TITANIC-WORLD
Dinner wurde ein großartiger Erfolg. Schon beim Überschreiten der Schwelle, fühlten sich alle in die Atmosphäre längst vergangener Tage versetzt. Der Raum strahlte eine vornehme Gediegenheit aus. Die Walnusstäfelung an den Wänden, die vergoldeten Zierleisten und Ornamente, die Kristalllüster - alles wirkte oppulent, aber ohne kitschig zu sein. In der heutigen Zeit, da sich die gehobenen Restaurants zumeist durch eine kühle Eleganz auszeichnen, vermittelte das White Star Restaurant Behaglichkeit und Wärme. Die runden Tische waren, wie es in der edwardianischen Zeit üblich war, gedeckt; drei kleine Tischleuchter, eine Vase mit frischen Narzissen und mehrere Schälchen mit Pralinés, Gebäck und Nüssen waren kunstvoll in der Mitte arrangiert. Auf jedem Platz lag eine Menükarte, die jetzt von allen eingehend studiert wurde. Sogleich wurde ein leichter weißer Burgunder eingeschenkt und dann kam auch schon der erste Gang: Oeufes de caille en aspic et caviar – Wachteleier in Aspik mit Kaviar. Der Küchenchef des Restaurants hatte auf jedem Teller ein kleines Kunstwerk komponiert – drei Eihälften waren mit feinen Paprika- und Gurkenstreifen zu Blüten arrangiert; Petersilienblättchen und Kaviar vervollständigten ein Bild des perfekten kulinarischen Genusses. An den meisten Tischen wurden, wie auf ein heimliches Kommando hin, Handys und Kameras gezückt, um diese, nicht nur geschmacklich außergewöhnliche Vorspeise aufzunehmen. Eine Reporterin an Claires Tisch befand laut, dass es ein Jammer wäre, diese Schönheit zu zerstören. Dennoch griff sie zu ihrem Vorspeisebesteck und langte beherzt zu.
Der zweite Gang bestand aus einer Suppe. Wieder wurde zustimmendes Gemurmel laut. Die Potage Saint-Germain , ein Erbscremesüppchen, das ohne Fleisch oder Sahne zubereitet wurde, schmeckte allen köstlich.
Als nächstes wurde Punch Rosé gereicht. Cecilia erklärte ihrem Tisch, dass es damals üblich war, vor dem Hauptgericht ein Sorbet zu servieren. „Ein Sorbet erfüllte in der edwardianischen Zeit gleich zwei Funktionen“, erläuterte sie. „Da es normalerweise zwischen den beiden Fleischgerichten angeboten wurde, galt es als leichte Atempause vor einem weiteren schweren Gang. Gleichzeitig glaubte man auch, dass das Eis und die anderen Zutaten – in unserem Fall Rosenwasser und Minze – den Gaumen klärten und die Geschmacksnerven wieder neutralisierten. Heutzutage wissen wir, dass das zutrifft. Allerdings muss es nicht unbedingt ein Sorbet sein. Ein Eau de vie – ein klarer Fruchtbrand – hat die gleiche Wirkung.“
„Leider nehmen sisch die wenigsten Menschen ‘eutzutage Zeit, sisch von einem Maitre mit einem grandiosen Menü verwöhnen zu lassen. Deswegen kommen auch Gepflogen’eiten bei Tisch immer mehr aus der Mode.“ Eric Carrière lächelte Cecilia an. „Es ist sehr erfreulisch, dass Sie in den Restaurants der TITANIC-WORLD auch das gute Benehmen bei Tisch wieder aufleben lassen.“
„Ein Statement aus berufendem Munde“, warf Nick Pollhurst ein und alle lachten. „Aber ich stimme Ihnen zu, Monsieur Carrière. Schlechte Essmanieren sind leider viel zu weit verbreitet – allen amerikanischen Burgerbuden sei Dank. Allerdings finde ich, dass ein erstklassiges Menü, auch einen erstklassigen Anlass verdient.“
„Da ’aben Sie, wie man es in Ihrem Land so treffend sagt, den Nagel auf den Kopf getroffen, Monsieur Poll’urst“, antwortete er lächelnd. „Wir Franzosen gehen, trotz unserer hervorragenden Küche, nur zu besonderen Anlässen aus. Aber dann lassen wir uns gerne verwöhnen.“
„Ich war vor zwei Jahren das letzte Mal in Paris“, sagte Nick schwärmerisch. „Im Bois de Bologne gibt es ein ausgezeichnetes Restaurant. Dort habe ich das zarteste Boef bourgingone vorgesetzt bekommen. Leider habe ich vergessen, wie das Restaurant hieß.“
„Sie meinen das Le Pré Catalan und das Essen ist wirklich formidable .“ Eric Carrière trank einen Schluck Wein. Dann wandte er sich an Cecilia und fragte: „Waren Sie auch schon in Paris, Madame?“
„Leider nein. Obwohl ich aufgrund meiner Arbeit viel gereist bin, habe ich es nie weiter als bis Cherbourg geschafft.“
„Falls Sie die Absicht ‘aben, dies nachzu’olen, lassen Sie es misch wissen. Im Tour Eiffel gibt es ein hervorragendes Restaurant, Le Jules Verne ; eine exquisite Küche mit einer wunderschönen Aussicht. Aber vielleischt würden Sie lieber mit mir im La Tour d’Argent zu Abendessen? Von dort sieht man
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