Titanen-Trilogie 03 - Der Sturz der Titanen
dem Stock nicht gegenübertreten. Entsage deiner Rache.«
»Nein!« rief sie und ließ einen Schlagwirbel gegen ihn los.
»Nein!« schrie Neq wie sie. »Es war kein fairer Kampf. Var zögerte mit dem Angriff, gab sich eine Blöße, während er sagte, wir hätten keinen Streitgrund. Und da erschlug ich ihn.«
Tyl wich zurück, enttäuscht von diesen Worten. »Neq, das sieht dir gar nicht ähnlich!«
»Es sieht mir sehr ähnlich! Ich habe schon zuvor Unschuldige erschlagen. Bei Var begriff ich nicht rechtzeitig. Ich hielt es für einen Irrtum oder eine List. Mein Schwert war zur Stelle -«
»Mädchen, gib nach«, sagte Tyl, als wäre sie seine Tochter, die nur ein Spiel trieb.
»Neq, du stellst mich in ein seltsames Licht!« wandte er sich dann an Neq.
»Soll sie ihre Rache haben. Es ist nur fair«, sagte Neq darauf.
»Das kann ich nicht zulassen.«
»Du gibst also zu, daß du einen Wehrlosen erschlagen hast!« flammte Varas Hass von neuem auf.
»Ja. So wie ich andere erschlug.«
»Im Namen der Rache!« rief Tyl, als wäre damit etwas bewiesen.
»Im Namen der Rache!« Neq konnte das nicht mehr hören, so satt hatte er es.
»Im Namen der Rache«, wiederholte Vara. Tränen liefen ihr über die Wangen.
»Aber hättest ihn fair besiegen können«, sagte Tyl. »Und du glaubtest, du hättest damit sie, nämlich Vara, gerächt.«
»Es war ein Missverständnis. Und ich ließ ihm keine Zeit, mir alles zu erklären. Ich habe ihn grundlos getötet, und ich habe das Töten satt, habe das Schwert satt, das ganze Leben.« Neq stand Vara gegenüber und sah sie an. »Komm, Witwe. Schlag zu. Ich werde gegen dich die Waffe nicht erheben.«
»Erhebst du nun gegen ihn die Waffe«, mahnte Tyl sie, »dann machst du dich desselben Verbrechens schuldig, das du rächen willst. Wissentlich!«
»Dennoch!« rief sie.
»Erst versuche ihn zu verstehen - nur dann hast du eine Rechtfertigung. Du musst wissen, was er ist und was für Absichten er hat.«
»Was kann er schon sein, was kann er vorhaben! Nichts kann mir wiedergeben, was er mir geraubt hat!« rief sie.
»Dennoch!«
Da brach sie vollends in Tränen aus. Sie fluchte auf Chinesisch und warf ihre Stöcke zu Boden. Doch sie gab sich geschlagen. Wie Neq.
XIV
»Das soll ich einschmelzen?« rief der Schmied fassungslos aus. »Das ist ein Stahl, nach der Alten-Technologie verfertigt! Mein Schmiedefeuer kann da nichts machen.«
»Dann zerschlag es«, sagte Neq.
»Du verstehst wohl nicht richtig. Nur mit einem Diamantbohrer könnte man bei diesem Metall etwas ausrichten. Ich habe einfach nicht die richtigen Geräte dazu.«
Zweifellos eine Übertreibung, denn diese Waffe war von Helicon hergestellt worden. Aber diese Nordländer waren den
Wundern der Vergangenheit näher als sie Nomaden. Sie hatten Häuser mit Heizung und sogar ein paar noch funktionstüchtige Maschinen. Ihre Achtung vor den Alten war daher viel größer. Neq selbst hegte die größte Achtung vor ihnen, denn er hatte gesehen, was in Helicon alles möglich gewesen war. Vielleicht war dieser Schmied hier bloß abergläubisch. Er wollte jedenfalls nicht recht an die Sache heran.
»Ich muss das Ding loswerden«, sagte Neq. Solange sein Schwert existierte, würde er ein Mörder sein. Wer würde als nächstes fallen - Vara? Tyl? Dr. Jones? Das Schwert musste weg.
Der Schmied schüttelte den Kopf. »Man müsste den Arm am Ellbogen abschneiden. Und das wäre höchstwahrscheinlich dein Tod. Wir haben hier im Ort nicht die geeigneten medizinischen Einrichtungen. Du musst den Mann finden, der dir das Schwert anschmiedete. Der soll es wieder losmachen.«
»Der ist dreitausend Meilen weit weg.«
»Dann musst du dein Schwert noch eine Weile tragen.«
Neq starrte verzweifelt seinen Schwert-Arm an. Die schimmernde Klinge war ihm unerträglich. Solange er sie trug, würde er seine Schuld nicht loswerden.
Er sah sich in der Schmiede um, nicht gewillt, so leicht aufzugeben. An allen Wänden hingen Metalldinge - Hufeisen, Pflugscharen (das war es also, was die Irren aus seinem Schwert hatten machen wollen!), Äxte, Behälter voller Nägel. Lauter Produkte der Kunst des Schmiedes. Der Mann war sichtlich sehr fähig. Gewiss konnte er sehr gut davon leben, hier, wo das ganze Zusammenleben auf Leistung und Gegenleistung beruhte. In einer Ecke hing ein gebogenes Metallstück mit einer Reihe von Plättchen, die an einem Mittelstrang befestigt waren. Neq konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, zu
Weitere Kostenlose Bücher