Titanen-Trilogie 03 - Der Sturz der Titanen
lächelte.
Sie zogen gegen Süden und Osten. Tyl und Neq machten sich auf den Rückweg, weil sie Dr. Jones Bericht erstatten wollten. Und diesen Bericht verkörperte Vara, obwohl sie die ganze Sache ganz anders sah. Sie war aber die einzige, die die nötigen Fragen über die wahre Natur des Untergangs von Helicon beantworten konnte. Und sie war der Meinung, sie wäre nur unterwegs, um ihren Rachedurst an Neq zu stillen. Nein, sie würde nicht dulden, daß er ihr entwischte.
Tyl blieb der wortkarge Schweiger. Und Neq war nicht nach Reden zumute, ebensowenig Vara. Dreitausend Meilen hatten sie vor sich. Das bedeutete einen Fußmarsch von drei bis vier Monaten, wenn sie flott unterwegs waren. Angenehm würde die Wanderung gewiss nicht werden.
Doch sie mussten zusammenhalten, denn die Eingeborenen waren meist feindselig, und die alten Herbergen gab es nicht einmal mehr im Irren-Gebiet. Sie marschierten durch ein Gebiet, das einst Westkanada hieß und wollten sodann eine Reihe von großen Seen im Süden umgehen und dazu die Nordbegrenzung des ärgsten Ödlandes. Tyl besaß eine von den Irren stammende Karte. Dort war eine solche Route eingezeichnet.
Einer musste jeweils auf Nahrungssuche gehen. Einer musste allnächtlich Wache halten. Und einer musste sie sicher durch das Gebiet der Gesetzlosen führen. Erst machte Tyl fast alles allein. Dann aber bot Vara ihm beschämt Hilfe an.
Neq, der kein Schwert mehr besaß, konnte nun weder auf Beutezug gehen noch kämpfen. Er war nun vollständig abhängig von den anderen, und diese neue Situation war ihm schrecklich. Es war sehr sehr schwer, auf eine Waffe zu verzichten, und das nicht nur im Ring! Für ihn blieb nur das nächtliche Wacheschieben - und dabei musste er unbedingt wach bleiben. Und das war nach einer zwölfstündigen Wanderung nicht einfach,
Eines Nachts, als sie an einem Fluss lagerten, tröstete Neq sich, indem er die Spitzen seiner Greifklauen über die Glocken seines Glockenspiels gleiten ließ. Seitdem er aus der Schmiede gegangen war, hatte er damit nicht mehr gespielt. Doch der Ton wollte ihm nun nicht mehr gefallen. Metall auf
Metall störte ihn. Er nahm den kleinen Hammer aus Holz und schlug damit versuchsweise die einzelnen Töne an. Das Gefühl für Musik kehrte wieder. Und bald spielte er ganze Tonleitern und übte, während die anderen schliefen! Er summte vor sich hin und verglich seine Stimme mit den klaren Tönen des Instruments. Ja, sie war in ihm noch vorhanden, die Freude an der Musik.
Schließlich erhob er die Stimme, die während seiner Zeit des Tötens geschlummert hatte und nur emporgestiegen war, als er sein Schwert begrub. Er sang und begleitete sich vorsichtig auf dem Glockenspiel.
Then only say that you 'll be mine
And our love will happy be Down
beside where the water flow
down by the Banks of the Ohio
Er sang das ganze Lied durch, obwohl dies ein anderer Fluss war und seine Stimme, trotz der lobenden Worte des Schmieds höchst unvollkommen war, ein krächzender Schatten dessen, was sie in seiner Blüte gewesen war. Die Begleitung des Instruments verlieh ihm jedoch eine Sicherheit der Stimmführung, die er vorher vermisst hatte, und der Geist dieser Melodie durchdrang ihn mit seltsamer Heftigkeit.
Während des Singens wiegte er sich hin und her und ließ vor seinem geistigen Auge eine Vorstellung entstehen: eine junge Frau, die sich am Fluss ergeht und ihren Freier nicht heiraten mag, der sie mit dem Messer an der Brust bedroht, so daß sie schließlich ertrinken muss. Eine schreckliche Geschichte, doch ein schönes Lied - eines seiner Lieblingslieder, ehe sein Leben dem Lied zu ähnlich geworden war. Tränen waren in seinen Augen und erschwerten das Wachehalten.
»Wie war das mit deiner Frau - hast du sie etwa auch getötet?«
daß sie erwacht war, schreckte ihn nicht weiter. Er hatte gewusst, daß er nicht laut singen konnte, ohne bei ihr Neugier oder Zorn zu erregen. »Ja, das muss ich wohl.«
»Ich frage nur, weil ich fragen muss«, antwortete sie verbittert. »Tyl hat mich zurückgehalten und gewollt, daß ich dich erst näher kennenlerne. Ehe ich dich töte. Ich habe gesehen, daß du keinen Armreif trägst.«
»Sie war eine Irre«, sagte er. Ihm war es gleichgültig, was sie über Neqa denken mochte.
»Eine Irre! Was hast du mit denen zu schaffen?«
»Ich wollte Helicon wieder aufbauen.«
»Du lügst!« rief sie aus und griff nach ihren Stöcken, die sie nach Kriegerart, immer mit sich
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