Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen
Minos ihm reichte.
»Woher kommst du?« fragte der Gott.
Var erklärte ihm die Ring-Kultur.
»Ich habe davon gehört«, sagte Minos. »Aber ich muß gestehen, daß ich es für einen Mythos hielt, eine Erfindung, wenn mir die Bemerkung gestattet ist. Jetzt sehe ich, daß es tatsächlich ein wundervolles Land ist. Warum seid ihr fort, du und das Mädchen?«
Auch das erklärte ihm Var. Die Unterhaltung mit diesem riesenhaften Gegner fiel ihm sehr leicht und nicht nur wegen des Aufschubs, den Soli damit erhielt.
Minos hörte sich geduldig die ganze Geschichte an. Dann sagte er: »Ist es möglich – ich spreche jetzt aus Unwissenheit, mußt du wissen –, daß der Namenlose in Wirklichkeit ihr Vater ist?«
Var saß da und kaute Jungfrauenfleisch, und plötzlich ging ihm ein Licht auf. Der Herr hatte geglaubt, Var hätte seine leibliche Tochter getötet!
»Eine Ironie des Schicksals«, sagte Minos, »falls es der Fall sein sollte. Aber die Lösung ist ganz einfach. Du brauchst sie ihm bei eurer nächsten Begegnung nur zu zeigen.«
»Außer – «
»Leider – «
»Mußt du sie auffressen?« Kaum zu glauben, daß ein so verständiges und zuvorkommendes Wesen in diesem Punkt so unnachgiebig war.
Minos seufzte. »Ich bin ein Gott. Und Götter halten sich nicht an die Konvention der Menschen – so lautet die Definition. Ich wünschte, es wäre anders.«
»Aber sicher hast du genügend Fleisch auf Vorrat, so daß du noch einen Monat auskommst?«
»Nein, habe ich nicht, denn es verdirbt, und ich bin ja kein Leichenfledderer. Ich muß wirklich bald darauf dringen, daß man mir hier ein Kühlsystem einrichtet. Aber das ist nicht das eigentliche Problem, Ich nehme die Opfer nicht nur des Fleisches wegen an.«
Var kaute verständnislos.
»Das Fleisch fällt dabei nur so für mich ab«, sagte Mino. »Ich nehme es, weil es praktisch ist und weil ich Verschwendung hasse. Ich mache das Beste aus der mir vom Tempel aufgezwungenen Lage.«
»Der Tempel verlangt, daß du das tust?«
»Alle Tempel und alle Religionen lassen ihre Götter ähnlich agieren. Das war immer schon so, auch vor dem Brand. Die Priester von Neu Kreta tun so, als dienten sie Minos, dabei dient Minos ihnen. Es handelt sich dabei um eine Methode der Steuerung des Bevölkerungswachstums zum Teil wenigstens, denn die Geburtenrate hängt vom Prozentsatz heiratsfähiger Mädchen innerhalb der Bevölkerung ab. Aber in der Hauptsache ist es ein Mittel, die Macht zu behalten, die andernfalls durch die Strömungen von Politik und Zeit anderswohin getrieben würde. Die einfachen Leute fürchten mich. Ich lauere am Bett eines jeden ungehorsamen Kindes. Ich bringe dem Steuersünder Unglück. Und doch bin ich allein und sterblich. Der Tempel hat mich durch Mutation und Operation hervorgebracht.«
»Wie den Herrn!« rief Var aus.
»Es scheint so. Diesen Mann möchte ich eines Tages gerne kennenlernen. Du hast sicher bemerkt, daß ich mich innerhalb meiner Behausung aufhalte. Sollte ich dem Eingang zu nahe kommen, so würde ich sofort die Herrschaft über mich verlieren. So bin ich angelegt, es liegt mir im Blut, im Gehirn.«
Das kam Var äußerst bemerkenswert vor, aber nicht seltsamer als andere Dinge, die er auf seiner Wanderung gesehen und gehört hatte. »Was passiert, wenn nun ein Irrtum unterläuft und das Opfer nicht rein ist?«
Minos lachte scheußlich und zeigt alle seine Zähne auf einer Seite. »Na, dann begebe ich mich zum Tempel und schlage Krach. Man sagt, daß dann einen Monat lang Unglück folgt.«
Die Audienz war beendet. »Jetzt muß ich mit dir kämpfen«, sagte Var.
»Sicher weißt du, daß ich dich töten würde. Ich hätte eigentlich gedacht, daß du eine romantischere Lösung finden würdest. Mir gefällt es gar nicht, euer beider Blut an den Hörnern zu haben, nicht, nachdem ihr so weit gekommen seid, euch so abgemüht habt und schon so viel Launen des Schicksals habt hinnehmen müssen. Besonders, wenn es sich so leicht vermeiden läßt.«
Var sah ihn verständnislos an. »Sie will nicht mit mir gehen. Nicht ehe sie das Opfer gebracht hat.«
Minos stand auf. »Es gibt Dinge, die ein Gott einem Menschen nicht sagt. Geh jetzt, oder wir werden sicher kämpfen, denn in mir wächst das Verlangen.«
Var zog die Stöcke.
Minos schlug sie ihm mit einer blitzartigen Bewegung aus der Hand. »Geh schon! Mit einem Narren streite ich mich nicht!«
Var merkte, daß der Fall hoffnungslos war. Er nahm seine Stöcke und ging. Diesmal fand er
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