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Titan 22

Titan 22

Titel: Titan 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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können.
    Und der weißhaarige Ausbildungsoffizier hatte ohne mit der Wimper zu zucken darauf gewartet, daß die Hysterie sich legte, und dann mit ruhiger Stimme geantwortet: »Nein, sie riechen überhaupt nicht. Bloß wenn sie sich nicht waschen. Aber das gilt ja auch für Sie, meine Herren.«
    Das hatte uns zum Schweigen gebracht. Selbst der Junge war rot geworden und wieder auf seinen Stuhl zurückgesunken. Und erst zwanzig Minuten später, als der Unterricht zu Ende war, spürte ich, daß mein Gesicht sich wieder entspannt hatte.
    Das gilt auch für Sie, meine Herren…
    Ich schüttelte mich und schritt auf den Jungen zu.
    »Hallo, Commander«, sagte ich, »schon lange hier?«
    Er grinste gezwungen. »Schon mehr als eine Stunde, Commander. Ich habʹ den Achtfünfzehn vom Arizonastützpunkt genommen. Die meisten anderen schlafen noch den Rausch von gestern abend aus. Ich bin früh zu Bett gegangen. Ich wollte möglichst früh damit anfangen, mich an diese Geschichte zu gewöhnen. Nur scheint es nicht viel zu nützen.«
    »Ich weiß. Es gibt Dinge, an die kann man sich nicht gewöhnen. Und an manche Dinge sollte man sich auch gar nicht gewöhnen können.«
    Er schaute auf meine Brust. »Ich nehme an, das ist nicht Ihr erstes Schleuderkommando?«
    Mein erstes? Eher mein einundzwanzigstes, Junge!
    Aber dann fiel mir ein, daß alle sagen, ich würde für meine Orden noch sehr jung aussehen, und außerdem – schließlich war der Junge recht weiß um die Nase… »Nein, mein erstes nicht. Aber ich hatte noch nie eine Klopsbesatzung. Das ist genauso neu für mich wie für Sie. He, was meinen Sie: Wie wärʹs, wenn wir dieses Tor da gemeinsam stürmten? Dann hätten wir das Schlimmste hinter uns.«
    Der Junge schluckte und nickte heftig. Wir hakten uns unter und marschierten auf den Posten zu. Wir zeigten ihm unsere Einsatzbefehle. Er öffnete uns das Tor und sagte: »Geradeaus. Nehmen Sie einen der Fahrstühle zur Linken und fahren Sie ins fünfzehnte Stockwerk!«
    So gingen wir, immer noch Arm in Arm auf das Hauptgebäude zu, eine lange Treppe hinauf, bis wir unter einem großen Schild in schwarz und rot standen, auf dem wir lasen:
    PROTOPLASMARÜCKGEWINNUNGSZENTRALE 
    DRITTER DISTRIKT
    Ein paar alte Männer, die sich sehr gerade hielten, gingen durch die Halle und eine ganze Anzahl uniformierter, recht gut aussehender Mädchen. Ich stellte erfreut fest, daß die meisten schwanger waren. Der erste angenehme Anblick seit beinahe einer Woche.
    Wir betraten die Liftkabine und sagten zu dem Mädchen: »Fünfzehn.«
    Sie drückte einen Knopf und wartete, bis die Kabine sich füllte. Sie schien nicht schwanger zu sein. Ich hätte wirklich gerne gewußt, was mit ihr los war.
    Meine Phantasie wollte schon mit mir durchgehen, als ich die Schulterstücke der anderen Leute im Lift ansah. Das hätte mich beinahe geschafft. Ein kreisrunder roter Fleck mit den schwarzen Buchstaben: TAF über einem weißen G4. TAF hieß natürlich Terrestrial Armed Forces: alle Etappeneinheiten trugen dieses Symbol, aber warum benutzten sie nicht G1 , Personal? G4 bedeutete doch Nachschub. Nachschub!
    In dieser Hinsicht kann man sich auf TAF verlassen. Tausende von Psychologen, von Spezialisten in jeder erdenklichen Rangstufe zerbrechen sich den Kopf, wie sie die Kampfmoral der Männer an der Front erhalten – aber jedesmal wieder, wenn es wirklich darauf ankommt, dann suchen sie sich den häßlichsten und geschmacklosesten Mann aus.
    Natürlich, sagte ich mir. Man kann nicht einen fünfundzwanzig Jahre lang gnadenlosen interstellaren Krieg führen und dabei jeden Gedanken auf die Goldwaage legen. Aber doch nicht Nachschub, meine Herren! Nicht hier – nicht auf dem Schrottplatz! Wir wollen doch wenigstens den Schein wahren.
    Dann setzte sich die Liftkabine in Bewegung, und das Mädchen rief die einzelnen Stockwerke aus. Das brachte mich auf andere Gedanken.
    »Dritter Stock – Leichenannahme und Klassifizierung.
    Fünfter Stock – Organvorbereitung.
    Siebenter Stock – Gehirnneubildung und Nervenanpassung.
    Neunter Stock – Kosmetik, Elementarreflexe und Muskelkontrolle.«
    An diesem Punkt zwang ich mich, nicht mehr hinzuhören. So wie man es macht, wenn man, sagen wir, auf einem Schweren Kreuzer ist und der hintere Maschinenraum von einem Schuß der Eoti getroffen wird. Wenn man das ein paarmal mitgemacht hat, lernt man es einfach, die Ohren zu schließen und sich zu sagen: »Ich kenne keinen in diesem verdammten Maschinenraum, wirklich

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