Titan 14
Freunden wäre zu unserem Haus gekommen, um sich mit ihm zu treffen.«
»Cherry, bitte!« sagte Morey gereizt. »Was hast du da von Rationsmarken gesagt?«
»Aber ich habe es dir doch gesagt, Darling! Es war gleich nachdem du heute morgen weggegangen warst. Dieser komische kleine Mann kam zur Tür; der Butler hat gesagt, er wollte keinen Namen nennen. Ich habe mich mit ihm unterhalten. Ich dachte, er wäre vielleicht ein Nachbar, und ich wäre niemals unfreundlich zu einem Nachbarn, selbst wenn die Gegend hier…«
»Die Rationsmarken!« bettelte Morey. »Habe ich da richtig gehört, daß er dir gefälschte Rationsmarken angedreht hat?«
Jetzt klang Cherrys Stimme etwas unsicher. »Nun, wahrscheinlich sind sie in gewisser Weise nicht ganz echt. So, wie er das erklärt hat, waren es nicht die regulären amtlichen Marken. Aber vier für eine, Liebster – vier von seinen Marken für eine von den unseren. Also habe ich unser Haushaltsbuch geholt und Marken für zwei Wochen…«
»Wieviel?« schrie Morey sie an. Cherry riß die Augen auf. »Etwa – etwa für zwei Wochen«, sagte sie mit schwacher Stimme. »War das nicht richtig, Darling?«
Morey schloß benommen die Augen. »Marken für zwei Wochen«, wiederholte er. »Vier zu eins – nicht einmal den üblichen Kurs hast du bekommen.«
Cherry jammerte. »Woher hätte ich das wissen sollen? Als ich zu Hause war, hatte ich nie so etwas! Wir hatten keine Lebensmittelkrawalle und keine Slums und diese schrecklichen Roboter und die schmutzigen, kleinen, widerlichen Männer, die an der Tür klingeln!«
Morey starrte sie benommen an. Sie weinte wieder, aber diesmal machte es nicht den geringsten Eindruck auf den Panzer, der sich plötzlich um sein Herz gelegt hatte.
Henry gab ein vorsichtiges Geräusch von sich, das bei einem Menschen eine Art Hüsteln gewesen wäre, aber Morey brachte ihn mit einem finsteren Blick zum Schweigen.
Und dann sagte Morey mit monotoner Stimme, die kaum Cherrys Weinen übertönte: »Laß dir erklären, was du getan hast. Angenommen, daß diese Marken, die du bekommen hast, wenigstens durchschnittlich gute Fälschungen sind und nicht so schlecht, daß es das beste ist, sie wegzuwerfen, ehe wir damit erwischt werden, hast du jetzt einen Vorrat von ungefähr zwei Monaten von gefälschten Marken. Falls du es noch nicht gewußt hast, diese Rationsbücher sind nicht nur zum Spaß gemacht. Sie müssen jeden Monat eingereicht werden, um zu beweisen, daß wir unsere Verbrauchsquote für den Monat erfüllt haben.
Wenn sie eingereicht werden, werden sie überprüft. Man sieht sich zumindest jedes Buch an. Und eine ganze Menge von ihnen werden sehr sorgfältig von den Inspektoren überprüft, und ein gewisser Prozentsatz wird mit ultravioletten, infraroten und Röntgenstrahlen überprüft und anschließend geht man noch mit Radioisotopen, Chromatographen und allen möglichen anderen verdammten Tests auf sie los.« Seine Stimme war bei den letzten Sätzen immer lauter geworden, ein förmliches Crescendo. »Falls wir das Glück haben, mit diesen Marken durchzukommen, können wir es nicht wagen – unter keinen Umständen wagen –, mehr als ein oder zwei Fälschungen mit jeweils einem Dutzend echter Marken gemeinsam zu verwenden.
Und das bedeutet, Cherry, daß das, was du gekauft hast, nicht für zwei Monate, sondern vielleicht für zwei Jahre reicht. Und da diese Marken, wie du ohne Zweifel bis jetzt noch nicht bemerkt hast, Verfallsdaten tragen, haben wir nicht die leiseste Chance, jemals auch nur die Hälfte von ihnen aufzubrauchen.« Er brüllte inzwischen und hatte seinen Stuhl zurückgeschoben und ragte über ihr auf. »Und außerdem«, fuhr er fort, »müssen wir in diesem Augenblick, in dieser Minute, noch die Marken ausgleichen, die du weggegeben hast, und das bedeutet, daß wir allerbestenfalls zwei oder drei Wochen lang doppelte Rationen verbrauchen müssen.
Und damit ist noch überhaupt nichts zu dem Thema gesagt, an das du offenbar am allerwenigsten gedacht hast, nämlich, daß gefälschte Rationsmarken ungesetzlich sind! Ich bin arm, Cherry; ich lebe in einem Slum und weiß das; ich muß noch eine ganze Menge arbeiten, ehe ich so reich oder so mächtig bin wie dein Vater, von dem zu hören, mir übrigens langsam beträchtlich auf den Wecker geht. Aber so arm ich auch sein mag, eines kann ich dir ganz sicher sagen: bis zur Stunde zumindest, bin ich ehrlich gewesen.«
Cherrys Tränen waren völlig versiegt, und sie saß mit weißem
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