TITANIC-WORLD
auch laut werden.“
Cecilia sah ihre Assistentin aufmerksam an. Claire bemühte sich, eine Brücke zu bauen; jetzt lag es an ihr, sie zu beschreiten. Sie besann sich kurz, holte einmal tief Luft und sagte an Craig gewandt: „Vergiss, was ich vorhin gesagt hab‘. Claire hat Recht. Bei derart impertinenten Leuten platzt mir auch der Kragen. – Also, noch Mal von vorne: Mrs. Keegan hat ihren Mann also vor sechs Wochen verlassen und lebt seit dem in Southampton bei ihrer Schwester. Wie geht’s weiter?“
Eine Weile sah es so aus, als wolle er die Hand, die sie ihm symbolisch zum Waffenstillstand reichte, nicht ergreifen. Letztendlich raffte er sich aber doch auf und sprach mit unterdrückter Wut weiter: „Kannst du dir das nicht denken, Cissy? Der Typ hat nicht im Traum daran gedacht, sich von seiner Alten so einfach abservieren zu lassen. Der ist schon drei Mal hier in Southampton aufgekreuzt und hat sie und den Jungen bedroht. Vor genau einer Woche war er wieder da und die Schwester hat die Polizei rufen müssen, weil er handgreiflich wurde.“ Craig unterbrach sich und trank einen großen Schluck, direkt aus der Flasche. Doch bevor er weiterreden konnte, klopfte es und Sergeant Hays steckte den Kopf durch die Tür.
„Der Inspektor ist mit der Befragung fertig. – Äh, Mrs. Keegan lässt fragen, ob der Zahlmeister Bescheid wüsste, dass er ihr den, hm, gesamten Eintrittspreis zurückerstatten soll?“ Er sah verlegen in die Runde. Cecilia reagierte rasch, bevor Craig es tun konnte. Sie bat Claire, sich der Sache anzunehmen und den Damen außerdem ein Taxi – auf Firmenkosten – zu besorgen. Craig grinste sie zynisch an undwollte gerade einen Kommentar abgeben, als es erneut klopfte und Inspektor Parker eintrat. Er sah mitgenommen und gleichzeitig aufgebracht aus, aber Cecilia verbiss sich die Frage, die ihr auf der Zunge lag. Stattdessen bot sie ihm einen Drink an, der dankend angenommen wurde. Sie bemerkte, dass Craig den Inspektor mit zusammen gekniffenen Augen musterte und die Spannung im Raum verdichtete sich. Ob Parker die aggressive Haltung ihres Kollegen wahrnahm, konnte sie nicht erkennen. Doch bevor Craig – der mittlerweile einen Grad der Trunkenheit erreicht hatte, in dem er streitlustig wurde – wegen Beamtenbeleidigung eine Nacht im Gefängnis verbringen musste, ergriff Cecilia das Wort. „Mr. Forrester und ich sprachen gerade darüber, dass der Vater des verschwundenen Jungen, sozusagen der Hauptverdächtige ist. Geht das mit Ihrer Annahme konform, Inspektor, oder hat die Befragung der Mutter andere Anhaltspunkte ergeben?“
Parker schüttelte zögerlich den Kopf. „Zurzeit sieht es so aus, als wäre der Vater unser Mann. Die Fahndung läuft auf Hochtouren – wenn er hier war, kommt er nicht weit.“
„Ich hoffe, dass dieser dickarschigen Kuh gleichfalls eine Anklage wegen Verletzung der Aufsichtspflicht droht, Inspektor. Hätte die nämlich besser auf ihren Sohnemann aufgepasst, hätten wir jetzt nicht den nächsten Schlamassel am Hals.“
„Ob Mrs. Keegan ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ist und dadurch eine gewisse Mitschuld an der Entführung ihres Sohnes trägt, wird der Richter zu entscheiden haben, Mr. Forrester“, gab Parker bewusst kühl zur Antwort und sah ihm fest in die Augen. Alarmiert warf Cecilia rasch ein: „Was ist mit der Überwachungskamera, Inspektor Parker? Oder eventuellen Zeugenaussagen?“
Jonathan wandte ihr langsam den Blick zu und antwortete: „Darüber wollte ich eigentlich mit Ihnen sprechen.“ Etwas in seinem Tonfall ließ sie aufhorchen und da fuhr er auch schon fort: „Bei den bisherigen Vorfällen hatten wir immer nur die Aussage des oder der direkt Betroffenen; keine konkreten Bestätigungen durch Zeugen, kein Video-Beweis.“ Er räusperte sich. „Diese Mal ist es anders; auf der Überwachungs-CD sieht man deutlich, dass der Junge mit einem Mann spricht. Allerdings …“
„Was soll denn dieser Mist schon wieder“, unterbrach Craig ihn wütend. „Selbstverständlich hat der Vater mit dem Jungen gesprochen, bevor er ihn mitgenommen hat – und natürlich sieht man ihn! Umhänge, die unsichtbar machen, gibt es nur in Romanen, Inspektor!“
Parker maß den Titanic-Historiker sekundenlang mit hochgezogenen Augenbrauen. Dann, als hätte es keine Unterbrechung gegeben, sprach er weiter: „Allerdings haben weder die Besucher der Hall of Silence , noch das Wachpersonal einen Mann erwähnt, der Kontakt mit dem kleinen Andy
Weitere Kostenlose Bücher