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Titan 20

Titan 20

Titel: Titan 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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Verderben bewahrt worden war, empfand Deralan Unruhe. Es war seine Natur und sein Beruf, den Hintergrund aller Ereignisse und aller Zwischenfälle ausfindig zu machen. Die lange Suche nach dem Mädchen, das ihm den Gegenstand gereicht hatte, der sein Leben rettete, war fruchtlos geblieben. Beinahe war er froh, daß er sie nicht finden konnte. Sie waren so schnell wie möglich von Zeran nach Rael zurückgekehrt. Entweder war der Gegenstand auf den Verfolgungsschiffen zurückgebracht worden, oder es war auf schnellerem Wege in Rael eingetroffen. Und Deralan konnte nicht sehen, wie es hätte möglich sein sollen, den Gegenstand auf eines der Schiffe zu schmuggeln. Und was schnellere Transportmittel anging – die gab es nicht.
    Während er versuchte, wieder die Fäden seiner Verantwortung aufzunehmen, die der Aufstand Andros, des dritten Sohnes von Shain, unterbrochen hatte, stellte er fest, daß er in zunehmendem Maße an der Unfähigkeit litt, seinen Pflichten völlige Aufmerksamkeit zu widmen. Die Hauptstadt glich in hohem Maße einem Käfig wilder Tiere. Die Tiere entdeckten das Nachlassen der Aufmerksamkeit ihres Dompteurs und duckten sich ein wenig tiefer, schickten sich zum Sprung an.
    Als der Pöbel zwei seiner vertrautesten Helfer in Stücke riß, empfand Deralan nicht dieselbe urtümliche Wut, mit der er bei früheren Zwischenfällen dieser Art Rache genommen hatte. Die Führer des Pöbels wurden von ihm schnell identifiziert, gefangen und exekutiert, aber das Ganze geschah ohne Hitze. Seine Villa, die fast so gut beschützt war wie die Paläste von Shain selbst, war nicht länger des Nachts ein Ort der Ausschweifung. Er hörte auf, jene zu unterhalten, die Shain nahestanden, und wußte, daß er damit seinen Einfluß bei Hofe aufs Spiel setzte. Er verbrachte mehr und mehr Zeit für sich alleine, und seine Gedanken waren finster. Häufig war in ihm Furcht, aber die Furcht vor etwas, das er nicht ganz begriff.
    Er fühlte, daß er irgendwo in der Stadt eine Antwort auf alles das finden würde, das ihn beunruhigte. Er begann, sorgfältiger zuzuhören, wenn von seltsamen Geschehnissen im Reich die Rede war. Dies schien eine Zeit seltsamer Geschehnisse zu sein, die an das Übernatürliche grenzten.
    Eines heißen Nachmittags, als der größte Teil der Stadt schlief, verhörte Deralan ein verängstigtes Mädchen, das seine Agenten zu ihm geführt hatten. Sie war ein schmutziges, halbwildes Geschöpf, dem Anschein nach geduckt zur Flucht. Ihr dunkelrotes Haar war mit Schmutz verkrustet, und ihre schrägen Augen hatten die Lavendelfarbe der Frauen von Vereen. Die Lumpen, mit denen sie bekleidet war, bedeckten kaum ihren Körper. In ihrer linken Achselhöhle deutete eine verräterische Narbe darauf, daß man dort erst vor kurzer Zeit das Mal des Sklaven entfernt hatte. Vor sehr kurzer Zeit.
    Obwohl sie so verängstigt war, daß sie am Rande der Bewußtlosigkeit schwebte, wollte sie nicht sprechen. Und sie war so geschwächt, daß Deralan sofort erkannte, daß sie sofort sterben würde, wenn man Gewalt anwendete. Am meisten beschäftigte ihn die Frische der Blasen an ihrem linken Schenkel. Die in einem der alten Schiffe mit ihren defekten Schutzschirmen gereist waren, wiesen solche Blasen auf.
    In Deralans Bewußtsein fügten sich einige isolierte Wissensbrocken zusammen und überzeugten ihn, daß dieses Mädchen etwas besaß, was zur Lösung seines Rätsels beitragen konnte. Die zunehmende Zahl entflohener Sklaven auf Rael – die frischen Blasen – die offenkundige Angst des Mädchens – die zweimonatige Verzögerung in den üblichen Berichten von den Sklavenmärkten – all diese Dinge wiesen auf Simpar, und von seinen Agenten auf jenem Planeten zu etwas, das nur sie ihm geben konnte.
    Ihre Zähne waren klein, gleichmäßig und spitz. »Töte mich und sieh zu, wie eine Vereenfrau sterben kann!« flüsterte sie.
    »Was hat dich zur Sklavin gemacht?« fragte er und zwang sich, seine Stimme sanft klingen zu lassen.
    »Ich habe meinen Mann erstochen. Das Gericht hat mich verurteilt. Sie sagten, ich hätte keinen Grund gehabt. Man hat mich mit Hunderten anderer nach Simpar geschickt.«
    »Und du bist entkommen. Wie?«
    Sie bewegte sich unruhig in ihrem Sessel und wandte den Kopf ab, gab sich gleichgültig, obwohl an ihrem schlanken Hals die Sehnen wie Stränge hervortraten.
    »Wie würdest du dich fühlen«, fragte er sanft, »wenn du wieder sauber wärst? Wieder gepflegt und rein zu sein, zu duften. Die Berührung von

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