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TITANIC-WORLD

TITANIC-WORLD

Titel: TITANIC-WORLD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Aust-Jones
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ihre Hände, die seine Arme immer noch umklammert hielten. Schüchtern streichelte er ihre Wange und zum ersten Mal drang die Eiseskälte seiner Berührung Gemma durch Mark und Bein. Ein scheues, unendlich liebes Lächeln erhellte sekundenlang sein junges Gesicht. Dann sagte er mit Grabesstimme: „Mein Name ist Alfred Rush . Ich bin sechzehn Jahre alt und ich bleibe hier, bei den Männern !“
    „Nein!“ Gemma schrie in ihrer Hoffnungslosigkeit auf und Tränen schossen ihr in die Augen. Sie streckte die Arme aus, um ihn fest zu halten und … griff ins Leere. Auf dem Promenadendeck stand niemand mehr; auch Alfred Rush war verschwunden.
    Ganz langsam hob sich das Heck des TITANEN aus dem Wasser. Die Schiffsschrauben glänzten matt im Sternenlicht; eine unwirkliche Silhouette im nächtlichen Atlantik. Gemma verlor den Halt. Sekundenlang suchte sie verzweifelt sich festzuhalten – sie rutschte ab und schlug mit voller Wucht gegen die Tür zum Treppenhaus. Ihr Kopf schien zu explodieren; rotglühende Schmerzen schossen durch Schulter und Wirbelsäule. Blut sickerte aus ihrer Nase und ihr rechtes Knie schwoll an, wie ein Gummiball. Fast besinnungslos vor Schmerzen und in Todesangst riss sie sich die CAT-Specs herunter …
    Ein unbeschreibliches Crescendo erfüllte die Nacht und hüllte Gemma ein. Sie spürte das Schiff erbeben; fühlte, wie es immer tiefer sank . Reglos, gegen die Tür gepresstlag sie da, unfähig sich zu bewegen. Während die Tränen unaufhaltsam über ihr Gesicht liefen, trat die TITANIC ihre endgültige Reise zum Grund des Ozeans an!
    „… Mr. Ismay, ich bin nicht gewillt Ihrer Anordnung Folge zu leisten!“ Captain Smith richtete sich bei diesen Worten zu seiner vollen Höhe auf. Mit grimmigem Gesicht sah er den Reeder an, bevor er erzürnt weitersprach: „Eingedenk meiner eigenen häuslichen Situation werde ich diese Befehle niemals erteilen. Ich habe selber eine Frau und eine zehn Jahre alte Tochter und …“
    „Mein guter Mann“, wurde er von Ismay scharf unterbrochen, „ich fordere Sie auf sachlich zu bleiben. Weder die werte Frau Gemahlin, noch das Töchterlein ist an Bord. – Dafür aber Aristokraten und viele bekannte, einflussreiche Mitglieder der britischen und amerikanischen Gesellschaft! Sir Duff Gordon, Mr. Benjamin Guggenheim, der Militärberater des amerikanischen Präsidenten, Sir Archie Butt und John Jacob Astor, einer der reichsten Männer der Welt! Selbstverständlich haben diese Gentlemen mehr Rechte auf einen Platz in einem der Boote, als eine Frau oder ein Kind der dritten Klasse! Mein Vorschlag bleibt unumstößlich: zuerst wird die gesamte erste Klasse evakuiert; dann, falls noch Zeit und Rettungskapazität vorhanden sind, die beiden anderen.“
    „Nein! Wir folgen der alten Seeregel: Frauen und Kinder zuerst – egal, welcher Klasse sie angehören!“
    J. Bruce Ismay zog erneut sein silbernes Zigarettenetui hervor. Diesmal bot er den beiden Herren keine Zigarette an. Einen Moment rauchte er schweigend. Dann, mit einem Unterton, der nur schwer seine Ungeduld verbarg, sagte er: „Die TITANIC gehört der White Star Line und ich finde es höchst erstaunlich, dass ich ausgerechnet Sie, Captain Smith, daran erinnern muss, dass auch Sie nur ein Angestellter meiner Reederei sind! – Ich fordere Sie umgehend auf, meinem Vorschlag zur Evakuierung Folge zu leisten!“
    „Niemals!“
    Der Erbauer des Schiffes, Thomas Andrews, hatte dem Wortgefecht der beiden Herren stumm zugehört. Jetzt aber versuchte er zu vermitteln. Die Zeit lief ihnen davon. Eine Übereinstimmung tat Not, damit endlich die Befehle zu einer geordneten Evakuierung gegeben werden konnten. In das Schweigen hinein sagte er mit seinem weichen, irischen Akzent: „Gentlemen, bitte. Ein Vorschlag zur Güte. Lassen Sie uns den Stewards der ersten und zweiten Klasse den Befehl erteilen, die ihnen anvertrauten Passagiere zu wecken und sie mit angelegten Rettungswesten auf das Bootsdeck zu beordern. Dabei ist es allerdings zwingend notwendig, den Stewards in aller Eindringlichkeit zu befehlen, dass sie eventuelle Fragen ausweichend beantworten sollen, die Reisenden aber dennoch vorsichtig zur Eile anzuhalten. Da 2.228 Passagieren nur 1.178 Plätze zur Verfügung stehen, muss die Gefahr verschwiegen werden, um eine Panik zu vermeiden. – Auf dem Bootsdeck weisen Sie die verantwortlichen Offiziere an, schnellstens mit dem Einbooten von Frauen und Kindern zu beginnen und, falls noch Plätze frei sind, auch die

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