Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
nähernden Gestalten mit solchem Entsetzen entgegen, daß ich meine Empörung unterdrückte und ihrer Empfehlung folgte. Wortlos nahm der Fahrer den Geldschein. Als er weiterfuhr, hielt er seine Hand aus dem Fenster und ich hörte, wie ein paar Münzen klirrend auf den Asphalt fielen.
    Meine Gefährtin kehrte in meine Arme zurück, ihre Maske war jedoch dem Fernsehschirm zugewandt, wo das hochgewachsene Mädchen den krampfhaft um sich tretenden Little Zirk gerade im Schwitzkasten hatte.
    »Ich habe solche Angst«, hauchte sie.
    ›Heaven‹ erwies sich als ebenso verkommen wie die anderen Stadtbezirke, hatte jedoch einen Club mit Markise und einem riesenhaften Türsteher, der, abgesehen von den schreienden Farben, wie ein Raumfahrer uniformiert war. In meinem sinnlich-benommenen Zustand gefiel mir das Ganze recht gut. In dem Augenblick, als wir aus dem Taxi stiegen, kam eine betrunkene alte Frau mit verrutschter Maske den Gehsteig entlang. Vor uns wandte ein Paar vor dem halbentblößten Gesicht den Kopf ab, wie vor einem häßlichen Körper am Strand. Als wir ihnen nachgingen, hörte ich, wie der Türsteher sagte: »Geh weiter, Oma, und zieh dich anständig an!«
    Innen war alles in schummriges, blaues Licht getaucht. Sie hatte zwar gemeint, daß wir hier reden könnten, aber wie, war mir nicht klar. Neben dem unvermeidlichen Chor aus Niesen und Gehuste (angeblich sollen heutzutage fünfzig Prozent aller Amerikaner allergisch sein), gab es eine Band, die im Stil der neuesten Robotmusik einen ungeheuren Lärm produzierte – eine elektronische Komponiermaschine stellt dabei eine willkürliche Klangfolge auf, in die die Musiker ihre kärglichen Improvisationen einfügen.
    Die meisten Gäste saßen in kleinen Kabinen. Die Band war hinter der Bar. Auf einer Bühne daneben tanzte ein bis auf die Maske völlig nacktes Mädchen. Die kleine Gruppe von Männern am düsteren hinteren Ende der Theke würdigte sie keines Blickes.
    Wir studierten die in goldenen Lettern an die Wand projizierte Speisekarte und drückten dann die Tasten für Hähnchenbrust, frittierte Krabben und zwei Scotch. Einige Augenblicke später läutete die Servierglocke. Ich öffnete das metallisch glänzende Schiebetürchen und nahm unsere Drinks entgegen.
    Die Männer an der Theke standen auf und wandten sich zum Gehen, erst ließen sie aber noch ihre Blicke durch das Lokal schweifen. Meine Begleiterin hatte gerade ihren Mantel abgelegt. Die Blicke der Männer blieben auf unserer Kabine haften. Ich registrierte unbehaglich, daß es drei waren.
    Grölend verscheuchte die Band die Tänzerin. Ich reichte meiner Gefährtin einen Strohhalm, und wir begannen langsam unsere Drinks zu suckeln.
    »Sie wollten für irgend etwas meine Hilfe«, sagte ich. »Übrigens, ich finde Sie bezaubernd.«
    Sie nickte ein kurzes Danke, schaute sich um und beugte sich vor. »Wäre es wohl schwierig für mich, nach England zu gehen?«
    »Nein«, antwortete ich einigermaßen verblüfft. »Vorausgesetzt natürlich, Sie haben einen amerikanischen Paß.«
    »Ist der schwer zu bekommen?«
    »Ziemlich«, sagte ich und wunderte mich über ihr mangelndes Wissen. »Ihr Land sieht es nun mal nicht gerne, wenn seine Staatsbürger Reisen machen, obwohl, ganz so streng wie Rußland ist es nicht.«
    »Könnte das britische Konsulat mir vielleicht zu einem Paß verhelfen?«
    »Das dürfte kaum in seinem…«
    »Und Sie?«
    Plötzlich fiel mir auf, daß wir beobachtet wurden. Ein Mann und zwei Mädchen hatten sich gegenüber unserem Tisch aufgestellt. Die Mädchen waren groß und hatten etwas Wölfisches; sie trugen glitzernde Masken. Der Mann in ihrer Mitte wirkte keck, wie ein Fuchs auf den Hinterpfoten.
    Meine Begleiterin schaute nicht hinüber, doch lehnte sie sich wieder zurück. Ich bemerkte, daß das eine der Mädchen einen großen, gelbverfärbten Bluterguß am Unterarm hatte. Einen Augenblick später gingen die drei weiter zu einer Kabine, die in tiefem Schatten lag.
    »Kennen Sie die?« fragte ich. Sie gab keine Antwort. Ich trank mein Glas aus. »Ich bin mir nicht sicher, ob England Ihnen gefallen würde«, bemerkte ich. »Die Not dort ist völlig verschieden von der Ihnen in Amerika vertrauten Art des Elends.«
    Sie beugte sich wieder vor. »Aber ich muß hier weg«, flüsterte sie.
    »Warum denn?« Langsam wurde ich ungeduldig.
    »Weil ich solche Angst habe.«
    Ein Glockenzeichen ertönte. Ich machte das Schiebetürchen auf und reichte ihr die frittierten Krabben. Die Soße auf

Weitere Kostenlose Bücher