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Titan 20

Titan 20

Titel: Titan 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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unendlich viele Teilbereiche gliedern kann. Als Cantor bewies, daß es wirklich eine Unendlichkeit gibt, im mathematischen Sinne wenigstens, schien das auch die Möglichkeit eines wirklich unendlichen physischen Universums zu beweisen.«
    Walds Blick wurde unbestimmt, und er machte eine Pause, um einen so reichlichen Schluck des nach Lakritz schmeckenden Aquavit hinunterzukippen, daß er bei Weinbaum sicher dazu geführt hätte, daß sich ihm die Haare sträubten.
    »Ich muß an den Mann denken, der mir in Princeton Mengenlehre beigebracht hat«, sagte Wald. »Er hat immer gesagt: ›Kantor lehrt uns, daß es viele Arten der Unendlichkeit gibt.‹ Das war wirklich ein verrückter alter Mann!«
    Weinbaum brachte hastig die Flasche an sich. »Fahren Sie fort, Thor!«
    »Oh.« Wald blinzelte. »Ja. Nun, wir wissen heute, daß die Geometrie, die für die kleinsten Partikel wie das Positron gilt, überhaupt nicht euklidisch ist. Sie ist pythagoräisch – eine Geometrie der Punkte, nicht der Linien. Sobald man einen jener Punkte vermessen hat – und es kommt gar nicht darauf an, was für eine Art von Quantität man mißt –, ist man soweit, wie man je kommen wird. An diesem Punkt bekommt das Universum eine Diskontinuität, und eine weitere Auflösung ist nicht möglich.
    Und soweit sind die Positronenfrequenzmessungen bereits gediehen, würde ich sagen. Es gibt kein Element im Universum, was dichter ist als Plutonium, und doch bekommen wir bei der Brechung durch Plutoniumkristalle dieselben Frequenzwerte wie bei Osmiumkristallen – da gibt es nicht den geringsten Unterschied. Wenn J. Shelby Stevens mit Bruchteilen jener Werte operiert, dann tut er das, was ein Organist als ›in den Spalten spielen‹ bezeichnen würde – worüber man ganz sicher nachdenken kann, aber was in Wirklichkeit einfach unmöglich ist. Hupp! «
    »Hupp?« sagte Weinbaum.
    »Entschuldigung. Ich habe aufgestoßen.«
    »Oh. Nun, vielleicht hat Stevens die Orgel neu gebaut?«
    »Wenn er die Meßwerte des Universums umgebaut hat, um eine private Detektivagentur unterzubringen«, sagte Wald entschlossen, »sehe ich zumindest keinen Grund, weshalb wir ihm nicht Kontra geben könnten – hupp – indem wir das ganze Universum als null und nichtig erklären.«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Weinbaum und grinste. »Ich wollte ja Ihre Analogie nicht gleich zu Fall bringen – ich habe ja nur gefragt. Aber machen wir uns doch einmal an die Arbeit. Wir können nicht einfach sitzenbleiben und zulassen, daß Stevens damit durchkommt. Wenn sich diese Frequenzgeschichte als so hoffnungslos erweist, wie sie jetzt scheint, dann versuchen wir eben etwas anderes.«
    Wald sah die Aquavitflasche mit Eulenaugen an. »Das ist ein sehr hübsches Problem«, sagte er. »Habe ich Ihnen je das Lied vorgesungen, das wir in Schweden haben und das ›Nat-og-Dag‹ heißt?«
    »Hupp« , sagte Weinbaum zu seiner eigenen Überraschung in hohem Falsett. »Entschuldigung. Nein. Lassen Sie hören!«
    Der Computer füllte ein ganzes Stockwerk des Sicherheitsgebäudes, seine scheinbar identischen Speicherbänke waren nebeneinander angeordnet und bildeten eine fortgeschrittene pathologische Abwandlung von Peanos ›raumfüllender Kurve‹. Dort, wo im Augenblick vorne war, gab es ein Schaltbrett mit einem großen Bildschirm in der Mitte, an dem Dr. Wald Posten bezogen hatte. Weinbaum blickte ihm stumm, aber besorgt, über die Schulter.
    Der Bildschirm selbst zeigte ein Muster, welches, sah man davon ab, daß es in grünem Licht vor dunkelgrauem Hintergrund abgebildet war, stark der Maserung in einem auf Hochglanz polierten Stück Mahagoni glich. Auf einem kleinen Tisch rechts von Dr. Wald waren Fotografien ähnlicher Muster aufgestapelt; einige waren auf den Boden gefallen.
    »Nun, da ist es«, seufzte Wald schließlich. »Und ich will mich gar nicht erst lange zurückhalten, sondern sage Ihnen frei heraus: ›Hab’ ich ja gleich gesagt.‹ Wozu Sie mich hier veranlaßt haben, Robin, war, etwa die Hälfte der Grundpostulate der Partikelphysik neu zu bestätigen – deshalb hat es auch so lange gedauert, obwohl es das erste Projekt war, das wir in Angriff genommen haben.« Er schaltete den Bildschirm ab. »Es gibt keine Spalten, in denen J. Shelby spielen kann. Das ist jetzt endgültig.«
    Weinbaum nickte säuerlich. »Hören Sie ... besteht denn gar keine Chance, daß Sie sich geirrt haben. Und wenn nicht Sie, Thor, dann eben der Computer? Schließlich ist er so programmiert, daß

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