Titanen-Trilogie 01 - Das Erbe der Titanen
grub ihre Zähne in seine Ohrläppchen.
»Häßlich wie der Teufel«, mußte er ihr recht geben und entzog sich ihr.
»Gräßlicher Geschmack«, flüsterte sie, als sie sein Ohr losließ. »Ich liebe dich!«
Sie preßte die Lippen gegen sein Gesicht und küsste ihn wild. »Sos, bring mich in unser Zimmer. Ich möchte spüren, daß man mich braucht!«
Er gehorchte, doch das Ergebnis war nicht ganz harmonisch.
»Du denkst immer noch an sie«, beschuldigte sie ihn. »Auch wenn wir . . .«
»Das ist vorbei«, sagte er. Es klang nicht sehr überzeugend.
»Es ist nicht vorbei! Es hat noch nicht einmal angefangen. Du liebst sie immer noch, und du wirst zurückkehren!«
»Es ist ein Auftrag. Das weißt du.«
»Sie ist nicht der Auftrag. Jetzt wird es bald Zeit für dich, und ich werde dich nie wiedersehen. Und du sagst mir nicht einmal, daß du mich liebst!«
»Ich liebe dich wirklich.«
»Aber nicht so sehr wie sie.«
»Sosa, man kann sie kaum mit dir vergleichen! Du bist ein warmes, wunderbares Mädchen, und ich würde dich mit der Zeit noch viel mehr lieben. Ich kehre in die Welt zurück, möchte aber, daß du meinen Armreif behältst. Wie soll ich dich sonst überzeugen?«
Sie schmiegte sich an ihn. »Ich weiß, Sos. Ich bin eine eifersüchtige Gans, weil ich dich für immer verliere. Wie werde ich es aushalten? Den Rest des Lebens ohne dich . . .«
»Vielleicht schicke ich dir Ersatz.« Als er das aussprach, klang es gar nicht mehr komisch.
Jetzt erhellte sich ihre Miene. »Tun wir es noch einmal. Jede Minute zählt!«
»Halt ein, Weib! So ein Supermann bin ich auch wieder nicht!«
»Doch, das bist du«, sagte sie. Und sie bewies, daß sie recht hatte.
XVIII
Namenlos und waffenlos marschierte er dahin.
Es war Frühling - fast zwei Jahre, nachdem er niedergeschlagen zum Berg gewandert war. Sos war der Vergessenheit anheimgefallen. Der Körper, der heute seinen Geist beherbergte, war ein anderer. Sein Gesicht das Werk eines Labors. Seine Stimme ein Krächzen. Kontaktlinsen aus Plastik machten seine Augen unverwundbar. Seine Haare wuchsen pigmentlos.
Sos gab es nicht mehr. Doch geheime Erinnerungen waren in dem Namenlosen verblieben und ließen sich nicht wegwischen, wenn sie von vertrauten Bildern heraufbeschworen wurden. Er war zwar anonym, aber nicht gefühllos. Beinahe hätte er vergessen, daß er als Vernichtungsinstrument gekommen war, als er so dahinwanderte und dem kleinen Vogel auf seiner Schulter nachtrauerte. Er genoß die Waldpfade und freundlichen Herbergen ebenso wie als junger Schwertkämpfer vor über vier Jahren.
Das lag jetzt ein Leben und einen Tod zurück!
Er blieb neben einem Kampfring stehen - neben dem Ring, in dem Sol, das Schwert, mit Sol, dem Kämpfer aller Waffen, um Name und Waffe gekämpft hatte. Und, wie es sich herausgestellt hatte, um eine Frau! Wie anders sähe die Welt aus, hätte diese Begegnung nie stattgefunden!
Er betrat die Herberge und erkannte sogleich die aus der Unterwelt stammende Einrichtung. Merkwürdig, wie sich sein Wahrnehmungsvermögen verändert hatte! Nie hatte er sich früher ernsthaft gefragt, woher seine Nahrung stammte. Wie die meisten Nomaden hatte er diese Dinge für selbstverständlich angesehen. Wie war diese Naivität nur möglich gewesen?
Er nahm sich von den Vorräten und bereitete sich ein gewaltiges Mahl. Um seinen massiven Körper fit zu halten, mußte er große Mengen vertilgen. Doch war das Essen für ihn kein Vergnügen. Eine seiner Eigenschaften, die unter der künstlichen Steigerung seiner Kraft gelitten hatte, war das Geschmacksvermögen. Er fragte sich, ob die Chirurgen in der Vergangenheit wohl imstande gewesen waren, ihre Wunder zu wirken, ohne dabei Sinnesorgane zu zerstören. Oder hatten Maschinen die Stelle der Krieger eingenommen?
Bei Einbruch der Dämmerung kam ein Mädchen daher. Es war hübsch und jung. Als sie sein bloßes Handgelenk sah, hielt sie sich fern. Herbergen waren schon immer geeignete Plätze für die Jagd nach Armreifen gewesen. Ob die Irren wohl von diesem besonderen Aspekt ihrer Einrichtungen wussten?
Er schlief in einer Koje. Das Mädchen wählte aus Höflichkeit die anschließende. Sie schielte zu ihm hinüber, als sie merkte, daß er doch allein war. Aus seiner Lektüre wusste er, daß sich die Frauen vor dem Weltbrand vor den Männern hüten mußten und in Gegenwart eines Fremden nicht zu schlafen wagten. Falls das stimmte - obwohl das von einer Zivilisation, die höher entwickelt war als die
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