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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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jeder Art von Vorahnung des Desasters, wenn er das
Verhalten der Leute würdigen will. Außerdem sollte er sich besser von allen
Bildern freimachen, seien es die seiner eigenen Phantasie oder die durch fremde
Künstler eingebrachten, bildlich oder verbal »vervollständigt in Einzelheiten«.
Einige sind höchst ungenau (meist die Wortgebilde), und wo sie falsch sind,
betonen sie die dramatische Seite. Sie brauchten es nicht zu sein, die ganzen
Umstände waren in ihrer ganzen Einfachheit dramatisch genug, ohne jede blühende
Übertreibung. Nach dieser mentalen Reduzierung wird sich der Leser als einer
derjenigen in der Gruppe wiederfinden, die mit folgenden Bedingungen
konfrontiert ist: eine vollständige Stille, brillantes Sternengefunkel, aber
ohne Mond, und so mit wenig brauchbarem Licht; ein Schiff, das zur Ruhe
gekommen war ohne irgendwelche Anzeichen eines Unglücks – kein Eisberg
erkennbar, kein Loch im Rumpf, durch das Wasser eindringt, nichts zerbrochen
oder nicht an seinem Platz, keine Alarmmeldung, keine Panik, keine Bewegung
außer dem eigenen Schritt. Das mangelnde Wissen über die Art des Unfalls, den
Umfang der Zerstörung, die Gefahr des Sinkens des Schiffes in ein paar Stunden,
die Anzahl der verfügbaren Boote, Flöße oder anderer Rettungsmittel und ihre
Kapazität, ob andere Schiffe in der Nähe oder zur Hilfe unterwegs sind –
tatsächlich, ein vollständiges Fehlen jeglicher Art von gesicherten
Informationen über irgendeinen dieser Punkte. Ich denke, daß es das Ergebnis
der wohlüberlegten Entscheidungen der Offiziere und vielleicht das Beste war,
das sie tun konnten. Einige Einzelheiten zur Erinnerung für den Leser: Das
Schiff war eine sechstel Meile lang, mit Passagieren, die auf jeder Seite drei
offene Decks bevölkerten, und er wird einen Eindruck von der Schwierigkeit
gewinnen, der sich die Offiziere gegenübersahen, ein so großes Gebiet zu
kontrollieren, und sich über die Unmöglichkeit klarwerden, daß irgendeiner
wissen müßte, was passiert ist, außer jenem, welches sich in seiner
unmittelbaren Umgebung abspielte. Vielleicht kann die ganze Situation am besten
dadurch gekennzeichnet werden, daß es uns nicht gewundert hätte zu hören, wenn
alle Passagiere gerettet worden wären, nachdem wir eingebootet und von der Titanic weggerudert waren. Es war dann wie ein Donnerschlag für uns, als wir die
Schreie der hinabgerissenen Menschen hörten, als die Titanic ihr letztes
Grab fand. Ich gebe zu, daß die Erfahrungen einiger Geretteter zu diesem Punkt
voneinander abweichen können: einige hatten gesichertes Wissen, einige waren
erfahrene Reisende und Seeleute und erkannten deshalb schneller, was vor sich
ging; aber ich denke, das vorhin Beschriebene gibt ausreichend genau wieder,
was den Stand der allgemeinen Gedanken der Menschen an Deck in dieser Nacht
betrifft. Die ganze Zeit über kamen Leute die Treppen herauf und vergrößerten
die Menschenmenge an Deck. Ich erinnere mich, daß ich daran dachte, daß es gut
gewesen wäre, in meine Kabine zurückzukehren und einiges Geld sicherzustellen
sowie warme Bekleidung für den Fall zu holen, daß wir die Rettungsboote
benutzen sollten. Aber als ich die heraufkommenden Leute durch das
Treppenhausfenster bemerkte, stellte ich mir die mögliche Verwirrung vor, wenn
ich diesen auf der Treppe begegnen sollte, und entschied mich, an Deck zu
bleiben. Ich war nun auf dem Bootsdeck auf der Steuerbordseite, die Zeit etwa
00.20 Uhr. Wir schauten der Besatzung zu, wie sie an den Rettungsbooten der
Nummern 9. 11, 13 und 15 arbeiteten; einige, die die Ruderriemen klarmachten,
einige, die Seile an Deck auslegten – jene Taue, die durch die Seilscheiben
laufen, um die Boote herabzulassen –, andere mit Kurbeln ausgerüstet für die
Auslegerarme der Bootsdavits. Während wir so zusahen, wurden die Ausleger
gedreht und die Davits ausgeschwungen, so daß die Boote einwandfrei auf der
Höhe des Decks hingen. Gerade jetzt kam ein Offizier vom Erste-Klasse-Deck und
rief durch den Lärm des austretenden Dampfes: »Alle Frauen und Kinder gehen auf
das Promenadendeck, und alle Männer treten von den Booten zurück.« Er war bei
der Kollision augenscheinlich nicht im Dienst gewesen und nur leicht mit einem
hastig um den Nacken gewickelten weißen Halstuch bekleidet. Die Männer traten
zurück, und die Frauen gingen hinunter, um vom nächsten Deck aus die Boote zu
besteigen. Zwei Frauen protestierten zunächst gegen das Getrenntwerden von
ihren Ehemännern, aber

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