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Titan 7

Titan 7

Titel: Titan 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne SF Classics
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geworden. Soweit wir das bis jetzt beurteilen können, ist sie bei ihnen damit zu einem Dauerzustand geworden. Da sehen Sie einmal, was eine Viertelstunde Dunkelheit alles anrichten kann!«
    Langes Schweigen trat ein. Nach einer Weile runzelte Theremon die Stirn. »Ich glaube einfach nicht, daß es so schlimm ist.«
    »Sie wollen es bloß nicht wahrhaben, daß es so ist«, sagte Sheerin bissig. »Sie haben Angst davor, es glauben zu müssen. Schauen Sie aus dem Fenster!«
    Theremon tat wie gewünscht, und der Psychologe redete, ohne eine Pause zu machen, weiter: »Stellen Sie sich vor, alles wäre völlig dunkel – weit und breit kein Licht. Alles, was Sie jetzt noch sehen können – Häuser, Bäume, Felder, die Erde, der Himmel – alles schwarz, pechschwarz! Und jetzt fallen Sterne über Sie her – wie auch immer die aussehen mögen. Können Sie sich das vorstellen?«
    »Jawohl, das kann ich!« erwiderte Theremon trotzig.
    In plötzlich aufflammendem Zorn ließ Sheerin die Faust auf den Tisch krachen. »Sie lügen! Keiner kann das! Auch Sie nicht! Ihr Gehirn ist für eine solche Vorstellung genausowenig konstruiert wie für die Vorstellung der Unbegrenztheit oder der Ewigkeit! Sie können nur darüber sprechen. Schon ein Zipfel der Realität, die von den gewohnten Erfahrungen abweicht, versetzt Sie in Aufregung. Und wenn dann diese Realität voll über Sie hereinbricht, ist Ihre Vorstellungskraft plötzlich mit einem Phänomen konfrontiert, das jenseits ihres Erfassungsvermögens liegt. Sie werden wahnsinnig werden – völlig und unheilbar! Und daran besteht nicht der geringste Zweifel!«
    Und mit trauriger Stimme fügte er hinzu: »Und erneut werden sich zwei Jahrtausende mühevoller Arbeit in Nichts auflösen. Morgen wird es auf ganz Lagash nicht mehr eine einzige Stadt geben, die nicht dem Erdboden gleichgemacht worden ist.«
    Theremons seelisches Gleichgewicht hatte sich inzwischen wieder halbwegs stabilisiert. »Das muß doch nicht unbedingt die Folge sein. Ich sehe noch immer nicht ein, weshalb ich überschnappen soll, nur weil keine Sonne am Himmel steht. Aber selbst wenn ich verrückt würde und alle anderen mit mir, was für einen Schaden würde das denn unseren Städten zufügen? Wir würden sie doch nicht in die Luft jagen!«
    Gereizt antwortete Sheerin: »Wenn Sie im Dunkeln ständen, wonach würden Sie sich am meisten sehnen? Was würden Sie sich mehr als alles auf der Welt herbeiwünschen? Licht, verdammt noch mal, Licht !«
    »Na und?«
    »Und wie würden Sie Licht bekommen?«
    »Keine Ahnung«, sagte Theremon hilflos.
    »Welches ist denn die einzige Möglichkeit, sich Licht zu verschaffen, wenn die Sonnen nicht scheinen?«
    »Woher soll ich das denn wissen?«
    Sie standen ganz nah beieinander, ihre Gesichter berührten sich fast.
    »Sie stecken was in Brand, Mister. Schon mal einen Waldbrand gesehen? Schon mal beim Picknick was über einem offenen Feuer gebraten? Brennendes Holz spendet nämlich nicht nur Wärme, müssen Sie wissen. Es gibt auch Licht von sich. Und das wissen die Leute. Und wenn es dunkel ist, wollen sie Licht, und sie kriegen es auch!«
    »Heißt das, daß sie Holz anzünden?«
    »Das heißt, daß sie das anzünden, was sie gerade in die Finger bekommen. Sie brauchen Licht, und da Holz meistens nicht zur Hand ist, verbrennen sie das, was ihnen gerade in die Quere kommt. Sie werden ihr Licht bekommen – aber gleichzeitig bedeutet das, daß jedes bewohnbare Haus in Flammen aufgehen wird.«
    Sie starrten einander in die Augen, als sei die ganze Angelegenheit eine persönliche Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen, und als sollte der recht behalten, der den stärkeren Willen besäße. Schließlich wandte Theremon wortlos den Blick ab. Sein Atem ging heftig und stoßweise. Zuerst hörte er kaum den plötzlichen Lärm, der durch die geschlossene Tür aus dem angrenzenden Raum drang.
    Sheerin sprach als erster, und es kostete ihn einige Mühe, seiner Stimme einen ruhigen und emotionslosen Klang zu geben. »Ich glaube, das war gerade Yimots Stimme. Anscheinend sind er und Faro zurückgekehrt. Gehen wir hinüber und hören mal, wo sie so lange gesteckt haben.«
    »Meinetwegen«, murmelte Theremon. Er sog tief Luft ein und schüttelte sich, als wollte er seinen Ärger und die Spannung abstreifen.
    Das Nebenzimmer war in Aufruhr. Die Mitglieder des Stabes drängten sich um zwei Männer, die gerade ihre Mäntel auszogen und kaum gegen das auf sie hereinprasselnde Bombardement von Fragen

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