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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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sich nicht im Safe auf dem Meeresgrund befindet, sondern
wahrscheinlich gebündelt zusammen mit anderen wasserdurchtränkt ganz unten liegt.
    Als ich das
obere Deck erreichte, waren dort schon viele Leute versammelt. Einige waren
vollständig mit Mantel und Schal angekleidet, gut gerüstet für alle Dinge, die
da kommen könnten. Andere hatten nur hastig ein Tuch umgeschlungen, als sie die
Aufforderung erreichte, sich mit Schwimmwesten zu versorgen, und waren nicht in
sehr guter Verfassung, der kalten Nacht zu widerstehen. Glücklicherweise gab es
keinen Wind, der die Kälte durch unsere Kleidung blies. Auch die Luftbewegung,
verursacht durch die Schiffsgeschwindigkeit, war endlich verschwunden, denn die
Maschinen waren wieder angehalten worden, und die Titanic lag friedlich
auf der Wasseroberfläche. Bewegungslos, ruhig, nicht mal den Schwingungen der
Dünung folgend: Tatsächlich war, wie wir jetzt erkannten, die See so ruhig wie
ein Binnengewässer, bis auf die kleinen Wellen, die keine Bewegung für ein
Schiff von den Ausmaßen der Titanic erzeugten. An Deck zu stehen, so
hoch über dem Wasser, das träge an ihre Seiten schwappte, und in die Ferne zu blicken,
allerdings durch die Dunkelheit eingeschränkt, das alles gab einem ein Gefühl
der wunderbaren Sicherheit, als würde man auf einem großen Felsen mitten im
Ozean stehen. Aber für einen Betrachter, der sich jetzt an Deck aufhält, gibt
es nun mehr Anzeichen für die sich anbahnende Katastrophe. Da ist das Gebrüll
des ausströmenden Dampfes der Kessel, das aus den Dampfrohren
[Überdruckventilen] hoch oben von den Schornsteinen kommt: ein eindringlicher,
tiefer Ton, der Unterhaltungen schwierig machte und wegen des Lärms ohne
Zweifel die Furcht mancher Menschen erheblich verstärkte. Wenn man sich
vorstellt, daß zwanzig Lokomotiven ihren Dampf in einer niedrigen Halle
ablassen, dann gibt das eine Vorstellung davon, welch ungemütlicher Klang uns
erwartete, als wir auf das Oberdeck traten. Aber trotzdem war es ein uns allen
bekanntes Phänomen, Dampfmaschinen lassen Dampf ab, wenn sie zum Beispiel im
Bahnhof stehen, und warum sollte nicht ein Schiff das gleiche tun dürfen, wenn
es nicht fährt? Ich habe nie gehört, daß jemand diesen Krach mit einer
Kesselexplosion in Verbindung bringt, für den Fall, daß das Schiff mit den
unter Druck stehenden Kesseln sinkt, was ohne Zweifel eine zutreffende
Erklärung für diese Vorsichtsmaßnahme gewesen wäre. Aber das ist eine Spekulation,
einige Leute könnten es vielleicht gewußt haben; doch um diese Zeit, als wir an
Deck kamen bis Boot Nummer 13 abfuhr, hörte ich nur wenige Unterhaltungen
irgendwelcher Art zwischen den Passagieren. Es ist nicht die geringste
Übertreibung zu sagen, daß bei niemandem Beunruhigung zum Ausdruck kam, keine
Schreie der Furcht und kein Hin- und Hergerenne, um zu entdecken, was der Grund
dafür war, daß wir mit Schwimmwesten an Deck versammelt waren, und was jetzt
mit uns geschehen sollte. Wir standen ruhig zusammen und beobachteten die
Arbeit der Mannschaft, wie sie die Rettungsboote vorbereiteten, wobei niemand
es wagte, sie zu unterbrechen oder ihnen zu helfen. Es war klar, daß wir da
nichts zu suchen hatten, und so wartete die Gruppe von Männern und Frauen
geduldig an Deck, oder sie gingen langsam auf und ab, weitere Anweisungen der
Offiziere erwartend.
    Nun, bevor
wir die folgenden Ereignisse in Betracht ziehen, den Stand der Dinge für die
Passagiere erwägen und uns die Motive ansehen, die jeden einzelnen unter diesen
Umständen bewegt haben, dieses oder jenes zu tun, ist es notwendig, sich in
Gedanken die Summe von Informationen zu vergegenwärtigen, die wir zur Verfügung
hatten. Männer und Frauen handeln nach Gesetzen, die sich aus den Bedingungen
um sie herum ergeben, und die beste Art, sich unverständliche Dinge
klarzumachen, ist, sich vorzustellen wie man in dieser Nacht selbst an Deck
steht. Es scheint für einige Leute unerklärlich zu sein, daß es Frauen gegeben
hat, die sich weigerten, das Schiff zu verlassen, daß sogar einige Personen in
ihre Kabinen zurückkehrten; aber so ist es nun einmal gewesen. Zunächst einmal
muß der Leser, der mit uns an Deck steht, sich von dem Wissen freimachen, daß
die Titanic sinken wird – eine unabdingbare Voraussetzung, weil er nicht
die Bedingungen richtig bewerten kann, wenn er im Hintergrund seiner Gedanken
die Erkenntnis über die größte maritime Tragödie der Welt mit sich herumträgt.
Er muß Abschied nehmen von

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