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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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kleine Hand begann ihr Handgelenk zu liebkosen, seine Finger krümmten sich etwas, die Sehnen spannten sich, so als wolle er gleich zupacken und ihr den Arm umdrehen.
    »Hören Sie zu!« sagte ich energisch. »Ich bin Ihnen zwar dankbar dafür, daß Sie mir diese Schläger vom Hals geschafft haben, aber…«
    »Ist schon gut«, erklärte er. »Die sind völlig harmlos, außer wenn sie hinterm Steuer sitzen. Jede durchtrainierte Vierzehnjährige könnte jeden von denen zu Brei schlagen. Ja was, sogar unsere Theda hier, wenn sie’s drauf anlegen würde…« Er wandte sich ihr zu und ließ seine Hand von ihrem Handgelenk hinauf zu den Haaren wandern. Er streichelte das Haar, dabei ließ er die einzelnen Strähnen langsam durch die Finger gleiten. »Schätzchen, du weißt, daß ich heute abend verloren habe, nicht?« meinte er leise.
    Ich erhob mich. »Kommen Sie!« sagte ich zu ihr. »Gehen wir.«
    Doch sie saß einfach da; ich konnte nicht erkennen, ob sie zitterte. Ich bemühte mich, eine eventuelle Augenbotschaft durch die Maske hindurch zu entziffern.
    »Ich nehme Sie mit«, versprach ich ihr. »Das kann ich. Und ich werde es auch tun.« Sie lächelte zu mir.
    »Sie würde gern mit Ihnen gehen«, sagte er. »Hab’ ich recht, Kleine?«
    »Kommen Sie oder nicht?« fragte ich sie. Noch immer saß sie ein
    fach nur da.
    Langsam verknotete er seine Finger mit ihren Haaren.
    »Hören Sie, Sie elender Wurm!« fuhr ich ihn an. »Nehmen Sie gefälligst die Finger von ihr!«
    Wie eine Schlange schoß er von seinem Stuhl hoch. Ich bin kein großer Kämpfer. Aber ich weiß, je mehr Angst ich habe, desto härter und direkter schlage ich zu. Diesmal hatte ich Glück. Doch als er nach hinten taumelte, fühlte ich eine Ohrfeige und vier Schmerzstiche auf meiner Backe. Ich langte hin und spürte die vier klaffenden Wunden, die ihre dolchartigen Fingerkappen hinterlassen hatten, und das herausquellende Blut.
    Sie sah mich nicht an. Sie kniete über Zirk gebeugt, schmiegte ihre Maske an seine Wange und redete beruhigend auf ihn ein. »Ist ja gut, mach dir nichts draus, nachher kannst du mir dann weh tun.«
    Um uns war einige Unruhe, doch niemand kam. Ich bückte mich und riß ihr die Maske vom Gesicht.
    Ich weiß wirklich nicht, warum ich mir ihr Gesicht je anders vorgestellt hatte. Es war natürlich sehr bleich, und sie schien keinerlei Kosmetika zu verwenden. Das ist wohl auch sinnlos unter einer Maske. Die Augenbrauen sahen unordentlich aus, ihre Lippen waren aufgesprungen. Aber was den Gesamtausdruck betrifft, die Gefühle, die über ihr Gesicht krochen und huschten…
    Haben Sie je von feuchtem Boden einen Stein aufgehoben? Haben Sie je die schleimigen weißen Maden darunter gesehen?
    Ich blickte zu ihr hinunter, sie sah zu mir auf. »Ja, Sie haben so schreckliche Angst, oder?« fragte ich sarkastisch. »Sie haben einen Horror vor diesem kleinen nächtlichen Drama, nicht wahr? Sie bibbern vor Angst.«
    Und ich ging hinaus in die violette Nacht, noch immer die Hand an der blutenden Backe. Niemand hielt mich auf, nicht einmal die Ringermädchen. Ich wünschte, ich könnte unter meinem Hemd einen Streifen abreißen, ihn auf der Stelle entwickeln und feststellen, daß ich mich zu viel Strahlung ausgesetzt hätte, und dann beantragen, den Hudson zu überqueren, nach New Jersey zu gehen, weg von der schwelenden Strahlung der Bombe und immer weiter bis Sandy Hook, um auf das rostige Schiff zu warten, das mich über die Meere zurückbringen würde, zurück nach England.
     
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Franziska Zinn

Die unsterblichen Gesetze
    (THE COLD EQUATIONS)
     
TOM GODWIN
     
     
    Er war nicht allein.
    Nichts deutete auf diese Tatsache hin, außer dem weißen Zeiger des winzigen Kontrollgeräts auf der Tafel vor ihm. Bis auf seine Person war der Kontrollraum leer; abgesehen von dem Summen der Triebwerke war nichts zu hören – dennoch, der weiße Zeiger hatte sich bewegt. Als das kleine Schiff von der Stardust gestartet war, hatte er auf Null gestanden; jetzt, eine Stunde später, war er weitergewandert. Das bedeutete: in dem Vorratsschrank auf der anderen Seite des Raums war etwas, irgendein Körper, der Wärme abgab.
    Nur eine Art Körper konnte das sein – ein lebendiger, ein menschlicher Körper.
    Er lehnte sich im Kommandosessel zurück, sog tief und ausgiebig die Luft ein und überdachte, was er nun tun mußte. Er war NHS-Pilot, seit langem schon vertraut mit dem Anblick des Todes und gewöhnt, dem Sterben

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