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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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sonst
fühlen oder hören. Horcht mal!« Wir horchten, und es war tatsächlich kein
Geräusch auszumachen. Ich dachte daran, daß die Schwingungen der Maschinen am
besten in der Badewanne zu spüren sind, wo das Pochen direkt aus dem Boden in
die metallenen Seiten übertragen wird, so kräftig, daß man allgemein nicht
seinen Kopf wohlig auf den Wannenrand legen kann. Also nahm ich die Damen mit
über den Gang zu einem Badezimmer und ließ sie ihre Hände auf den Wannenrand
legen: Sie waren sehr erstaunt, das Schlagen der Maschinen da unten zu spüren
und zu wissen, daß wir vorankamen. Ich verließ sie und kam auf dem Weg zu
meiner Kabine an einigen Stewards vorbei, die unbeteiligt an der Salonwand
lehnten. Einer von ihnen, schon wieder der Bibliotheks-Steward, schrieb etwas
über einem Tisch gebeugt.
     
     
    Es ist keine Übertreibung zu
sagen, daß sie weder eine Ahnung von dem Unfall noch von der Tatsache hatten,
daß wir gestoppt hatten und noch nicht wieder die volle Geschwindigkeit fuhren.
Ihre ganze Erscheinung brachte vollkommene Zuversicht zum Ausdruck, was das
Schiff und die Offiziere anging.
    In meinen
Gang einbiegend (meine Kabine war die erste im Korridor), erblickte ich einen
Mann am anderen Ende, wie er seinen Gürtel schloß. »Gibt’s was Neues?« fragte
er. »Nicht viel«, antwortete ich, »wir fahren langsam voraus, und sie liegt
vorn etwas tiefer, aber ich denke nicht, daß es etwas Ernstes ist.« – »Kommen
Sie herein und schauen Sie sich diesen Mann an«, lachte er, »er will nicht
aufstehen.« Ich sah hinein, und in der oberen Koje lag ein Mann mit dem Rücken
zu mir, bis auf seinen sichtbaren Hinterkopf vollständig eingebettet. »Warum
steht er nicht auf, schläft er noch?« fragte ich. »Nein«, lachte der andere,
sich weiter anziehend, »er sagt…« Aber noch bevor er den Satz zu Ende bringen
konnte, grunzte der von oben: »Ihr bringt mich nicht dazu, ein warmes Bett zu
verlassen, um zu Mitternacht aufs kalte Deck zu gehen. Ich weiß was Besseres.« Wir
beide erklärten ihm, lachend, warum er besser aufstehen sollte, aber er war
sich sicher, daß er auch im Bett geschützt sei und die ganzen Umstände völlig
unnötig seien. So verließ ich sie und ging endlich zu meiner Kabine. Ich zog
zusätzliche Unterwäsche an und setzte mich aufs Sofa, um einige Zeit zu lesen.
Da hörte ich durch die offene Tür das Hin- und Herlaufen von Leuten und eine
laute Stimme von oben: »Alle Passagiere mit angelegten Schwimmwesten an Deck!«
    Ich steckte
die beiden Bücher, die ich las, in die Seitentaschen meines Jacketts, nahm
meine Schwimmweste (merkwürdig genug: ich hatte sie bereits schon einmal aus
der Garderobe herausgenommen, als ich das erste Mal in meine Kabine
zurückkehrte) und meinen Morgenmantel und ging hinauf, während ich meine
Schwimmweste umlegte. Als ich aus meiner Kabine trat, erinnere ich mich, den
Assistenten des Zahlmeisters gesehen zu haben. Er hatte einen Fuß auf die
Treppenstufe gestellt, als wollte er sie ersteigen; so flüsterte er mit
auffällig zurückgelegtem Kopf einem Steward etwas zu. Nicht, daß ich um diese
Zeit dachte, es hätte etwas zu bedeuten, aber ich habe keinen Zweifel, daß er
ihm berichtete, was im Bugbereich passiert war, und ihm Anweisung gab, alle
Passagiere aufzuwecken.
    Als ich mit
anderen Passagieren die Treppe nach oben stieg – niemand rannte oder schien
beunruhigt –, trafen wir auf zwei Damen, die herunterkamen: eine faßte mich am
Arm und sagte: »Oh! Ich habe keine Schwimmweste, würden Sie bitte mit in meine
Kabine kommen und mir suchen helfen?« Ich kehrte also mit ihnen zurück auf das
F-Deck. Die Dame, die mich angesprochen hatte, hielt mich die ganze Zeit über
in festem Griff, sehr zu meiner Freude – und wir trafen einen Steward in ihrem
Gang, der ihnen half, die Schwimmwesten zu finden. Wieder auf dem Weg nach
oben, kam ich am Schalter des Zahlmeisterbüros am F-Deck vorbei und bemerkte
drinnen ein Licht. Auf halber Strecke zum E-Deck hörte ich den kräftigen
metallenen Klang der sich schließenden Safetür, kurz darauf gefolgt von
hastigen Schritten entlang dem Korridor zu den Erste-Klasse-Quartieren. Ich
habe wenig Zweifel daran, daß das der Zahlmeister war, der alles Wertvolle aus
seinem Safe in die Obhut des Zahlmeisters der ersten Klasse überführte, in der
Hoffnung, daß alles zusammen mitgenommen werden würde. Das ist der Grund,
weshalb ich vorhin anführte, daß vielleicht der Umschlag, der meine Wertsachen
enthielt,

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