Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen
hätte sich mehr Kämpfer dieser Sorte im Stamm gewünscht. Die Stöcke waren gut für die Disziplin, das Schwert für den Sieg.
Der Stockkämpfer traf seinen Gegner seitlich am Kopf und ließ dem entscheidenden Schlag viele weitere auf Nacken und Schultern folgen. Dabei ließ seine Wachsamkeit nach, und die blanke Klinge traf ihn an der Kehle. Er war sofort tot. Dabei hatte er so vielversprechend ausgesehen. Seine Bewegungen waren flink, sein Ziel sicher. Der Schwertkämpfer war zwar kräftig, hatte aber zunächst sehr viel langsamer gewirkt.
Tyl schloß entsetzt die Augen. Diese Tollkühnheit! Der Aussichtsreichere hatte sich vor Begeisterung hinreißen lassen und war dem anderen buchstäblich in die Klinge gelaufen. Gab es denn noch Hoffnung für diese Generation?
Ein Jüngling war noch übrig – einer der seltenen Morgensternkämpfer. Es bedurfte besonderen Mutes, um sich diese Waffe zu wählen, und dazu einer gewissen Todesverachtung, denn der Morgenstern wirkte verheerend und war dabei eine unsichere Waffe. Tyl hatte ihn bis zuletzt warten lassen, weil er ihn gegen einen erfahrenen Krieger antreten lassen wollte. Damit wurden zwar die Erfolgschancen des Sterns geschmälert, die Überlebenschancen des Gegners aber gesteigert. Wenn er sich gut machte, wollte Tyl ihn nächsten Monat gegen einen leichten Gegner antreten lassen und ihn in den Stammesverband aufnehmen, sobald er Name und Waffenzeichen hatte.
Einer der Ringwachen unterbrach die Veranstaltung. »Fremde, Herr – Mann und Frau. Er ist häßlich wie der Teufel. Sie wohl auch.«
Noch immer verärgert, weil der vielversprechende Stockkämpfer den Tod gefunden hatte, fuhr Tyl den Mann an: »Ist dein Armreif schon so abgenutzt, daß du eine Häßliche nicht deutlich erkennen kannst«
»Sie ist verschleiert.«
Tyls Interesse erwachte. »Welche Frau würde wohl ihr Gesicht verhüllen?«
Der Posten schob die Schultern hoch. »Soll ich sie hierherbringen?«
Tyl nickte.
Kaum war der Mann gegangen, wandte er sich wieder dem Problem des Morgensterns zu. Am besten würde wohl ein alter Stabkämpfer sein, denn ein Morgenstern konnte andere Waffenträger schwer verletzen oder gar töten, auch wenn er von einem Anfänger geführt wurde. Er rief einen Mann herbei, der schon im Ring gegen Morgensternkämpfer angetreten war und gab ihm entsprechende Anweisungen.
Noch ehe der Kampf begann, trafen die Fremden ein. Ja, der Mann war wirklich häßlich. Irgendwie bucklig, dazu verformte Hände und große entfärbte Hautstellen an Gliedern und Leib. Seine gebückte Haltung bewirkte, daß seine Augen unter buschigen Brauen von unten heraufstarrten. Sonderbar und eindrucksvoll wirkte das. Er bewegte sich geschmeidig, ungeachtet seines seltsamen Ganges. Mit seinen Füßen stimmte irgend etwas nicht.
Die Frau war in einen langen Mantel gehüllt, der ihre Gestalt so verbarg wie der Schleier ihr Gesicht. Ihrem Schritt aber sah er an, daß sie weder jung noch dick war. Wenn sie ihm nicht einen Vorwand lieferte, sie auskleiden zu lassen, würde er wohl nicht mehr über sie in Erfahrung bringen.
»Ich bin Tyl, Führer dieses Lagers im Namen des Namenlosen«, sagte er zu dem Mann. »Was führt Euch hierher?«
Der Mann zeigte sein linkes Handgelenk. Es war nackt.
»Ihr seid gekommen, Euch einen Armreif zu verdienen?« Tyl war erstaunt, daß ein so muskelbepackter, narbenbedeckter und furchteinflößender Mann wie dieser hier noch kein Krieger war. Aber ein zweiter Blick, ein Blick auf die beinahe nutzlosen Hände brachte die Aufklärung. Wie hätte er kämpfen können, wenn er keine Waffe anfassen konnte?
Oder war er etwa ein zweiter waffenloser Krieger? Tyl kannte nur einen im ganzen Imperium, der aber war der Waffenlose, der Herr. Tyl selbst war von ihm im Ring besiegt worden.
»Welche Waffe habt Ihr Euch erwählt?« fragte er.
Der Mann faßte in seinen Gürtel und enthüllte zwei, unter den losen Falten seiner Jacke hängende Stockrapiere.
Tyl war erleichtert und enttäuscht. Ein neuer Waffenloser wäre recht interessant gewesen. Dann aber kam ihm eine Idee. »Würdet Ihr gegen den Morgenstern antreten?«
Der Mann nickte, und sagte kein Wort.
Tyl deutete zum Ring. »Morgenstern, hier ist dein Gegner«, rief er. Kaum hatte er den Satz beendet, schien sich die Zuschauerschar verdoppelt zu haben. Dieser Wettkampf versprach interessant zu werden!
Der Morgenstern trat in den Ring und hob die stachelbewehrte Kugel. Der Fremde zog Jacke und Gamaschen aus und stand nun
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