liegen schon längst im Konverter«, gab Jenkins zurück. »Aber den Bleibehälter habe ich Idiot tatsächlich vergessen! Entweder haben wir unwahrscheinliches Glück gehabt, oder das Zeug hatte aus irgendeinem Grund eine unverhältnismäßig lange Reaktionszeit. Na, spielt auch keine Rolle mehr …«
    »Ahh! Wa … ge …«
    »Jorgenson!« Alle rannten sie zugleich los, aber Jenkins stand als erster neben dem Ingenieur. Seine Augen waren geöffnet und rollten wild, seine Hände öffneten und schlossen sich unkontrolliert. Der Junge beugte sich über den Mann, sein Gesicht glühte vor Aufregung.

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