Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen
völlig schlaff. Er rückte sie nun so zurecht, daß ihr Kopf von seinem gestützt wurde. Dann legte er das Ohr an ihren Mund und spürte einen kleinen Luftzug, der bewies, daß sie noch am Leben war. Er besah Kopf und Körper so gut es eben ging – abwechselnd von dem grellen Licht geblendet und ins Dunkel getaucht – und konnte kein Blut an ihr entdecken. Sie lebte und war unversehrt, und falls die Gehirnerschütterung nicht zu schwer war, würde sie rechtzeitig wieder zu sich kommen. Er mußte sie bloß sicher und fest halten, bis die Maschine stehenblieb.
Er veränderte seine Position ein wenig und kauerte sich an den Trichterrand. Vor ihm wirbelten die Bürsten, hellbeleuchtet von der Lichtflut, und aus Düsen strömte Wasser, doch in der Luft lag noch immer Staubgeruch. Etwas Unsichtbares surrte und mahlte im Inneren des etwa metertiefen Trichters, etwas, das ihn an mahlende Zähne erinnerte. Er achtete darauf, nicht mit den Füßen in den Trichter zu geraten, da er mit Sicherheit wußte, daß er hier höchst gefährdet über einem gräßlich Tod kauerte. Wieder verlagerte er Soli, und legte sie quer über seine Schenkel, wobei er ihre Schultern mit der freien Hand stützte und ihre Beine mit seinem Bein. Er wollte verhindern, daß sie in diesen bedrohlichen Schlund geriet.
Seine Muskeln ermüdeten, verkrampften sich, doch er veränderte seine Stellung nicht. Er wußte, daß es bei dieser Geschwindigkeit nicht mehr lange dauern konnte und merkte es am zusammengepreßten Schmutz, wo die Maschine stehenbleiben mußte. Sie reinigte nur bis dahin und aus irgendeinem Grund nicht weiter. Und wenn sie anhielt, konnten sie herunterspringen und waren frei. Sie würden die ersten sein, die diesem grausigen Tunnel entkamen.
Es dauerte eine knappe halbe Stunde, und ein Licht wurde sichtbar, das blasse Oval des Eingangs jenseits der Reichweite des Lichtstrahles der Maschine. Das Fahrzeug kam keuchend zum Stehen, und seine eng zusammengedrängten Passagiere wurden in Dampf gehüllt. Var mußte entdecken, daß seine Füße eingeschlafen waren.
Soli war noch immer bewußtlos. Hilfe war von nirgendwoher zu erhoffen. Veränderte er jetzt seine Lage, dann rutschte er vermutlich samt Soli in den grauenvollen Trichter.
Die Maschine erbebte. Die wassersprühenden Düsen stellten sich ab. Das Mahlwerk zu Vars Füßen stellte die Tätigkeit ein, er sah jetzt, daß seine Ängste begründet waren. Aber jetzt konnte er wenigstens hinuntersteigen auf diese Getriebe, ohne daß ihm die Füße zerquetscht wurden. Damit würde er den Kreislauf in den Beinen wieder in Schwung bringen und konnte Soli hinunterheben.
Das Licht erlosch, und es blieb nur der blasse Schimmer vom Ausgang her. Die Maschine setzte sich ruckartig wieder in Bewegung, diesmal in die andere Richtung. Soli rollte weg, und Var mußte sie fest packen, und bis er sie wieder sicher gelagert hatte, hatten sie schon zuviel Fahrt. Sprang er nun mit seinen kribbelnden Beinen und ihrem Gewicht ab, würden sie sich beide verletzen.
Doch das Mahlwerk blieb ruhig. Für die Rückfahrt war es offenbar nicht eingeschaltet worden, auch die Sprühanlage und der Scheinwerfer nicht. Var bewegte einen Fuß abwärts und ließ sodann Soli hinuntergleiten. Das wiederkehrende Gefühl in den Beinen verursachte ihm zwar Schmerzen, doch nun standen sie sicher und bequem im Trichter und legten so den Rückweg zurück.
Aber warum kam sie nicht zu sich? Er bekam es mit der Angst zu tun. War sie mit dem Kopf allzu unsanft gegen den Scheinwerfer gestoßen und hatte einen Gehirnschaden davongetragen? Er hatte erlebt, daß Krieger, nachdem sie schwere Hiebe auf den Kopf bekommen hatten, daraufhin an geistiger Zerrüttung litten. Falls Soli ähnliches widerfahren war…
Immer weiter fuhr das Reinigungsfahrzeug und kehrte dorthin zurück, woher es gekommen war. Var, der sich völlig hilflos fühlte, hielt Soli fest im Arm und schlief ein.
Helles Licht riß ihn ruckartig aus seinem Schlummer. Die Maschine stand im Freien. Soli lag bewußtlos in seinem Arm.
Die Maschine hielt an, und plötzlich waren Menschen da. Erst waren es Männer mit merkwürdigen Waffen – nein, nein, das mußte Werkzeug sein – und dann große bewaffnete und in Rüstungen steckende Frauen, die ihn und Soli neugierig anstarrten. Manche trugen runde Scheiben aus bearbeitetem Leder, so daß ein Arm behindert und im Kampf nicht zu gebrauchen war.
»Seht euch das an!« rief eine verwundert. »Ein Bartgesicht und ein
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