TITANIC-WORLD
mehr hat standhalten können und tatsächlich heraus gesprengt wurde.
Auf dem Bootsdeck stand eine Touristengruppe aus Athen. Sie lauschten andächtig den Erklärungen ihres Reisebegleiters.
Ein Stückchen weiter lehnten zwei Teenager eng umschlungen an der Reling. Sie blickten verträumt auf das Wasser unter ihnen. Vier weitere Pärchen schlenderten inihre Richtung. Einer der Jungs, ein großer rothaariger, flüsterte seiner Begleiterin etwas ins Ohr und sie kicherte. Dann sprang er mit einem Satz hinter das Pärchen, umfing sie mit seinen Armen und rief laut mit gekünstelt hoher Stimme: „Oh, Jack! Sieh‘ nur der große Eisberg!“ Dann veränderte er seinen Tonfall, nicht aber die Lautstärke. „Rose, Baby. Wenn das Schiff untergeht, bleib bei mir. Und wenn wir sterben sollten … alles ist besser, als eine Ehe mit Cal!“
„Oh, Tom! Du bist unmöglich“, schrie das Mädchen lachend, während der Junge an der Reling, seinem theatralischen Freund einen freundschaftlichen Boxhieb in den Magen gab.
Eine Gruppe älter Leute ging gemütlich an Deck spazieren. Sie warfen den Jugendlichen irritierte Blicke zu und entschlossen sich, eine Tasse Tee im Veranda Café zu trinken.
Alte und junge Menschen – zu zweit, zu viert, als Familie oder als Gruppe – strömten über die Decks der TITANIC-WORLD . Überall sah man interessierte Gesichter und ein sanfter Chor aus verzückten ‘Oh’s und ‘Ah’s‘ erfüllte die Luft.
Die Artefakte und die nachgebauten Luxuskabinen zogen vor allem die Besucher ab Mitte dreißig in ihren Bann. Auf dem B-Deck in der Hall of Silence , wo die persönlichen Gegenstände der Passagiere ausgestellt waren, tummelten sich die Menschen. Doch anders als auf den übrigen Decks, war die Stimmung hier gedämpfter. Über viele Züge huschte ein Ausdruck des Bedauerns und des Mitleids, wenn sie die Artefakte betrachteten. Zu jedem ausgestellten Stück gehörte ein Exponat, das darüber Auskunft gab, um was es sich handelte, bei welcher Expedition, in welchem Jahr es geborgen worden war und welcher Klasse sein Besitzer wahrscheinlich angehört hatte. Hier und da hatte Cecilia eine Vermutung ausgesprochen und das Artefakt einer Person zugeordnet. Ein älteres Ehepaar blieb vor einem der Schaukästen stehen und sah sich traurig an. Hier lagen die Überreste einer Flöte, neben ihrem stark in Mitleidenschaft gezogenen Aufbewahrungskasten. „Von den acht Musikern hat nicht einer überlebt“, sagte der Mann leise. „Sie haben gespielt, bis die Wellen des Atlantiks buchstäblich über ihnen zusammen geschlagen sind.“
„Ja, und ich glaube felsenfest, dass sie Nearer my God to Thee gespielt haben. Im Angesichts des Todes spielt kein Kapellmeister fröhliche Weisen.“
„Einen Dreck haben die“, mischte sich ein nicht mehr ganz junger, aber ungepflegt aussehender Mann, in das Gespräch ein. „Bei flotter Tanzmusik haben die Oberbonzen einen Platz im Rettungsboot ergattert und die Zwischendeckpassagiere mit der gleichen Musik in den Tod geschickt. Captains order !“ Er lachte hysterisch auf und durchbohrte das Ehepaar mit seinem Blick, bevor er geräuschvoll die Nase hochzog und abrauschte.
„Das ist blühender Unsinn“, rief die Frau ihm nach. „So einen Quatsch habe ich mein Lebtag noch nicht gehört!“ Da der Mann sich weder umdrehte, noch in irgendeiner Form reagierte, wandte sie sich der nächsten Vitrine zu.
Auch anderen Besuchern fiel der Mann auf. Ein Ehepaar aus Deutschland wunderte sich zunächst über das Geflüster des Mannes an der Nebenvitrine. Sie bestauntengerade einen Kamm mit passendem Spiegel, dessen Oberfläche bräunlich verfärbt war, als der Mann sie plötzlich heftig ansprach. „Ihr seid auch nicht besser, als die Grabschänder, die das Zeug hier ausstellen! Da bewundert ihr Sachen die TOTEN gehören! Geht ihr auch auf Friedhöfe und buddelt Leichen aus, um an der ihre Habseligkeiten ‘ran zu kommen?“
„Wie bitte? Was soll denn das jetzt?“ Das deutsche Ehepaar sah den Mann verblüfft an.
„Scheiß-Deutsche!“ Er zog wieder geräuschvoll die Nase hoch. „Judenhasser! Leichenschänder! Dreckschweine!“ Er spuckte den beiden erst vor die Füße, bevor er sich einfach umdrehte und ging. Wie betäubt sah sich das Ehepaar an. Die Frau schüttelte ungläubig den Kopf, während ihr Mann wütend mit den Zähnen knirschte.
„Und ich hab‘ mir eingebildet, der Hass auf uns Deutsche gehöre endlich der Vergangenheit an“, sagte der Mann nach einer
Weitere Kostenlose Bücher