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Titan 11

Titan 11

Titel: Titan 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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gleichen Grund existieren auch keine Raumpiraten. Ein Blieder‐Antrieb kostet so viel, daß ein Möchtegern‐Pirat erst einmal Milliardär sein müßte, um überhaupt Raumpirat werden zu können.«
    »Dann«, meinte der Botschafter bedeutungsschwanger, »müssen wir zu meiner ersten Theorie zurückkehren – daß die Bewohner dieses Planeten wegen irgendwelcher Umwelteinflüsse und der Inzucht alle verrückt geworden sind.«
    »Für diese Theorie spricht sehr vieles«, warf Colonel Shelton ein. »Sie hätten die Passagiere des Busses sehen müssen, den ich durchsucht habe. Da war ein Leichenbeschauer, der zwei verschiedene Schuhe trug, der eine braun, der andere gelb. Ein mondgesichtiger Bursche trug einen Hut aus Rasierpinselborsten. Ihm fehlte nur noch eine Wasserpfeife – und wahrscheinlich bekommt er die dort, wo er hingefahren ist.«
    »Wohin fuhr er denn?«
    »Das weiß ich nicht, Euer Exzellenz. Sie verweigerten die Auskunft.«
    »Nun, das ist eine wertvolle Erweiterung unseres Wissens«, bemerkte der Botschafter mit einem ironischen Seitenblick. »Die Vermutung, ein uns unbekanntes Individuum erhält an einem uns unbekannten Ort zu unbekannten Zwecken einen unbestimmten Gegenstand, stellt wahrhaft eine wertvolle Bereicherung unserer Kenntnisse dar.«
    Shelton zog sich zurück und wünschte, er hätte den Dicken oder noch besser die verrückte Welt des Dicken niemals erblickt.
    »Irgendwo muß es eine Hauptstadt, einen Regierungssitz, einen Ort, wo die Verantwortlichen dieser Welt die Fäden in der Hand halten, doch geben«, meinte der Botschafter. »Wir müssen diesen Ort finden, bevor wir diese Welt übernehmen und die Verwaltung nach den neuesten Erkenntnissen und unseren Ansprüchen reorganisieren können. Schon die nötigen Verwaltungsanlagen sorgen dafür, daß eine Hauptstadt groß und nicht normal oder unscheinbar ist. Sie verleihen ihr Bedeutung und heben sie über das Mittelmaß hinaus, und sie sollte aus der Luft leicht ausfindig zu machen sein. Wir müssen danach suchen – in der Tat hätten wir von Anfang an die Hauptstadt suchen müssen. Wir haben auch die Hauptstädte anderer Planeten ohne Schwierigkeiten gefunden. Weshalb gelingt uns das denn hier nicht?«
    »Sehen Sie doch selbst, Euer Exzellenz.« Captain Grayder legte einen Stapel Fotos auf den Tisch. »Bei unserem Anflug haben wir die beiden Hemisphären dieses Planeten gründlich fotografiert. Nirgendwo ist eine größere Stadt zu entdecken. Es gibt auch keine Anzeichen dafür, daß eine Stadt im Verhältnis zu den sie umgebenden ländlichen Gebieten größere Ausmaße besitzt als alle anderen auch.«
    »Ich habe kein allzugroßes Vertrauen in Fotos, besonders wenn sie aus großer Entfernung aufgenommen worden sind. Das menschliche Auge sieht mehr. Wir haben vier Rettungsbeiboote, mit denen wir den Planeten von Pol zu Pol absuchen können. Warum benutzen wir sie nicht?«
    »Weil sie nicht zu solchen Zwecken geschaffen sind, Euer Exzellenz.«
    »Macht das etwas aus, solange wir mit ihnen brauchbare Ergebnisse erzielen?«
    »Sie sind für den Flug im freien All erbaut und können nur in einer Höhe von vierzig Kilometern über der Planetenoberfläche manövrieren. Gewöhnliche, altmodische Raketen, die nur im Notfall verwendet werden können. Bei einer Geschwindigkeit von vierhundert Meilen pro Stunde werden wir keine vernünftigen Oberflächenaufnahmen machen können. Wenn man versucht, die Beiboote langsamer fliegen zu lassen, ruiniert man ihre Triebwerke, schränkt man ihre Reichweite ein, verursacht man eine enorme Treibstoffverschwendung und muß schwere Unfälle verantworten, zu denen es wahrscheinlich kommen wird, noch bevor das erste Foto geschossen worden ist.«
    »Dann wird es höchste Zeit, daß wir Schiffe mit Blieder‐Antrieb ausstatten.«
    »Da stimme ich mit Ihnen völlig überein, Euer Exzellenz. Aber der kleinste Bliederantrieb hat eine – auf die Gravitation der Erde bezogene – Masse von mehr als dreihundert Tonnen – viel zu schwer für so kleine Boote.« Grayder packte die Fotos wieder in einen Aktenumschlag zurück. »Was wir brauchen, ist ein altes, propellergetriebenes Flugzeug. Damit kann man etwas vollbringen, zu dem wir nicht in der Lage sind – nämlich langsam zu fliegen.«
    »Da könnten Sie genausogut ein Fahrrad benutzen«, bemerkte der sich übergangen fühlende Botschafter. »Wir haben ein Fahrrad«, meinte Grayder. »Der Zehnte Ingenieur Harrison besitzt eins.« »Und hat es mit an Bord gebracht?«

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