Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TITANIC-WORLD

TITANIC-WORLD

Titel: TITANIC-WORLD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Aust-Jones
Vom Netzwerk:
Außer ihm schien niemand etwas bemerkt zu haben. Die meisten seiner Nachbarn waren tagsüber nicht zu Hause und die Ladenbesitzer machten zwischen eins und drei Mittagspause. Flüchtig überlegte er, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und dem Dreckskerl, der seinen eigenen kleinen Jungen gefangen hielt, eins über den Schädel zu geben. Sein Alter bedenkend – er war immerhin schon dreiundsechzig – entschied er sich letztendlich dagegen und rief die Polizei. Um genau zwanzig nach zwei Uhr wurde James Keegan festgenommen; trotz gründlicher Durchsuchung des Hauses und zwei angrenzender Gebäude, blieb der kleine Andy verschwunden.
    Nach dem er den verhafteten James Keegan einem eingehenden Verhör unterzogen hatte, saß Jonathan jetzt auf Cecilias Couch und trank eine Tasse Tee. Er hatte Schuhe und Jackett ausgezogen, die Krawatte abgenommen und die oberen Hemdknöpfe geöffnet. Mit einem Teller, auf dem sich Schinken- und Käse Sandwiches stapelten, setzte sich Cecilia zu ihm. Erwartungsvoll sah sie an. Jon nahm ein Brot, biss hungrig hinein und sagte kauend: „Manchmal glaube ich, dass es wesentlich mehr dumme, als intelligente Menschen gibt.“ Er verdrehte die Augen und fuhr kopfschüttelnd fort: „James Keegan ist doof wie Bohnenstroh. Die einfachsten Sätze kriegt der ohne mindestens drei, äh, äh, oder äh, hm, nicht auf die Reihe. Außerdem hat er ein hohes Aggressionspotential. Der flippt bei der kleinsten Kleinigkeit sofort aus.“ Jon trank einen Schluck Tee und nahm sich ein Käsesandwich. Schluckend und kauend fuhr er fort: „Natürlich beteuerte er vehement seine Unschuld. Sein Versteckspiel in dem verfallenen Haus erklärte er damit, dass er abwarten wollte, bis seine Frau sich wieder beruhigt hatte. Anscheinend hat sie ihn in der Vergangenheit schon des Öfteren verlassen, war aber nach einer Weile immer wieder zu ihm zurück gekehrt. Ob er diesbezüglich die Wahrheit sagt, werden die Kollegen in seiner Heimatstadt, Bradford, morgen früh überprüfen. Denn natürlich könnte er sich auch heimlich auf der Northam Road eingenistet haben, um einen günstigen Zeitpunkt, den Jungen in seine Gewalt zu bringen, abzupassen. Aber, ehrlich gesagt, ich bezweifle es. – Wir haben das Haus, in dem er sich versteckt gehalten hat, und zwei benachbarte Gebäude von oben bis unten sorgfältig durchkämmt. Nirgendwo fand sich auch nur der Fitzel eines Beweises, dass Andy jemals dagewesen war oder ein Hinweis auf seinen jetzigen Aufenthaltsort. Für den vergangenen Samstag hat Keegan kein Alibi und so lange wir nicht hundert Prozent ausschließen können, dass er nicht doch was mit der Sache zu tun hat, bleibt er in U-Haft.“
    „Jon, du glaubst doch nicht ernsthaft, dass er es war?“ Cecilia sah den Inspektor fragend mit hoch gezogenen Augenbrauen an. Der schüttelte langsam den Kopf und antwortete: „Nein. Aber ich verschaffe dir sozusagen etwas Zeit, dich auf den Eklat in der Öffentlichkeit vorzubereiten, der unweigerlich kommen muss, wenn sich herausstellt, dass es doch die Geister der TITANIC waren, die den Jungen entführt haben.“
    Cecilia sah ihren Freund unglücklich an. Schließlich meinte aufseufzend: „Das ist nett angedacht. Dennoch … diesen Skandal kann die TITANIC-WORLD nicht überstehen – damit sind wir erledigt.“
    Eine Weile tranken sie schweigend ihren Tee. Jon aß geisteabwesend ein Sandwich nach dem anderen, während Cecilia nur an einem einzigen Schinkenbrot knabberte. Es hatte keinen Zweck sich etwas vormachen zu wollen; diese Schlagzeilen würden der Erlebniswelt endgültig das Genick brechen. Ärgerlich überlegte sie, dass die Schuld an dem neuerlichen Unglück, allein Craig und Nathan trugen. Der Zorn der Öffentlichkeit würde sie aber trotzdem genauso treffen. Mitgefangen, mitgehangen, zitierte sie erbost in Gedanken das alte Sprichwort und zündete sich eine Zigarette an. Sie war wütend auf Nathan und auf Craig, da sich beide trotz besseren Wissens dagegen entschieden hatten, die TITANIC-WORLD vorübergehend zu schließen. Dabei kam es ihr in den Sinn, dass diese Weigerung den Anfang vom Ende der Erlebniswelt eingeläutet haben könnte. Wer schon – außer ein paar Freaks vielleicht – würde der TITANIC-WORLD zukünftig noch einen Besuch abstatten wollen, wenn die Gefahr bestand, Leib und Leben zu riskieren!? Himmel, Arsch und Zwirn, dachte sie zornig. Und alles nur, weil Nathan die gesamte westliche Hemisphäre unbedingt am 28. Mai beglücken will!
    Cecilia

Weitere Kostenlose Bücher