Titan 13
ist noch nicht vorbei. Denk daran, daß die Büttel die Polizei von der Erde gerufen hatten…«
Und im gleichen Augenblick wurde die IMT wieder sichtbar. Eine dritte Sonne blühte am Himmel auf. Es dauerte aber nur drei oder vier Sekunden. Dann verblaßte das Licht wieder und erstarb.
»Die Polizisten waren gewarnt«, sagte Amalfi leise. »Man hatte ihnen gesagt, sie sollten nach einer Okie-Stadt Ausschau halten, die zu entfliehen versuchte. Sie haben sie gefunden und befehlsgemäß gehandelt. Nur haben sie die falsche Stadt erwischt, aber das wissen sie nicht. Sie werden jetzt nach Hause zurückkehren – und jetzt sind wir zu Hause und du und dein Volk auch. Endlich zu Hause auf der Erde.«
Rings um sie war Stimmengewirr zu hören, leise, bedrückte Stimmen, in denen noch die Katastrophe nachklang, und noch etwas klang mit, das so alt und doch so neu war, weil es auf dem Planeten, den die IMT beherrscht hatte, kaum einen Namen besaß. Es nannte sich Freiheit.
»Auf der Erde?« wiederholte Karst. Er und der Bürgermeister standen mühsam auf. »Was meint Ihr damit? Das ist nicht die Erde…«
Auf der anderen Seite des Ödlandes schimmerte die Okie-Stadt. Hinter ihr schob sich langsam eine Wolke von Sternen am Himmel in die Höhe.
»Jetzt ist dies die Erde«, sagte Amalfi. »Wir alle sind Erdmenschen, Karst. Und wir sind zu Hause. Die Erde ist mehr als ein kleiner Planet in dieser fernen Galaxis dort drüben. Die Erde ist viel wichtiger als das.
Die Erde ist kein Ort. Sie ist eine Idee.«
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Heinz Nagel
Die Bewährung
(ROGUE MOON)
ALGIS BUDRYS
1
Edward Hawks, Doktor der Naturwissenschaften, stützte sein langes Kinn in die überaus kräftig geratenen Hände und beugte sich vor. Die Ellbogen hatte er auf die Schreibtischplatte gestützt. Er war ein schwarzhaariger, blaßhäutiger, etwas schlaksig gebauter Mann, der nur selten in die Sonne kam. Im Vergleich zu seinen gebräunten jungen Assistenten erinnerte er Fremde immer an eine Vogelscheuche.
Jetzt musterte er einen jungen Mann, der ihm auf dem Besucherstuhl gegenübersaß.
Der junge Mann starrte ihn an. Sein bürstenartig kurz geschnittenes Haar war vom Schweiß feucht und klebte ihm am Kopf. Seine Gesichtszüge waren klar geschnitten, und er wirkte gesund, aber sein Kinn war feucht. »Un’ finster…«, sagte er fast zänkisch, »un’ finster un’ nirgen’wo ein Sternlich’…«
Der dritte Mann in dem Büro war Weston, der Psychologe, den sie kürzlich eingestellt hatten. Er saß in einem Armsessel, den er in Hawks’ Büro getragen hatte.
»Er hat den Verstand verloren«, sagte Hawks zu ihm wie zu einem staunenden Kind.
Weston schlug die Beine übereinander. »Das habe ich Ihnen doch gesagt, Dr. Hawks; das hab’ ich Ihnen schon in dem Augenblick gesagt, als wir ihn aus Ihrem Apparat herauszogen. Das, was ihm widerfahren ist, war mehr, als er ertragen konnte.«
»Ich weiß, daß Sie das zu mir gesagt haben«, entgegnete Hawks mit milder Stimme. »Aber ich bin für ihn verantwortlich. Ich muß ganz sicher sein.« Er begann sich wieder dem jungen Mann zuzuwenden, sah dann aber noch einmal Weston an. »Er war jung. Gesund. Ungewöhnlich stabil und widerstandsfähig, haben Sie gesagt. Er hat auch so ausgesehen.« Und dann fügte Hawks langsam hinzu: »Und ein brillanter Kopf war er.«
»Stabil, habe ich gesagt«, erklärte Weston ernst. »Nicht übermenschlich stabil. Ich habe Ihnen gesagt, er sei ein überdurchschnittliches menschliches Individuum. Sie sind es, der ihn an einen Ort geschickt hat, wo man kein menschliches Wesen hinschicken sollte.«
Hawks nickte. »Sie haben natürlich recht. Es ist meine Schuld.«
»Nun, nun«, sagte Weston schnell, »er hat sich schließlich freiwillig gemeldet. Er wußte, daß es gefährlich war. Er wußte, daß er das Risiko einging, zu sterben.«
Aber Hawks ignorierte Weston. Er blickte wieder über seinen Schreibtisch hinaus. »Rogan?« sagte er mit leiser Stimme. »Rogan?« Und dann seufzte er und fragte Weston: »Können Sie etwas für ihn tun?«
»Ihn kurieren«, sagte Weston zuversichtlich. »Elektroschock-Behandlung. Dann vergißt er, was ihm an jenem Ort zugestoßen ist.«
»Ich wußte nicht, daß die Amnesie, die man von Elektroschocks bekommt, dauerhaft ist.«
Weston kniff die Augen zusammen und sah Hawks an. »Es kann natürlich notwendig sein, daß wir die Behandlung gelegentlich wiederholen müssen.«
»Rogan«, flüsterte
Weitere Kostenlose Bücher