Titan 16
nicht unterschrieben. Sie schickten mir auch ein Formular, das ich ausfüllen sollte. Ich wußte nicht, wie viele Lügen ich wohl riskieren durfte. Aber es war mein Geld, und ich mußte es bekommen. Wenn ich es in die Bank schaffen konnte, dann konnte ich es auch eines Tages wieder herausholen. Ich gab ›Schriftsteller‹ als Beruf an und behauptete, ich wäre vierundzwanzig. Ich hielt das für schrecklich alt.«
»Ich würde die Geschichte gerne sehen. Hast du die Zweitschrift noch?«
»Ja«, sagte Tim. »Aber niemand hat es bemerkt – ich meine, ›T. Paul‹ konnte natürlich jeder sein. Und als ich an den Zeitungsständen Zeitschriften für Schriftsteller sah und sie kaufte, kam ich dahinter, ein Pseudonym für die Geschichte zu verwenden, aber oben in die Ecke meinen richtigen Namen und meine Adresse zu schreiben. Vorher benutzte ich nur ein Pseudonym und bekam die Sachen manchmal überhaupt nicht zurück oder hörte nichts mehr von ihnen. Manchmal aber schon.«
»Und was hast du dann gemacht?«
»Oh, dann habe ich den Scheck an mich zahlbar ausgestellt und mit dem Pseudonym unterschrieben und dann meinen eigenen Namen darunter gesetzt. Hatte ich Angst, das zu tun! Aber es war mein Geld.«
»Nur Kurzgeschichten?«
»Artikel auch. Und alles mögliche. Doch das genügt jetzt für heute. Nur – ich wollte nur sagen – vor einer Weile hat T. Paul der Bank geschrieben, ein Teil des Geldes sollte auf ein Scheckkonto übertragen werden. Um Bücher per Post kaufen zu können und so. Und um Sie bezahlen zu können, Dr. Welles…« Das klang plötzlich ganz formell.
»Nein, Tim«, sagte Peter Welles entschieden. »Das Vergnügen ist ganz meinerseits. Ich möchte gerne die Geschichte sehen, die veröffentlicht wurde, als du acht Jahre alt warst. Und einige der anderen Dinge, die T. Paul so reich machten, daß er sich einen beratenden Psychiater leisten kann. Und würdest du mir um Himmels willen sagen, wie das alles vor sich geht, ohne daß deine Großeltern davon erfahren?«
»Großmutter meint, ich würde Coupons ausfüllen und Schachteldeckel einschicken und so Zeug«, sagte Tim. »Sie trägt die Post nicht herein. Sie sagt, ihrem kleinen Jungen würde das so große Freude machen. Jedenfalls hat sie das gesagt, als ich acht war. Ich habe den Postboten gespielt. Und da waren natürlich auch Coupons – ich habe sie ihr gezeigt, bis sie – das war wohl beim drittenmal – sagte, solche Dinge interessierten sie wirklich nicht sehr. Inzwischen hat sie sich angewöhnt, darauf zu warten, daß ich die Post hole.«
Peter Welles dachte, daß dies wirklich ein Tag der Offenbarung war. Er verbrachte einen ruhigen Abend zu Hause, hielt sich den Kopf und stöhnte, und versuchte, das Ganze in sich aufzunehmen.
Und dieser IQ – 120, Unsinn! Der Junge hatte ihn an der Nase herumgeführt. Tim hatte offensichtlich genügend über IQ‐Tests gelesen, um ihn mit Erfolg zu manipulieren. Wozu der Junge wohl fähig war, wenn er wirklich kooperierte?
Welles beschloß, eben das herauszufinden.
Er fand es nicht heraus. Timothy Paul absolvierte den ganzen Bereich der Tests für überdurchschnittlich intelligente Erwachsene, ohne irgendeinen Fehler zu machen. Es gab einfach keine Tests, die imstande waren, seine echte Intelligenz zu messen. Timothy Paul hatte in einem Alter, das man noch mit einer Ziffer ausdrücken konnte, Problemen gegenübergestanden und sie gelöst, die für einen durchschnittlichen Erwachsenen unlösbar gewesen wären. Er hatte sich der schwierigsten Aufgabe angepaßt, die es überhaupt gab – der nämlich, ein ganz normaler, durchschnittlicher kleiner Junge zu sein.
Aber es gab ganz bestimmt noch mehr über ihn in Erfahrung zu bringen. Was schrieb er? Und was tat er außer Lesen und Schreiben, Tischlerkurse besuchen, Katzen züchten und die ganze Welt täuschen?
Als Peter Welles einige von Tims Arbeiten gelesen hatte, stellte er zu seiner Überraschung fest, daß die Kurzgeschichten des Jungen von einer großen Menschlichkeit waren, das Produkt also einer scharfen Beobachtung der Natur des Menschen. Die Artikel andererseits waren logisch durchdacht und deuteten auf gründliche Studien und Recherchen hin. Offensichtlich las Tim einige Zeitungen von Anfang bis Ende und dazu noch ein gutes Dutzend Monatsschriften.
»Oh, sicher«, sagte Tim, als er ihn danach befragte. »Ich lese alles. Hin und wieder lese ich sogar alte Zeitschriften ein zweitesmal.«
»Wenn du so schreiben kannst«, fragte Welles und
Weitere Kostenlose Bücher