Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte
den
Bibliotheks-Steward gefragt, wie er seine Erfindung beschreiben sollte) –
sagte: »Nun, ich bin es gewohnt, Entfernungen zu schätzen, und ich taxiere ihn
zwischen 80 und 90 Fuß.« Wir akzeptierten seine Schätzung und stellten
Überlegungen an, was wohl mit der Titanic passiert sein könnte. Der
allgemeine Eindruck war, daß wir den Eisberg vorhin flüchtig an Steuerbord
berührt hätten, und die Schiffsführung hätte in weiser Voraussicht angehalten,
um das Schiff überall gründlich zu untersuchen. »Ich vermute, der Eisberg hat
etwas von ihrer neuen Farbe abgekratzt«, sagte einer, »und der Kapitän möchte
nicht gern weiterfahren, bis sie wieder frisch gestrichen worden ist.« Wir
lachten über seine Einschätzung der Sorge des Kapitäns. Armer Kapitän Smith! –
er wußte schon um diese Zeit nur zu gut, was passiert war.
Einer der
Spieler wies auf das Glas Whiskey neben seinem Ellenbogen, wandte sich an einen
Zuschauer und sagte: »Geh doch mal an Deck und schau nach, ob etwas Eis an Bord
gekommen ist, ich hätte gern etwas davon.« Stellen Sie sich das Gelächter vor,
als wir uns dieses vorstellten, wirklich gut, ehrlich!, denn als er das
aussprach, war das vordere Deck tatsächlich mit übergekommenen Eisbrocken
bedeckt. Als ich sah, daß keine weitere Information dabei herauskam, verließ
ich den Rauchsalon und ging in meine Kabine, wo ich einige Zeit lesend
verbrachte.
Ich bin heute
voller Sorge, daran zu denken, daß ich keinen der Mitreisenden aus dem
Rauchsalon je wiedersah: fast alles junge Männer, voller Hoffnung in ihre
Zukunftsaussichten in der Neuen Welt, meist unverheiratet, eifrig, aufgeweckt,
mit allen Merkmalen eines guten Bürgers.
Dann hörte
ich Leute auf dem Gang laufen, sah hinaus und erkannte einige von ihnen in der
Halle stehend, um sich mit dem Steward zu unterhalten – die meisten von ihnen
Damen in Bademänteln. Andere gingen treppauf, und ich entschied mich, auch
wieder an Deck zu gehen. Da es aber zu kalt war, so zu gehen, zog ich ein
Norfolk-Jackett und Hosen an und ging hinauf. Es waren nun mehr Menschen dort,
die über die Reling schauten und hin und her gingen, einander fragend, warum
wir angehalten hatten, aber ohne eine eindeutige Information zu erhalten. Ich
stand einige Minuten an Deck, hielt mich durch Hin- und Hergehen warm und sah
manchmal hinab auf die See, als gäbe es von dort einen Hinweis für unsere
Verspätung. Das Schiff hatte seinen alten Kurs wiederaufgenommen und bewegte
sich sehr langsam durch das Wasser, mit etwas weißem Schaum auf jeder Seite.
Ich denke, wir waren alle erfreut, dies zu bemerken: es schien besser zu sein,
als stillzuliegen. Nun entschied ich mich, wieder hineinzugehen, und als ich
von Steuerbord nach Backbord wechselte, um durch das Treppenhaus nach unten zu
gehen, sah ich einen Offizier das hintere Rettungsboot – Nummer 16 – an
Backbord ersteigen. Sogleich begann er, die Abdeckung zu entfernen, aber ich
erinnere mich, daß ihm niemand sehr viel Aufmerksamkeit schenkte. Sicherlich
dachte man nicht daran, daß die Rettungsboote bemannt werden sollten, um sich
einzuschiffen. Die ganze Zeit über war nicht eine Spur von Panik oder Hysterie
bei den Passagieren zu bemerken, da es offensichtlich keine Anzeichen für
Gefahr gab.
Als ich die
Tür passierte, um nach unten zu gehen, blickte ich nach vorn und erkannte zu
meiner großen Überraschung eine leichte Schräglage von hinten nach vorn. Nur
eine kleine Abweichung, von der ich annahm, daß sie keiner bemerkt haben dürfte
– die auf jeden Fall kaum zu spüren war. Als ich die Treppe hinabging,
verursachte diese Neigung ein merkwürdiges Gefühl. Nichts schien mehr im Lot zu
sein, als würde man nicht mehr sicher die nächste Stufe erreichen. Natürlich
bilden die Stufen einen anderen Winkel, wenn die Treppe nach vorn geneigt ist,
und man hat das Gefühl, nach vorn zu fallen. Ich konnte keine sichtbare
Veränderung der Treppe erkennen, es war nur die Wahrnehmung des
Gleichgewichtssinns um diese Zeit.
Auf dem
D-Deck waren drei Frauen, die auf dem Gang vor ihrer Kabine standen – ich denke
mir, sie wurden alle gerettet, und es ist eine gute Sache, sich an Begegnungen
zu erinnern, die Menschen betreffen, die gerettet wurden, nachdem wir so viel
erfahren haben von Leuten, die es nicht schafften. »Oh, warum liegen wir fest?«
sagten sie. »Wir haben angehalten«, antwortete ich, »aber jetzt fahren wir
weiter.« – »Oh, nein«, sagte eine, »ich kann die Maschinen nicht wie
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