TITANIC-WORLD
des letzten Jahrhunderts – heraus kommen und schwungvoll ins Becken hüpfen würde. Dann erfolgte der Zusammenstoß. Von einem ohrenbetäubenden Geräusch begleitet, erbebte der Boden unter ihren Füßen. Fiona taumelte. Das Wasser aus dem Swimming-pool schwappte über den Rand und die Bodenfliesen waren mit einem Mal glitschig. Fiona verlor den Halt. Instinktiv riss sie die Arme hoch, um sich an dem Geländer festzuhalten, aber sie griff ins Leere. Mit einem unbeschreiblichen Geräusch schlug ihr Kopf auf dem Beckenrand auf. Dabei verlor sie die CAT-Specs. Als die Maschinen kurz darauf endgültig stoppten, ließ ein starkes Vibrieren das Schiff erneut erbeben. Jede Erschütterung schob den reglosen Körper ein Stückchen weiter auf das Becken zu. Ein leises Platschen ertönte, dann trieb Fiona im wohltemperierten Wasser des Swimmingpools.
„ … aber wenn ich es Ihnen doch sage“, klang es aufgebracht durch die Stille der Brücke. „Die Kesselräume 5 und 6 stehen bereits unter Wasser und …“
Eine vornehm näselnde Männerstimme unterbrach erneut den Redeschwall. „Mein guter Herr! Was ist mit unserem viel gepriesenen Schottsystem? Den wasserdichten Abteilungen? Sie können mir unmöglich erklären wollen, dass dieses Schiff sinkt! Die TITANIC ist unsinkbar!“
„Ich versichere Ihnen, Mr. Ismay, die TITANIC wird sinken.“ Die Gereiztheit war gänzlich aus dem Tonfall gewichen; zurück geblieben waren Trauer und Resignation. „Das einströmende Wasser wird den Bug immer weiter nach unten ziehen. Da aus Gründen der Bequemlichkeit für die Mannschaft, beim Bau des Schiffes auf ein Querschott verzichtet wurde, kann das Wasser ungehindert von einer wasserdichten Abteilung in den nächsten schwappen. Von fünf nach sechs, von sechs nach sieben undsoweiter, undsoweiter. Es ist eine mathematische Gewissheit – TITANIC wird untergehen.“
Die drei Herren sahen sich stumm an. J. Bruce Ismay holte ein silbernes Zigarettenetui aus der Tasche seines Morgenmantels und bot sowohl dem Kapitän, als auch Thomas Andrews eine seiner edlen ägyptischen Zigaretten an. Höflich dankend lehnten beide ab.
Gareth, der diese Szene auf der Brücke miterlebte, konnte sich nur mit Mühe zurückhalten. Am liebsten hätte er jeden Einzelnen kräftig durchgeschüttelt und sie darauf aufmerksam gemacht, dass jede Sekunde, die sie hier mit unnützen Reden vergeuden, Menschenleben kosten wird. Gareth wollte gerade auf den Nächststehenden – es war Captain Smith – zugehen, da traf ihn die Erkenntnis, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es ist alles nicht echt, dachte er mit einem Mal fassungslos und fasziniert zugleich. Ich erlebe Geschichte! Diese Szene hat sich vor über hundert Jahren abgespielt und nichts und niemand kann daran jetzt noch etwas ändern. Die Herren hatten wieder angefangen zu debattieren und mit neuerlichem, sprachlosem Entsetzen lauschte Gareth dem Gespräch.
Vorne im Bug, standen etwa fünfunddreißig Personen dicht zusammen gedrängt in einer der Gemeinschaftskabinen der dritten Klasse auf dem E-Deck. Seit dem Programmstart vor fünf Minuten standen sie hier. Zehn Männer – zum Teil nur notdürftig bekleidet, zwischen zwanzig und sechzig Jahre alt – blockierten die Tür. Eine klamme, eisige Kälte ging von ihnen aus und in ihren Augen loderte der Hass. Das leise, monotone Plätschern des Wassers, das stetig unter der Türe durchsickerte, schien sie nicht zu kümmern. Langsam, unaufhaltsam floss es über den Boden; immer höher steigend, immer bedrohlicher. Es würde nicht lange dauern, bis die Kabine überflutet war. Dennoch war es, trotz einiger verzweifelter Versuche, bislang keinem gelungen, diese menschliche ? Barriere zu durchbrechen. Ein kräftiger, junger Mann aus Slowenien hielt es nicht länger aus und wollte sich den Weg frei boxen. Doch als er mit erhobenen Fäusten und wutverzerrtem Gesicht auf die Männer zu ging, umringten sie ihn. Einer von ihnen ballte die Hand und ließ sie krachend auf die Nase des Slowenen sausen. Blut schoss hervor und er sank auf die Knie. Eiskaltes Wasser durchnässte seine Hosenbeine. Taumelnd kam er auf die Füße, da streckte ihn ein zweiter Schlag endgültig nieder. Bewusstlos blieb er liegen. Der Schläger sah den Rest der Gruppe herausfordernd an; in seinen Augen glühte Verachtung. Ein Frau rief verzweifelt: „Warum tut ihr das? Warum lasst ihr uns nicht ‘raus?“ Höhnisches Gelächter war die einzige Antwort und sie brach in Tränen aus. Ein älterer
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