TITANIC-WORLD
dass auch Tiere Psi wahrnehmen können. In einen Raum, in dem es spuken sollte, wurden nacheinander ein Hund, eine Schlange und eine Ratte gesperrt. Während die Ratte nicht die geringste Reaktion zeigte, ging die Schlange vor einer Zimmerecke in Hab-Acht-Stellung. Der Hund bellte diese Ecke zuerst wie verrückt an, bevor er sich letztendlich winselnd verkroch. Dr. Kirby entnimmt daraus, dass bestimmte Tierarten übernatürliche Phänomene wohl wahrnehmen können, sie aber als Bedrohung empfinden. Schon aus diesem Grund allein bleibt er skeptisch, ob die Geschichte mit dem Hund stimmt. – Generell gab er zu bedenken, dass der Mensch ein sehr komplexes, physikalisches Wesen ist und rein wissenschaftlich betrachtet, ist es unmöglich, sich einfach in Luft aufzulösen.“
„Also, glaubt Dr. Kirby in diesem Fall nicht an ein paranormales Ereignis, sondern er geht davon aus, dass der Junge, von einem Menschen aus Fleisch und Blut entführt wurde!?“
„Jein.“ Mit einem Grinsen, das gut zu dem ironischen Tonfall passte, sagte Cecilia abschließend: „Kurz bevor Dr. Kirby auflegte, riet er uns noch, dass, falls sich derVater des Jungen nicht als Täter entpuppen würde, wir den Laden hier schleunigst dicht machen sollten!“
Es war schon nach einundzwanzig Uhr desselben Tages, als Jon an Cecilias Türe im Wynn Road Guest House klopfte. Am Nachmittag hatte die Polizei den Vater des verschwundenen Jungen aufgespürt; auf der Northam Road , nur ein paar Häuser von der Wohnung seiner Schwägerin entfernt. Die Northam Road war eine Sackgasse; je weiter man hinunter ging, je schäbiger wurden die Häuser. Die letzten fünf, gleich bei dem Wendehammer, standen schon seit Jahren leer. In einem davon hatte sich James Keegan seit zwei Wochen versteckt gehalten. Es war der Aufmerksamkeit des Wirtes vom King Alfred Pub – dem einzigen Pub auf der Northam Road – zu verdanken, dass James Keegan festgenommen werden konnte. Da seine Gäste kaum vor dem Abend kamen, um ihr Feierabend-Bier zu trinken und Touristen sich äußerst selten in diese Gegend verirrten, hatte Elmer Green von Mittag bis Spätnachmittag, kaum etwas zu tun. In dieser Zeit pflegte er seine nachbarschaftlichen Beziehungen zu den wenigen Ladeninhabern der Straße. Ein paar Häuser weiter gab es einen kleinen Süßwarenladen, mit dem passenden Namen Sweet Little Shop . Betsy, die Besitzerin, war eine gute Freundin von Elmer. Mrs. Keegans Einzug bei ihrer Schwester vor einigen Wochen hatte für wenig Aufsehen gesorgt. Die Menschen, die hier lebten waren es gewohnt, dass hin und wieder Verwandte auftauchten, weil sie die Miete nicht zahlen konnten oder einfach mal die Tapeten wechseln mussten. Dass Mrs. Keegan sich aber augenscheinlich lieber vor dem Fernseher oder mit diversen Freunden ihres Schwagers vergnügte, anstatt auf ihren kleinen Sohn aufzupassen, erregte hingegen schnell Missfallen. Andy spielte von Morgens bis Abends alleine auf der Straße. Nie rief ihn seine Mutter zum Essen; niemals vergewisserte sie sich, ob er noch vor dem Haus spielte. Manchmal schenkten ihm die Freunde seines Onkels Geld, das er dann sofort in den Süßwarenladen trug. Betsy und Elmer tat der Kleine von Herzen Leid; aber was konnten sie schon groß tun?
Die Versuche des Vaters, Kontakt zu Frau und Kind aufzunehmen hatten beide natürlich mit verfolgen können. Dass Ehepaar Keegan schien wenig Wert auf Diskretion zu legen und jeder Wortwechsel hatte lautstark auf der Straße statt gefunden. Weder Elmer noch Betsy waren zart besaitet, aber beide konnten ihre Erleichterung nicht verbergen, als Mrs. Keegans Schwester, beim dritten öffentlichen Auftritt in Sachen, Keegan gegen Keegan, die Polizei rief. Dass sich der Vater des kleinen Andy nach seiner Festnahme in der Northam Road nicht wieder blicken ließ, machte Elmer gleich stutzig. James Keegan schien ihm kein Mann zu sein, den selbst die Polizei so einfach abschrecken konnte. Als dann der kleine Andy entführt wurde, fühlte er sich in seiner Annahme bestätigt. Allerdings vermutete er, dass Vater und Sohn die Stadt, wenn nicht gar das Land, sofort verlassen hatten.
Am heutigen Dienstag hatte Elmer, wie gewohnt, gegen zwei Uhr sein Pub geöffnet. Er war gerade dabei gewesen, die Tische abzuwischen, da sah er James Keegan, mit einem Brot und einer Zeitung unter dem Arm, sich immer wieder verstohlen umsehend, über die Northam Road schleichen und in einem besonders verfallenenHaus, ganz am Ende der Straße, verschwinden.
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