Titan 11
Buch beherrschen lassen«, widersprach Seine Exzellenz. »Werfen Sie es aus der Schleuse oder in den Konverter. Wie Sie wollen. Nur – sorgen Sie dafür, daß Sie es loswerden – und sofort danach vergessen.«
»Ich bitte um Entschuldigung, Euer Exzellenz, aber das ist mir leider unmöglich.« Er schlug die erste Seite auf. »Die Grundparagraphen 1 A, 1 B und 1 C bestimmen eindeutig: Ob im All oder auf einem Planeten, die Mannschaft eines Raumschiffs untersteht unmittelbar dem Kommando des Kapitäns oder seines Stellvertreters, der den Richtlinien des Raumgesetzes folgen muß und einzig und allein dem Raum‐Komitee auf Terra verantwortlich ist. Das betrifft auch alle Truppen, Offiziere oder Zivilreisende an Bord eines Raumschiffes, egal, ob es sich im All oder auf einem Planeten befindet und unberücksichtigt der Stellung oder des Ranges der betreffenden Personen. Als Stellvertreter ist ein Schiffsoffizier zu verstehen, der die Aufgaben und Pflichten eines direkten Vorgesetzten übernehmen kann, wenn dieser dazu nicht in der Lage ist.«
»Und das bedeutet, daß Sie der Herr im Hause sind«, sagte der Botschafter verstimmt. »Wer etwas dagegen hat, wird des Schiffes verwiesen.«
»Mit dem größten Respekt, Euer Exzellenz – Sie haben des Pudels Kern erfaßt. Ich kann auch nichts dafür – Vorschriften sind Vorschriften. Und das wissen die Männer genauso gut!« Grayder schlug das Buch zu und schob es beiseite. »Zehn zu eins, daß die Männer heute mittag ausgehen wollen. Wahrscheinlich werfen sie sich gerade in ihre Ausgangsmontur, schmieren Pomade in die Haare und so weiter. Sie werden Ihr Gesuch auf dem Dienstweg stellen, und ich kann mich unmöglich widersetzen. Sie werden den Ersten Maat bitten, mir die Ausgangspapiere vorzulegen. Das einzige, was ich tun kann, wäre, ein paar Namen zu streichen und diese Männer mit Aufgaben im Schiff zu betreuen, aber ich kann der gesamten Truppe den Ausgang auf keinen Fall verweigern.«
»Es dürfte nicht einmal allzu schlecht für uns sein, wenn die Jungs sich ein wenig in der Stadt austoben«, warf Colonel Shelton ein; ihm war selbst sehr daran gelegen. »In dieses Kaff kommt mal richtig Leben, wenn die Flotte im Hafen liegt. Dutzende von Kontakten werden geknüpft. Und genau das wollen wir doch, oder?«
»Wir wollen die führenden Köpfe dieses Planeten finden«, wies ihn der Botschafter zurecht. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie sich die Nase pudern, sich in ihre besten Kleider werfen und unsere liebeshungrigen, krawallschlagenden Jungs mit offenen Armen in Empfang nehmen.« Er verzog das Gesicht zu einer spöttischen Grimasse. »Wir müssen eine Nadel im Heuhaufen finden, und für diesen Auftrag ist eine Bande herumjohlender Niedriger Ränge denkbar ungeeignet.«
»Ich stimme völlig mit Ihnen überein, Euer Exzellenz«, warf Gray‐der ein, »aber wir müssen alle Chancen nutzen. Und wenn die Leute wirklich ausgehen wollen, habe ich nicht genug Vollmachten, sie daran zu hindern. Nur eins könnte mir helfen, das zu unterbinden.«
»Und was ist das?« »Beweise, die es mir ermöglichen, diesen Planeten als im Sinne der Raumgesetze feindlich einzustufen.« »Nun, könnten wir das nicht irgendwie arrangieren?« Ohne auf die Antwort zu warten, fuhr der Botschafter mit neuem Eifer fort: »In jeder Mannschaft steckt ein unheilbarer Unruhestifter. Finden Sie den Ihren, laden Sie ihn zu ein paar doppelstöckigen venusianischen Cognacs ein und erzählen Sie ihm, daß er sofort Ausgang bekommt – Sie aber bezweifeln, daß er ihn genießen wird, weil diese Gands uns am liebsten von hinten sehen. Dann werfen Sie ihn aus der Schleuse. Sobald er mit einem blauen Auge zurückkommt und vor seinen Kameraden beschreibt, auf welch unfaire Art und Weise die Planetenbewohner ihn doch in die Mangel genommen haben, erklären Sie diese Welt für feindselig.« Er wedelte mit der Hand. »Und Sie sind am Ziel. Körperliche Gewalt. Alles laut Vorschrift.«
»Paragraph 148 A besagt aber, daß Gewalt gegen uns systematisch organisiert worden sein muß und Reibereien mit Mannschaftsmitgliedern nicht dazu ausreichen, eine Welt als feindselig zu bezeichnen.«
Mit zornesrotem Gesicht wandte der Botschafter sich an den zivilen Verwaltungsbeamten: »Wenn Sie zurück auf Terra sind – falls Sie überhaupt noch mal dorthin zurückkommen –, können Sie Ihren Vorgesetzten berichten, wie die Raumfahrt behindert, ja fast gelähmt wird von Bürokraten, die ihr höchstes Ziel darin sehen,
Weitere Kostenlose Bücher