TITANIC-WORLD
aufsperren würdest, müsstest du nicht schon wieder fragen! Zum letzten Mal! Ich hab‘ keinen Bock mir anzusehen, wie fünfzehnhundert Menschen elendig absaufen! Mann! Kapier’s endlich!“
„Hört auf!“ Fiona trat zwischen die beiden und sagte vermittelnd: „Leute, es bringt doch gar nichts, wenn wir streiten.“ Sie sah aufmerksam von einem zum anderen. „Wenn ihr zwei nicht mit kommen wollt, dann gehen Gareth und ich eben alleine. Nach der Vorstellung können wir uns ja im Rauchsalon treffen und …“
„Nein! Ihr dürft da auf keinen Fall hin!“ Gemma sah ihre Freundin mit so angsterfüllten Augen an, dass Fiona ein Schauder über den Rücken kroch. Doch bevor sie reagieren konnte, sprudelte alles aus Gemma heraus – die schlechten Träume, das hartnäckige Gefühl, sie alle schweben in Lebensgefahr und die eisige, klamme Kälte, die sie so feindselig umgab. Mit panischer Stimme fügte sie Ians fast schon prophetische Vorahnung hinzu und endete verzweifelt: „Ihr müsst mir glauben, bitte. Ihr dürft da nicht rein! Wenn ihr geht, seid ihr verloren!“
„Hey, jetzt beruhige dich doch.“ Fiona sah fassungslos in Gemmas tränennasses Gesicht. Derart ängstlich hatte sie ihre Freundin noch nie erlebt. Das ist wirklich seltsam, dachte Fiona unbehaglich und betrachtete sie verstohlen. Gemma weinte nach ihrem Ausbruch nicht mehr, aber sie hielt Ian umklammert und sah niemanden an. Gareth hingegen musterte die Beiden mit ärgerlichen Blicken, denn er verstand die Welt nicht mehr. Wenn Liebe in vierundzwanzig Stunden aus ‘nem Mann ‘ne Maus macht, dann erwischt’s mich hoffentlich nie, überlegte er wütend und verdrehte innerlich die Augen. Was, zur Hölle, ist bloß passiert? Ian wollte unbedingt in Death of the Titan und ich hab‘ ihn wochenlang bearbeiten müssen, damit er seine Meinung ändert! Jetzt bekommt er seinen Wunsch quasi auf ‘nem Silbertablett serviert und was macht er? Er zieht den Schwanz ein, weil seine Chica Schiss hat! Gareth vergrub die Hände in den Hosentaschen und räusperte sich. Bemüht seine Wut, aber mehr noch seine Enttäuschung zu verbergen, sagte er: „Hört zu, Leute. Wir sind alle über achtzehn und damit frei, eigene Entscheidungen zu treffen. Wenn ihr das Angebot nicht annehmen wollt, bitte schön, das ist eure Sache. Aber ich will verdammt sein, wenn ich mich von ein paar blöden Träumen ins Bockshorn jagen lasse! Sorry, Gem – Fionas Vorschlag war gut; wir geh’n rein, ihr bleibt draußen!“
Mit diesen Worten nickte er seinem Cousin zu und wollte sich gehen. Da legte ihm Fiona eine Hand auf den Arm. Dann sah sie ihre Freundin eindringlich an und sagte beschwörend: „Hör‘ zu, Gemma. Ich kann verstehen, dass du dich fürchtest. Ich hab‘ auch ein mulmiges Gefühl im Magen. Ich meine, wer hätte es sich je träumen lassen, mal auf dem Holodeck der Enterprise zu stehen.“ Sie lächelte Gemma aufmunternd zu, bevor sie in dem gleichen Tonfall hastig weitersprach: „Das Wichtigste ist aber doch, das wir wissen, das alles, was man erlebt, nicht real ist! Da ist absolut nichts, rein gar nichts, das dir etwas antun könnte! Mensch, Gemma! Denk doch mal an den Film, als Captain Picard sich vor den Klingonen auf dem Holodeck versteckt; jedesmal, wenn so ein Klingone eine dieser Holofiguren anrempelt, passiert nix – außer, dass das 3 D-Bild verwackelt!“
„Das waren keine Klingonen, das waren die Borg “, fiel ihr Gareth stirnrunzelnd ins Wort. Mit einer unwirschen Geste tat Fiona den Einwand ab und fuhr unbeirrt fort: „Alles, was ich damit sagen will, ist, dass eine Computer-Animation – egal, was geschieht – immer eine Computer-Animation bleibt und deswegen völlig ungefährlichist!“
„Und, was war mit dem jungen Mann? Diesem Carl soundso der in der Zeitung stand? Der ist fast ertrunken – während einer völlig ungefährlichen Computer-Animation.“ Gemma sah ihre Freundin flehend an. Wieder mischte sich Gareth ein und diesmal klang seine Stimme wirklich zornig, als er antwortete: „Himmel, Arsch und Zwirn! Es reicht jetzt! Im Internet tauchen jeden Tag dutzende Märchen über angebliche Grenzerfahrungen in den Cyber-Welten auf! Meiner Meinung nach macht man als Leser aber nur die Erfahrung, dass die Phantasie mancher Leutchen grenzwertig ist! Die gehören eingesperrt, bevor sie die Grenze zwischen Normalität und Wahnsinn überschreiten und zu einer Gefahr für die Bevölkerung werden! Hast du, oder hat einer von euch schon mal darüber
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