Titan 14
zurück ins Büro.«
Howland verzog das Gesicht und hielt ihm die Armbanduhr hin. Als Morey sich etwas benommen darüber beugte, schlug sie gerade die Stunde. In ein paar Minuten würde das Büro schließen.
»Oh«, sagte Morey. »Das habe ich gar nicht bemerkt – aber jedenfalls vielen Dank, Howland, es geht leider nicht. Meine Frau erwartet mich zu Hause.«
»Und ob sie das tut«, stichelte Howland. »Ich wette, Sie erwischen sie nicht dabei, wie sie Ihre Rationen zusammen mit ihren eigenen zu Abend ißt.«
»Howland!« verwies ihn Morey.
»Oh, tut mir leid, tut mir leid.« Howland machte eine weit ausholende Handbewegung. »Ich will natürlich nichts gegen Ihre Frau sagen. Vielleicht hat Jocelyn mich da etwas ungerecht gemacht. Aber, Morey, ehrlich, das Lokal würde Ihnen gefallen. Es nennt sich ›Onkel Piggotty’s‹ und liegt unten in der Altstadt. Verrückte Typen sitzen da drunten. Die würden Ihnen bestimmt gefallen. An ein paar Abenden in der letzten Woche hatten die – ich meine, Sie verstehen schon, Morey, nicht, daß ich so oft dort hingehe, aber ich kam zufällig vorbei und…«
Morey unterbrach ihn mit fester Stimme: »Danke, Howland. Ich muß nach Hause. Meine Frau erwartet das. Nett von Ihnen, daß Sie mich mitnehmen wollten. Gute Nacht. Bis bald wieder.«
Er ging hinaus, drehte sich an der Tür um, verbeugte sich höflich und stieß dabei mit dem Gesicht gegen den Türstock. Aber sein ganzer Körper war von einer so wohligen Wärme durchdrungen, daß er es kaum spürte, und erst als er wahrnahm, daß Henry mitfühlend auf ihn einredete, bemerkte er, daß ihm ein kleiner Blutfaden über die Wange rann.
»Bloß ein Kratzer«, sagte er würdevoll. »Nichts, um schiis S-S-Sorgen z-z-zu machen, Henry. Und jetzt, sch-schauen Sie weg. Ich will nachdenken.«
Und dann schlief er während der ganzen Fahrt nach Hause in seinem Wagen.
Es war viel schlimmer als ein gewöhnlicher Kater. Man hat ein paar Drinks gekippt und angefangen, wieder nüchtern zu werden, indem man ein wenig schläft. Und dann erwartet man von einem, daß man wieder wach ist und funktioniert. Der Zustand, der sich dann anschließt, vereinigt die schlimmsten Symptome des Katzenjammers und des Betrunkenseins; der Schädel droht einem zu zerspringen und man hat einen Geschmack im Mund, als hätte man die letzten Stunden pausenlos durchgeschwitzte Socken gegessen, aber nüchtern ist man keineswegs.
Es gibt dafür nur eine Medizin. Morey sagte mit belegter Stimme: »Trinken wir einen Cocktail, Liebes.«
Cherry nahm liebend gern mit ihm einen Cocktail vor dem Abendessen. Cherry, so dachte Morey liebevoll, war eine wunderbare, wunderbare, wunderbare…
Er ertappte sich dabei, wie er im Rhythmus zu seinen Gedanken mit dem Kopf nickte, und bei der Bewegung zuckte er zusammen.
Cherry flog an seine Seite und berührte ihn an der Schläfe. »Tut es dir weh, Darling?« fragte sie besorgt. »Wo du gegen die Tür gestoßen bist, meine ich?«
Morey sah sie scharf an, aber ihr Ausdruck war offen und bewundernd. So sagte er tapfer: »Nur ein wenig. Es ist wirklich nichts.«
Der Butler brachte die Cocktails und entfernte sich wieder. Cherry hob ihr Glas. Morey hob das seine, roch den Alkohol und hätte es beinahe fallenlassen. Er zwang sich, das wieder hinunterzuwürgen, was ihm in die Kehle gestiegen war.
Er war überrascht, er war dankbar: es blieb unten. Im nächsten Augenblick begann das seltsame Phänomen der Wärme sich zu wiederholen. Er schluckte den Rest der Flüssigkeit und hielt sein Glas hin, damit sie es wieder auffüllen konnte. Er versuchte sogar zu lächeln. Seltsamerweise fiel ihm das Gesicht dabei nicht auseinander.
Der nächste Drink schaffte es schließlich. Morey fühlte sich glücklich und entspannt, aber keineswegs betrunken. Sie gingen in bester Stimmung zum Abendessen. Sie plauderten vergnügt miteinander und mit Henry, und Morey fand sogar die Zeit für eine Art sentimentalen Bedauerns für den armen Howland, der nichts aus seiner Ehe machen konnte, wo die Ehe doch ganz offensichtlich eine so einfache Beziehung war, für beide Seiten so wohltuend, so warm und entspannend…
Erschreckt sagte er: »Was?«
Und Cherry wiederholte. »Es ist wirklich raffiniert; ich habe noch nie so etwas gehört. Was für ein komischer kleiner Mann, Liebster. Wirklich nervös – wenn du weißt, was ich damit meine. Er sah die ganze Zeit zur Tür, als erwartete er, daß jemand käme, aber das war natürlich albern. Keiner von seinen
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