Titan 10
Ketzerei und versuchte, Eure Autorität zu unterminieren.«
Der Kapitän sah Hugh mit dem Argwohn eines Mannes an, der seine Vorrechte gefährdet sieht. »Stimmt das?« bellte er. »Was hast du dazu zu sagen?«
»Das ist nicht wahr, Kapitän«, gab Hugh zurück. »Alles, was ich vorzubringen habe, ist, daß ich die absolute Wahrheit unseres alten Wissens nur bestätigt habe. Ich habe nicht die Wahrheiten bestritten, unter denen wir leben; ich habe sie nur heftiger vertreten, als es allgemein üblich ist. Ich …«
»Ich verstehe das alles nicht«, unterbrach ihn der Kapitän und schüttelte unwirsch den Kopf. »Du wirst der Ketzerei beschuldigt, sagst aber, daß du an unsere Lehren glaubst. Wenn du nicht schuldig bist, weshalb bist du dann überhaupt hier?«
»Vielleicht kann ich etwas Klarheit in die Angelegenheit bringen«, warf Ertz ein. »Hoyland …«
»Nun, ich hoffe, daß Sie das können«, fuhr der Kapitän ihn an. »Also, lassen Sie hören …«
Ertz trug eine einigermaßen wirklichkeitsgetreue, wenn auch hie und da abgewandelte Version von Hoylands Rückkehr und seiner seltsamen Geschichte vor. Aufmerksam hörte der Kapitän zu. Auf seiner Miene spiegelte sich Verwirrung und Verärgerung.
Als Ertz geendet hatte, wandte sich der Kapitän zu Hugh – »Hm«, sagte er nur.
»Der Kern meiner Behauptung ist«, sagte Hugh schnell, »daß es oben in der Zone der Schwerelosigkeit tatsächlich einen Ort gibt, wo man wirklich die Wahrheit unseres Glaubens sehen kann – das Schiff bewegt sich. Dort erkennt man, wie Jordans Plan wirklich aussieht. Ich bringe keine Ablehnung unseres Glaubens vor, sondern eine Verstärkung. Meinen Worten braucht man nicht zu glauben. Jordan selbst wird sie beweisen.«
Als Tyler sah, daß der Kapitän unentschlossen zu sein schien, warf er ein: »Kapitän, es gibt eine wahrscheinlichere Erklärung für diese Situation, die Ihr hören solltet. Zuerst einmal gibt es zwei mögliche Interpretationen zu Hoylands unglaublicher Geschichte: Entweder ist Hoyland einfach schuldig der äußersten Ketzerei, oder aber er ist im Herzen zu einem Mutie geworden und versucht, einen Plan zu entwickeln, wie er Euch in die Hände seiner Verbündeten spielen kann. Aber es gibt auch noch eine dritte, angenehmere Erklärung. Und ich glaube, daß sie die wahre ist.
Es gibt Berichte, die besagen, daß man allen Ernstes überlegte, Hoyland dem Konverter zu übergeben, als er geboren wurde, doch seine Abweichung von der Norm war gering und bestand praktisch nur in einer übermäßigen Entwicklung des Kopfes. Er durfte also weiterleben. Aber ich glaube, daß all die Dinge, die er während seiner Gefangenschaft bei den Muties erlebte, seinen sowieso unstabilen Geist völlig verwirrt haben. Der arme Kerl ist einfach nicht verantwortlich für seine Taten.«
Hugh sah Tyler mit neuem Respekt an. Wie gerissen war es doch, ihn von jeder Schuld reinzuwaschen und gleichzeitig dafür zu sorgen, daß Hugh auf jeden Fall dem Konverter überantwortet wurde!
Der Kapitän schlug die Hände zusammen. »Wir haben genug gehört. Liegt eine Empfehlung vor?« meinte er, zu Ertz gewandt.
»Ja, Kapitän. Der Konverter.«
»Nun gut. Einverstanden. Ich verstehe wirklich nicht, Ertz«, fügte er ungehalten hinzu, »wieso ich mich mit solchen Banalitäten abgeben muß. Ich denke doch, daß Sie fähig sein sollten, in Ihrer Abteilung die Disziplin ohne meine Hilfe aufrecht zu erhalten.«
»Jawohl, Kapitän.«
Der Kapitän trat von seinem Schreibtisch zurück und erhob sich. »Vorschlag angenommen. Verhandlung beendet.«
Ärger flutete in Hugh hoch, aber mehr wegen der Unvernunft und Ungerechtigkeit des Schuldspruches. Sie hatten noch nicht einmal in Betracht gezogen, den einzigen wirklichen Beweis für die Richtigkeit seiner Aussagen zu untersuchen. Er hörte einen Ruf – »Wartet!« –
und erkannte erst dann seine eigene Stimme.
Der Kapitän blieb stehen und betrachtete ihn.
»Einen Moment nur«, fuhr Hugh fort. Die Worte flossen wie von selbst aus seinem Mund. »Es macht ja doch keinen Unterschied mehr, da ihr alle so verdammt sicher seid, alle Antworten zu kennen, daß ihr noch nicht einmal auf mein faires Angebot, mitzukommen und die Wahrheit mit eigenen Augen zu sehen, eingehen könnt. Aber trotzdem – trotzdem – Das Schiff bewegt sich doch!«
Als Hugh in der Kabine lag, wo er darauf warten sollte, dem Konverter übergeben zu werden, hatte er genug Zeit zum Nachdenken. Und dafür, im Nachhinein seine Fehler zu
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