TITANIC-WORLD
Weile. „Himmel, Arsch und Zwirn! Der zweite Weltkrieg ist doch nicht erst letztes Jahr zu Ende gegangen.“
„Mach‘ dir nichts draus, Schatz“, antwortete seine Frau mit mattem Lächeln. „Die Kriege mit Frankreich liegen noch ein paar Jahrhunderte länger zurück; trotzdem können die meisten Briten die Franzosen immer noch nicht riechen. – Komm, wir sehen uns die Artefakte später an. Ich glaube, meine Nerven könnten jetzt gut einen Cognac vertragen.“
Beim Hinausgehen bemerkten sie, dass der ungepflegte Mann eine Gruppe Leute beschimpfte, die sich allerdings lautstark wehrten. Zwei der Wachmänner eilte hinüber und der Mann sagte: „Hoffentlich schmeißen sie dieses Arschloch ‘raus.“
„Also, ich kann nur sagen: TRAUMHAFT! Einfach entzückend, diese Türkischen Bäder ! Ich hatte wirklich das Gefühl, irgendwo im Orient zu sein. Nur der Mokka, der hat mir nicht geschmeckt – war Kardamom oder so was drin.“
„Hey, Leute. Wir müssen uns beeilen. Death of the Titan fängt gleich an.“
„Oh, sieh doch nur. Diese herrliche Suite! Altholländischer Stil; sehr schön, findest du nicht? – Aber kalt ist’s hier. Die könnten ruhig die Heizung anstellen, auch wenn’s draußen warm ist. Schließlich haben wir doch erst April!“
„Wir gehen ins Kino und sehen eine Dokumentation über den Bau der TITANIC. Der Spielfilm war leider schon ausgebucht.“
„In diese Cyber-Dingsbums kriegen mich keine zehn Pferde! Ich würde glatt einen Herzinfarkt kriegen. Schon die Vorstellung, in 3.800 Metern Tiefe auf dem Meeresgrund ‘rumzukrauchen, jagt mir Schauer über den Rücken. Für so was bin ich viel zu zart besaitet!“
„Reiß‘ das Steuer ‘rum! Nun mach‘ schon! Mann! Nach backbord, du Blödmann!
Nach backbord! Links, du Hirni! LINKS! – Häh, was? Wie so denn nach rechts? – Ach, so! Hättense auch früher sagen können! Jetzt hatter die TITANIC schon wieder gecrasht!“
„Komm endlich! Lass‘ uns im Biergarten ein großes Bier zischen. Aber du musst zahlen. Ich bin fast pleite. Mann, in diesem Souvenirshop hätte ich locker noch mal das Doppelte ausgeben können!“
„Ist dir auch aufgefallen, wieviel Wachpersonal hier ‘rumläuft?“
„Einfach großartig, dieses Restaurant. Mmh, ich habe noch nie Consommè Tapioca gegessen – bin mal gespannt, wie das schmeckt. Anschließend gibt’s gebackenen Schellfisch mit pikanter Soße und zum Nachtisch Kokosnuss-Schnittchen . Kenn‘ ich nicht. Du vielleicht?“
„Sieh‘ mal, da vorne an der Bar. Ich glaube, dass altmodisch gekleidete Pärchen soll John Jacob Astor und seine Frau Madeleine sein. – Was! Du weißt nicht, wer das war? Mann, oh, Mann. Das, mein Freund, nenne ich Bildungslücke! John Jacob Astor war der reichste Mann an Bord. Hatte gerade zum zweiten Mal geheiratet. Seine entzückende junge Frau hat überlebt. Er nicht. Angeblich soll ihn einer der Schornstein erschlagen haben.“
„Komische Atmosphäre – irgendwie bedrückend. Huh, fühlst du das auch? Mir war grad so, als wären wir nicht allein.“
„Diese Ausstellung oder wie man es auch immer nennen mag, ist wirklich traumhaft. Allerdings hätte ich einen anderen Namen gewählt – TITANIC-WORLD klingt so nach Freizeitpark. – Quatsch doch keinen Blödsinn! Von wegen Pietätlos! Wo, bitte schön, ist denn auch nur eine einzige Geschmacklosigkeit zu sehen? – Ach, diese Cyber-Welten! Die sind doch bloß für die Jugend. Da musst du ja gar nicht hin!“
„Unser Kleiner durfte die TITANIC steuern und dann haben wir ein echtes Telegramm an die Oma geschickt. Na, die wird Augen machen. – Oh, selbstverständlich. Alle Kinder dürfen auf der Brücke Kapitän spielen und das Schiff mal lenken. Ich hab‘ meinem gesagt, er soll’s besser machen, als der echte Kapitän und um den Eisberg herum dampfen, haha. Hast du auch prima hingekriegt. Nicht wahr, kleiner Mann? Der Offizier hat ihn auf jeden Fall sehr gelobt.“
„Also, ich hatte wirklich das Gefühl, diese hübsche Suite war bewohnt – irgendwie unheimlich.“
Gesprächfetzen. Bruchstücke einer Unterhaltung, die dem Vorübergehenden leise ans Ohr klingen. Teile von Dialogen, wie sie Besucher unwillkürlich hören, wenn amNebentisch zu laut gesprochen wird oder, wenn sie im Souvenirshop an der Kasse stehen.
Gesprächfetzen. Verbale Eindrücke von Menschen, die man selbst nicht kennt; die vielleicht die eigene Meinung wiederspiegeln oder das Gegenteil behaupten. Manchmal schnappt man einen Satz auf,
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