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Titan 7

Titan 7

Titel: Titan 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne SF Classics
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sich zu Sheerin, der noch immer am Fenster stand. Der Reporter starrte hinaus auf die bewaldeten Hügel, hinter denen die Turmspitzen von Saro City am Horizont in blutrotes Licht getaucht waren. Er schaute auf Beta und fühlte, wie Spannung und Ungewißheit sich seiner bemächtigten. Die Sonne stand rotglühend am Zenit wie ein böser Zwerg.
    »Sprechen Sie bitte weiter, Sir«, sagte er leise.
    »Die Astronomen tappten jahrelang im dunkeln. Jede der vorgeschlagenen Theorien erwies sich als noch unhaltbarer als die vorausgegangene – bis schließlich Aton den Einfall hatte, sich an die Kultisten zu wenden. Deren Oberhaupt, Sor 5, verfügte über gewisse Daten, die das Problem beträchtlich vereinfachten. Endlich hatte man einen neuen Ansatzpunkt gefunden, und Aton machte sich sofort an die Arbeit.
    Es ergab sich folgender Gesichtspunkt: Angenommen, es gäbe noch einen weiteren nichtleuchtenden Planeten, ähnlich dem unsrigen. Würde er nicht allein durch reflektiertes Licht zum Strahlen gebracht werden? Und wenn er aus bläulichem Gestein bestünde, wie es ja bei unserem Planeten der Fall ist, würde er dann nicht an dem rötlichen Himmel, angestrahlt vom ewigen Licht unserer Sonnen, völlig unsichtbar erscheinen, sozusagen ausgelöscht?«
    Theremon stieß einen Pfiff durch die Zähne aus. »Was für ein verrückter Einfall!«
    »Finden Sie ihn so abwegig? – Dann hören Sie mal gut zu: Nehmen wir einmal an, dieser Himmelskörper bewegt sich um Lagash in genau dem Abstand und genau der Kreisbahn und hätte genau die Masse, daß seine Anziehungskraft exakt die Werte erklären würde, die die Abweichung der Umlaufbahn Lagashs von der Theorie ausmachen – wissen Sie, was das bedeuten würde?«
    Der Reporter schüttelte den Kopf.
    »Ganz einfach: Irgendwann würde dieser Körper einer der Sonnen in die Quere kommen.« Wie zur Unterstreichung seiner Worte leerte Sheerin den Rest der Flasche mit einem Zug.
    »Und ich nehme an, das passiert jetzt«, sagte Theremon.
    »So ist es! Und nur eine Sonne liegt auf der Ebene seiner Umlaufbahn.« Er wies mit dem Daumen auf die zusammengeschrumpfte rote Sonne am Himmel. »Beta. Es ist erwiesen, daß die Sonnenfinsternis nur dann eintritt, wenn sich folgende Konstellation ergibt: Beta muß sich allein in ihrer Hemisphäre befinden und auf dem Aphel ihrer Umlaufbahn sein. Gleichzeitig hat nämlich der Mond sein Perihel, und zwar gesetzmäßig. Die sich daraus ergebende Verdunkelung dauert gut einen halben Tag an, da nämlich der Mond durch seinen geringeren Abstand scheinbar den siebenfachen Durchmesser von Beta besitzt. Die Finsternis bedeckt Lagash völlig – nicht ein Fleckchen entgeht ihr auf unserem Planeten. Und diese Sonnenfinsternis tritt alle zweitausendundneunundvierzig Jahre ein.«
    Theremons Gesicht war zu einer ausdruckslosen Maske erstarrt. »Und das ist nun meine Story?«
    Der Psychologe nickte. »Das ist alles. Zuerst wird die partielle Verdunkelung kommen – etwa in einer Dreiviertelstunde. Bald darauf wird völlige Dunkelheit herrschen – und vielleicht werden auch diese mysteriösen Sterne auftauchen. Und danach… der Wahnsinn und… das Ende unseres Zyklus.«
    Er machte ein nachdenkliches Gesicht. »Wir – ich meine wir vom Observatorium – hatten noch eine Gnadenfrist von zwei Monaten. Aber diese Zeit reichte nicht mehr aus, die Bevölkerung von der drohenden Gefahr zu überzeugen. Vielleicht hätten nicht einmal zwei Jahrhunderte dazu ausgereicht. Aber eines haben wir geschafft: Alle unsere Aufzeichnungen und Daten befinden sich in dem Schutzbunker, und heute werden wir die Sonnenfinsternis fotografieren. Der nächste Zyklus wird sein neues Leben mit der Wahrheit über dieses Phänomen beginnen können, und wenn die nächste Sonnenfinsternis in zweitausendundneunundvierzig Jahren eintritt, wird die Menschheit wenigstens darauf vorbereitet sein. Denken Sie mal ein bißchen über dieses Thema nach. Auch das sollte zu Ihrer Geschichte gehören.«
    Ein schwacher Windzug bewegte die Vorhänge, als Theremon das Fenster öffnete und sich hinauslehnte. Der kühle Wind spielte in seinen Haaren. Er starrte auf seine Hand, die in dem Licht einen rötlichen Ton annahm. Eine plötzliche Auflehnung durchschoß ihn. Er fuhr herum.
    »Was soll denn so Schlimmes an Dunkelheit sein, daß sie ausgerechnet mich in den Wahnsinn treiben könnte!«
    Sheerin lächelte. Er drehte die leere Flasche mechanisch zwischen den Handflächen. »Haben Sie je in Ihrem Leben Dunkelheit

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