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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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Experiment selbst durchzuführen. Es ist gefährlich. Vielleicht schlägt es sogar fehl. Aber wenn du mit ihm gehen willst, sollst du es tun. Deine Mutter lebt nicht mehr, und auch wenn du mich auf meine alten Tage allein lassen solltest… Geh nur! Für die Wissenschaft!«
    Ein betretenes Schweigen folgte seinen einfachen Worten. Dann sagte Shirley deutlich: »Ich werde mit ihm gehen.«
    Der Physiker wandte sich für einen kurzen Moment ab. Als er ihnen das Gesicht wieder zuwandte, wirkte er gefaßt. Entschlossen warf er einen Hebel um. Die grüne Scheibe senkte sich lautlos auf den Boden. McLaren und das Mädchen stellten sich auf sie, und die Scheibe hob sich und schob sie in das Innere der Glaskugel. Dann wandte sich der Professor der höherstehenden Plattform zu, auf der sich das Instrumentenbord befand.
    »Auf Wiedersehen!« rief er. »In einer Stunde hole ich euch wieder zurück.«
    »Auf Wiedersehen!« erwiderten McLaren und Shirley mit dumpfer werdenden Stimmen.
    Der machtvolle Generator schaltete sich ein und erfüllte das Laboratorium mit einem schrillen Heulen. Die Geißlerschen Röhren leuchteten matt auf und ein starker Ozongeruch durchzog die Luft. Mit einem lauten Krachen entlud sich zwischen den einzelnen Drehungen der Helix starke Elektrizität. Der Professor beeilte sich, einen Kondensator einzuschalten. Nun war nur noch das Heulen des Generators und ein leises Summen zu vernehmen.
    Während der Professor fortgesetzt die Kontrollen justierte, füllte sich die Glaskugel allmählich mit einem dunkelvioletten Licht, das ziemlich dünn war und – den Fetzen eines Nordlichts gleich – hin und her schwang. Es umkreiste den Mann und das Mädchen manchmal so dicht, daß sie zeitweise nicht mehr zu erkennen waren. Nach und nach setzte es sich dann auf dem Boden der Kugel fest, wo es sich an den grünen Untergrund zu klammern schien. Es hüllte die beiden Versuchspersonen ein, bis sie kaum noch zu sehen waren. Dennoch lächelten sie freudig und winkten dem Professor mit ungebrochenem Mut zu.
    Und dann konnte man sehen, wie sie kleiner wurden. Sie maßen jetzt nur noch knapp einen Meter zwanzig. Je mehr sich die Maschinerie auf sie konzentrierte, desto schneller schrumpften sie zusammen. Bald maßen sie kaum noch vierzig Zentimeter. Sie standen inmitten eines Meeres aus violettem Licht. Schließlich waren sie nur noch fünfzehn Zentimeter groß. Dann drei. Der Professor schaltete seine Apparatur ab.
    Das Mädchen und der Mann gingen nun eine kleine Strecke, um sich in den exakten Mittelpunkt der Kugel zu begeben. Dort, in einer kleinen Vertiefung, die sich in dem glatten Material befand, lag ein winziges Körnchen Kohle – eines der Atome, die sie erforschen sollten. Es war so klein, daß man es selbst unter dem Mikroskop kaum zu sehen vermochte, aber für McLaren mußte es bereits mit dem bloßen Auge sichtbar sein, denn kurz darauf unterhielt er sich mit dem Mädchen, das sich neben ihn stellte, McLaren zeigte dabei auf einen bestimmten Punkt.
    Wieder schritten die mysteriösen Eigenschaften des kosmischen Strahls zur Aktion. Die beiden winzigen Gestalten verschwanden aus dem Blickfeld. Der Professor blieb an den Kontrollen, blickte forschend auf seine Armbanduhr und wartete, bis eine bestimmte Zeit vergangen war. Dann stellte er den Dynamo wieder ab, legte die Uhr auf den Tisch und stellte die Zeit ein, nach deren Vergehen er die beiden wieder zurückholen wollte: zehn Minuten nach sechzehn Uhr. Darauf ging er in dem Raum, der nun bis auf ihn leer schien, nervös auf und ab. Auf seiner Stirn sammelten sich Schweißperlen. Er blieb stehen und starrte auf die kaum wahrnehmbare Vertiefung, in der sich eine Million Universen befanden, von denen jedes ebenso komplett und perfekt aufgebaut war wie das, in dem er selbst lebte. Und in einem dieser Universen existierte ein kleines, sich um seine Achse drehendes Kügelchen, auf das er seine Tochter und seinen Lieblingsassistenten versetzt hatte.
    Als das Telefon schrillte, schreckte er zusammen. Irgendein Student belästigte ihn mit einer unwichtigen Anfrage. Er kehrte wieder zu seiner Uhr zurück und lauschte, ob sie vielleicht stehengeblieben war. Im Laboratorium war es sehr still; wenn aus den Kühlungshüllen einer der schweren Geißlerschen Röhren plötzlich eine Wasserkaskade nach oben spritzte, klang dies übermäßig laut.
    Plötzlich überfiel den Professor ein beunruhigender Gedanke. Was war, wenn es in dieser unvorstellbar kleinen Welt gefährliche

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